Politik

Papst-Diener will reden "Vatileaks" könnte sich ausweiten

Für den Papst ist die Affäre ein Desaster.

Für den Papst ist die Affäre ein Desaster.

(Foto: REUTERS)

Für Benedikt XVI. ist es eine Katastrophe: Sein Kammerdiener soll geheime Vatikan-Dokumente der Presse zugestellt haben. Der Butler wird verhaftet, nun will er reden - und könnte damit klären, ob womöglich auch noch Kardinäle in "Vatileaks" involviert sind.

Der Enthüllungsskandal des Vatikans könnte weitere Kreise ziehen: Italienischen Medienberichten zufolge muss der des Papstes, Paolo Gabriele, als Sündenbock herhalten, um ranghöhere Vertreter des Vatikans zu schützen - etwa Kardinäle. Ein Sprecher von Papst Benedikt XVI., Federico Lombardi, dementierte allerdings, dass wegen unerlaubten Besitzes geheimer Vatikan-Dokumente auch gegen einen Kardinal ermittelt werde. Es stünden keine neue Festnahmen bevor.

Licht in das Dunkel bringen könnte der Kammerdiener selbst, gegen den inzwischen Anklage erhoben wurde. Seine Anwälte sagten den vatikanischen Behörden volle Kooperation zu. "Paolo wird sobald wie möglich alle Fragen beantworten und mit den Ermittlern zusammenarbeiten, damit die Wahrheit ans Licht kommt", sagte einer der beiden Verteidiger, Carlo Fusco. Die Aussage des Dieners wird nun mit Spannung erwartet.

Geheime Schreiben veröffentlicht

Der Kammerdiener Gabriele (vorne rechts) am 19. Mai in Pompeji.

Der Kammerdiener Gabriele (vorne rechts) am 19. Mai in Pompeji.

(Foto: AP)

Der 46-jährige wird beschuldigt, seit Jahresbeginn brisante Dokumente, in denen es unter anderem um Vorwürfe der Korruption und des Missmanagements ging, an Medien weitergegeben zu haben. In den vergangenen Monaten waren aus dem Vatikan mehrfach Enthüllungen an die Medien durchgesickert. Unter anderem sind geheime Schreiben in dem gerade erschienenen Buch "Sua Santità" (Seine Heiligkeit) veröffentlicht. Der Vatikan hatte die Publikation vertraulicher Unterlagen selbst als bezeichnet und so auf die Enthüllungsplattform angespielt.

Teilweise handelte es sich bei den Unterlagen um persönliche Briefe an den Papst. In einigen Papieren ging es auch um Kritik an der Führung der Vatikan-Bank. Deren Präsident Ettore Gotti Tedeschi war am Donnerstag entlassen worden. Benedikt hatte mehrere Ermittlungsverfahren angeordnet, die unter anderem von der vatikanischen Polizei und von einer Kardinalskommission geleitet wurden.

Auf Gabrieles Spur kamen die Ermittler, weil unter den veröffentlichten Dokumenten auch eines im Zusammenhang mit der Joseph Ratzinger-Papst-Benedikt-XVI.-Stiftung war. Dieses Schriftstück sollte nie wie die anderen in den Archiven des Heiligen Stuhl landen, sondern konnte nur vom Schreibtisch des Papstes oder seines Privatsekretärs Georg Gänswein stammen. Deshalb müsse der Täter einer der wenigen Menschen sein, die Zugang zur päpstlichen Wohnung haben, hieß es. Gabriele gehörte neben den Privatsekretären Gänswein und Alfred Xuereb sowie vier Ordensfrauen zu den nächsten Mitarbeitern des Kirchenoberhaupts.

Der Papst soll entsetzt auf die Nachricht reagiert haben, dass ein Mitarbeiter aus seiner engsten Umgebung verhaftet wurde. Der Papst sei schmerzlich betroffen, sagte Lombardi. Der Kammerdiener bediente den Papst bei Tisch, begleitete ihn im Papamobil und überreichte Würdenträgern, die das Kirchenoberhaupt aufsuchen, den Rosenkranz.

Wie der Vatikan mitteilte, ist Gabriele mit Erhebung der Anklage nun formell Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren. Gabriele, der sich zwei Anwälte genommen habe, erwarte ein faires Verfahren gemäß dem Strafrecht des Kirchenstaates. Weil der Vatikan kein eigenes Gefängnis betreibt, wird der Butler des Papstes in einer von drei Arrestzellen der päpstlichen Polizeiwache festgehalten. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 30 Jahre Haft, die er gemäß einer Vereinbarung zwischen Italien und dem Vatikan in einem italienischen Gefängnis verbüßen müsste.

"Erstaunen und Schmerz"

Gabrieles Festnahme habe die Menschen im Vatikan überrascht, sagte Lombardi. "Im Vatikan kannten ihn alle, natürlich gibt es Erstaunen und Schmerz und großes Mitgefühl mit seiner Familie, die sehr beliebt ist", betonte der Vatikansprecher. Er hoffe, dass die Familie diese Prüfung überstehen könne. Inzwischen habe Gabriele neben seinen Anwälten auch seine Frau sehen dürfen.

Der Autor des Papst-Buches "Sua Santità", der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi, kritisierte die Ermittlungen innerhalb der Vatikanmauern und verwies auf die Pressefreiheit. "Die Dokumente sind ein Teil des journalistischen Geistes", sagte er zum Vorwurf, illegale Quellen zu nutzen.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/rts

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