Nur wenige Stunden nach der Bluttat von München ist das Netz bereits voll mit Augenzeugenvideos. Eines von ihnen könnte ein wichtiges Puzzlestück bei der späteren Einordnung der Tat werden.

Wenige Tage nach dem Amoklauf eines 17-jährigen Flüchtlings erschüttert erneut eine Bluttat den Freistaat Bayern. Doch während die Opfer am Montag in Würzburg mit ihrem Leben davonkamen, sterben im Münchner Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) mindestens neun Menschen. Und noch etwas ist anders: Die Bluttat von München ist gut dokumentiert, bereits wenige Stunden nach den Schüssen in der Mall kursiert eine Vielzahl von Amateurvideos im Netz.

02:08 min

Politik 23.07.16

Tatort in München weiter abgesperrt 18-jähriger Schütze war von Amokläufen fasziniert

Wie schon bei den Attentaten von Paris und Nizza standen wir vor der schweren Entscheidung, ob wir Videos von der Tat zeigen sollten - und falls ja, welche. Wir wissen um die Gratwanderung zwischen Voyeurismus und Informationspflicht und sind davon überzeugt, mit den beiden ausgewählten Videos den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

"Ich bin Deutscher!"

Eine Frage stellt sich nach der Bluttat von München fast unweigerlich: Hat die Schießerei im OEZ einen islamistischen Hintergrund, ist es der erste große Terroranschlag in Deutschland? Bei der Beantwortung könnte ein knapp zwei Minuten langes Video helfen, das momentan auf Twitter die Runde macht: Von einem hochgelegenen Parkhaus aus filmt ein Augenzeuge offenbar einen (oder den?) Täter, der ziellos auf einem niedriger gelegenen Parkdeck auf- und abläuft.

Anscheinend wurde das Video kurz nach den ersten Schüssen aufgezeichnet, der mutmaßliche Täter versucht sich darin zu rechtfertigen: "Wegen euch bin ich sieben Jahre lang gemobbt worden. Und jetzt musste ich mir eine Waffe kaufen, um euch alle abzuknallen." Obwohl der Mann akzentfreies Deutsch spricht, wird er von seinem im Video nicht zu sehenden Gegenüber in tiefstem Bayerisch als "Kanake" beschimpft - die Antwort lässt aufhorchen: "Ich bin hier geboren. Ich wurde in meiner Wohngruppe gemobbt. Ich war in Behandlung. Ich bin Deutscher!"

Der mutmaßliche Täter versucht sich noch weiter zu rechtfertigen - eine surreale Situation, immerhin hat der Mann zu diesem Zeitpunkt wohl schon mehrere Menschen auf dem Gewissen. Schließlich fallen wieder Schüsse. Nicht zu sehen ist, ob jemand getroffen wird.

Voreilige Schlüsse sollte man anhand eines einzelnen unbestätigten Videos natürlich noch nicht ziehen - trotzdem könnte ebenjene Aufnahme ein wichtiges Puzzlestück bei der späteren Einordnung der Tat sein.