Ströbele klagt gegen Bundesregierung Waffendeals sollen weniger geheim sein
15.04.2014, 11:14 Uhr
Saudi-Arabien interessiert sich für den Leopard 2, ein Panzer der Firma Krauss-Maffei Wegmann. Ob das Land in bekommt, wird die Öffentlichkeit nach derzeitiger Rechtslage nie offiziell erfahren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kriegswaffen an andere Staaten verkaufen - eigentlich verbietet das Grundgesetz das. Es sei denn, der Bundessicherheitsrat stimmt zu. Was der Kabinettsausschuss aber entscheidet, ist streng geheim. Ob das so rechtens ist, wird nun in Karlsruhe verhandelt.
Wer steht hinter der Klage und was war der Anlass?
Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht haben die Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Claudia Roth und Katja Keul eingereicht. Sie bemängeln die Informationspolitik der Bundesregierung im Zusammenhang mit mutmaßlichen Rüstungsgeschäften mit Saudi-Arabien im Sommer 2011. Damals berichteten Medien, der Bundessicherheitsrat habe der Lieferung von 200 Panzern grundsätzlich zugestimmt. Die drei Bundestagsabgeordneten wollten daraufhin in einer Fragestunde des Bundestages Auskünfte von der Regierung. Die Antworten stellte sie nicht zufrieden: Die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Entscheidungen des Bundessicherheitsrats würden detailliertere Informationen verbieten.
Wie ist die Rechtslage zurzeit?
Waffengeschäfte unterliegen engen Begrenzungen. Obwohl sie grundsätzlich verboten sind, ist Deutschland hinter den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur. Artikel 26 des Grundgesetzes legt aber fest: "Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden." Zu diesem Zweck wurde zur Amtszeit von Konrad Adenauer ein Vorgänger des Bundessicherheitsrats gegründet, ein Ausschuss des Kabinetts. In ihm sitzen die Bundeskanzlerin, der Kanzleramtschef sowie die Minister der Verteidigung, der Finanzen, des Inneren, der Justiz, für Wirtschaft und für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Alles Weitere regeln das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Außenwirtschaftsgesetz. Alles am Bundessicherheitsrat ist geheim, das sieht die Geschäftsordnung vor: Weder Termin der Tagung noch die Tagesordnung, die Ergebnisse oder das Abstimmungsverhalten der Minister werden offiziell bekanntgegeben.
Was fordern die Kläger konkret?
Die Abgeordneten wollen erreichen, dass das Parlament mehr Informationsrechte bei Rüstungsexporten bekommt. Grundsätzlich ist das Kabinett den Abgeordneten gegenüber auskunftspflichtig. Denn: Die Staatsgewalt geht vom Volke aus - und das ist verfassungsrechtlich durch den Bundestag repräsentiert. Doch ausgerechnet beim sensiblen Thema Waffenexporte soll es eine Ausnahme geben? Den Grünen reicht es nicht, dass die Regierung - nachträglich - im jährlichen Rüstungsbericht reichlich vage Angaben macht.
Hat die Argumentation der Kläger Aussicht auf Erfolg?
Das ist schwer zu sagen. Die Geheimhaltungspraxis wird mit dem nötigen Schutz des "Staatswohls" beim Rüstungsexport begründet. In einem Urteil aus dem Jahr 2009 hat Karlsruhe schon einmal klargestellt: Das "Staatswohl" sei nicht nur der Regierung, sondern auch dem Bundestag anvertraut. Zudem hat das Gericht bei anderen Themenfeldern die Rechte des Bundestages immer wieder gestärkt - bei der Eurorettung etwa oder bei den Fragerechten von Untersuchungsausschüssen. Auf der anderen Seite gibt es unter den Richtern wohl einen Konsens, dass es so etwas wie einen "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" gibt, in den das Parlament nicht einzugreifen befugt ist. Es könnte sein, dass die Richter eine ähnliche Regelung wie bei den Geheimdiensten fordern. Im Parlamentarischen Kontrollgremium beaufsichtigen einige Abgeordnete unter dem Siegel der Verschwiegenheit die Arbeit der Dienste. Solch ein Gremium ist auch als Pendant zum Bundessicherheitsrat vorstellbar.
Gibt es Anzeichen dafür, dass die Regierung dem Parlament schon außergerichtlich entgegen kommt?
Ja - auch wenn das die Grünen nicht zufriedenstellen dürfte. Der jährliche Rüstungsbericht soll um einen Zwischenbericht ergänzt werden. Die Berichte sollen auch etwas ausführlicher werden. Das hat die Große Koalition vor etwa einer Woche angekündigt.
Ist sich die Bundesregierung in Rüstungsfragen denn überhaupt einig?
Nein. Unionspolitiker wollen im Wesentlichen so weitermachen wie bisher. Sie befürchten durch mehr Transparenz oder strengere Auflagen für Waffengeschäfte das Aus einer für Deutschlands Wirtschaft wichtigen Branche. Die SPD ist Rüstungsexporten gegenüber dagegen wesentlich kritischer eingestellt. So sperrt sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel schon seit Wochen gegen die Genehmigung eines Panzerdeals mit Saudi-Arabien. Korrekt muss es heißen: Er soll sich sperren. Denn was genau hinter den Türen des Bundessicherheitsrats besprochen wird, ist schließlich streng geheim.
Quelle: ntv.de