Politik

Wulff "für jede Jahreszeit" Weiteres Buch sorgt für Fragen

Wulff will durch Routine seine Souveränität zurückerlangen.

Wulff will durch Routine seine Souveränität zurückerlangen.

(Foto: REUTERS)

Recherchen des "Spiegel" bringen Bundespräsident Wulff in neue Erklärungsnot. Angeblich hat ein Freund des damaligen Ministerpräsidenten finanziell ein Buch unterstützt, das sehr wohlwollend über den Politiker berichtet. Der Autor gibt zunächst an, ohne das Geld sei das Projekt in Gefahr gewesen. Und korrigiert sich nun.

Kommen da neue unangenehme Enthüllungen auf Bundespräsident Christian Wulff zu? Der "Spiegel" berichtet über ein weiteres Buchprojekt über den damaligen Ministerpräsidenten, bei dem Geld eines mit Wulff befreundeten Unternehmers im Spiel gewesen sein soll. Das Magazin berichtet, dass der Filmproduzent David Groenewold dem Autor des 2006 veröffentlichten Buches "Christian Wulff – Deutschland kommt voran" 10.000 Euro gezahlt haben soll. Der Autor, Karl Hugo Pruys, bestätigte dem Blatt zunächst die Zahlung. Das Geld habe das Projekt vor dem Scheitern bewahrt, sagte er nach Angaben des "Spiegel". Ohne die Finanzspritze hätte er es nicht geschafft, so der heute 73-Jährige.

Das Heikle: Das Buch ist sehr Wulff-freundlich. Unter anderem wird der Politiker als "aufsteigender Stern der deutschen Politik" und "Mann für jede Jahreszeit" bezeichnet. Auch Unternehmer Groenewold, laut "Spiegel" ein CDU-Parteispender, kommt darin zu Wort. Er bezeichnet seinen Freund Wulff als "charmant wie nur wenige Politiker".

Groenewold finanzierte unter anderem Filme wie "Der Wixxer" und "Elementarteilchen". Strategisch setzte er sich nach Angaben des "Spiegel" immer wieder für die Aufrechterhaltung der Steuervorteile für Filmfonds ein. Eine Forderung, die auch Ministerpräsident Wulff vehement unterstützte.

Autor Pruys hingegen widerspricht inzwischen den Angaben, die er gegenüber dem "Spiegel" gemacht haben soll. Durch eine Anwaltskanzlei lässt er verbreiten, dass er für die Autorenschaft des Buches "von Dritten keine Vergütung erhalten" habe. Die Zahlung, so die Anwälte, seien für die Überarbeitung von Unternehmensbroschüren und die Tätigkeit als Groenewolds Rhetorik-Coach geleistet worden. Es handele sich um vier Rechnungen über jeweils 2500 Euro plus Mehrwertsteuer.

Bettina Wulff mit "Hitlergruß"

Unterdessen muss sich ein 45-jähriger Mann aus Sachsen nun doch nicht wegen Verunglimpfung des Bundespräsidenten vor Gericht verantworten. Wulff habe seinen Strafantrag gegen den Mann zurückgezogen, teilte das Landgericht Dresden mit. Die Verhandlung sollte eigentlich an diesem Mittwoch stattfinden. Der Termin wurde nun aufgehoben, nachdem Wulff nach einer Entschuldigung des 45-Jährigen seine Ermächtigung zur Strafverfolgung des Mannes zurückgenommen hat.

Dem aus Zittau stammenden Jörg D. war vorgeworfen worden, Wulff und seine Frau Bettina auf Facebook verunglimpft zu haben. Er soll nach Angaben eines Gerichtssprechers im Dezember 2010 auf seiner Facebookseite ein Foto des Präsidentenpaares veröffentlicht haben, auf dem Bettina Wulff mit ausgestrecktem rechten Arm zu sehen gewesen sein soll. Dies brachte er demnach im Text mit dem Hitlergruß in Verbindung. Die Verunglimpfung des Bundespräsidenten ist nach Paragraf 90 des Strafgesetzbuchs verboten und kann mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden.

Es wird geschwiegen

Wulff verweigert unterdessen die von ihm zugesagte Herausgabe der detaillierten Fragen und Antworten zu seiner Kredit- und Medienaffäre. Der dazu geführte Schriftverkehr zwischen Anwälten und Dritten falle unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht, sagte der Bonner Anwalt Gernot Lehr im Gespräch mit n-tv.de. Lehr hat für Wulff die Fragen zu der Affäre beantwortet. "Aus diesem Grund sowie aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit für alle Beteiligten" sei eine zusammenfassende Stellungnahme erfolgt und auf den Internetseiten der Kanzlei veröffentlicht worden.

Lehr wies in dem Gespräch darauf hin, dass auch zahlreiche Unterlagen bezüglich des Darlehens von Frau Geerkens seit dem 19. Dezember in seinem Berliner Büro zur Einsicht ausliegen würden. "Von dieser Möglichkeit zur Einsichtnahme haben Medienvertreter vielfach Gebrauch gemacht."

Wulff hatte in der vergangenen Woche in seinem Interview mit ARD und ZDF gesagt: "Ich gebe Ihnen gern auf die 400 Fragen 400 Antworten." Man müsse die Transparenz weitertreiben, was auch neue Maßstäbe setze. "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger, jedes Detail zu den Abläufen sehen (...)."

Zittern in der CDU

Die Niedersachsen-CDU verliert derweil die Geduld und fordert ein Ende der Debatte um ihren ehemaligen Ministerpräsidenten. Es sei kein Fehlverhalten erkennbar, das weitere Konsequenzen notwendig mache, sagte der Chef der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Björn Thümler, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Opposition würde eine Kampagne gegen das Staatsoberhaupt fahren. Obwohl Wulff Fehler eingeräumt, sich mehrfach entschuldigt und Fragen zu Vorwürfen umfänglich beantwortet habe, gebe es ständig neue Attacken.

Der CSU-Politiker Peter Gauweiler forderte unterdessen künftig eine Direktwahl des Bundespräsidenten. "Damit wird das Amt den deutschen Parteiführern genommen, die mit Menschen wie mit Schachfiguren spielen", sagte er.

Der Bundespräsident ging trotz der Debatte um seine Person seiner Amtsführung nach. Im Schloss Bellevue begrüßte er das Diplomatische Korps zum Neujahrsempfang. Er versicherte den rund 200 Gästen, dass Deutschland Fremdenhass und politischen Extremismus nicht dulden werde. Deutschland stehe für Leben und Freiheit aller ein, die hier leben. In Abstimmung mit den anderen Verfassungsorganen lade er für den 23. Februar zu einer Gedenkfeier für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt in Deutschland ein, um ein deutliches Zeichen zu setzen, bekräftigte Wulff. Der Empfang war sein zweiter öffentlicher Amtstermin in diesem Jahr. Vergangenen Freitag hatte er Sternsinger aus dem Bistum Essen empfangen.

Quelle: ntv.de, jmü/ppo/dpa/AFP

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