Zwischenruf Côte d'Ivoire oder Côte de Cacao?
05.04.2011, 14:01 UhrIn Côte d'Ivoire wie in Libyen tobt ein Krieg um Ressourcen und strategische Positionen. Afrika steht vor einer weiteren Phase seiner Unterwerfung: der militärisch abgesicherten Rohstoffausbeutung, die von einem Landkauf ungeheuren Ausmaßes durch westliche Staaten und China begleitet wird.

Französische Soldaten übernehmen die Kontrolle über den Flughafen in Abidjan.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit der offenen militärischen Intervention der UN-Blauhelme und der in seiner einstigen Kolonie stationierten Kontingente Frankreichs zugunsten des vermeintlichen Siegers bei den Präsidentenwahlen in Côte d'Ivoire, Alassane Dramane Ouattaras, überschreiten beide ihre Kompetenzen. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Regierung in Paris hatten die Aufgabe, die Bürgerkriegsparteien zu trennen und die einheimische sowie die ausländische Zivilbevölkerung zu schützen. Laurent Gbagbo Massaker vorzuwerfen ist die eine, sie nachzuweisen die andere Sache. Der Internationale Gerichtshof jedenfalls will die Taten oder Untaten beider Seiten untersuchen. Ob dies jetzt noch möglich ist, scheint fraglich.
Zudem ist das mit der Bewertung von Wahlen als demokratisch, frei und fair so eine Sache. Nicht nur in Afrika, aber auch und vor allem dort, von einigen Ausnahmen einmal abgesehen. So gesehen ist die Resolution 1962 des UN-Sicherheitsrats über die Anerkennung Ouattaras als Sieger in der Eindeutigkeit ihres Votums für den einstigen Funktionär des Internationalen Währungsfonds fragwürdig.
Vorteilhafter Trauzeuge
Der aus dem Norden des im deutschen Sprachraum eher als Elfenbeinküste bekannten westafrikanischen Staates stammende Muslim dürfte nicht weniger gemauschelt haben als Amtsinhaber Gbagbo. Doch hat er einen entscheidenden Vorteil: Sein Trauzeuge heißt Nicolas Sarkozy. Nun ist man als Freund des französischen Staatspräsidenten nicht unbedingt gegen Unbill gefeit, wie der Fall Muammar al-Gaddafi beweist. Doch wenn einer wie der einstige Lehrer Gbagbo die ivorischen Filialen der französischen Bankgiganten BNP Paribas und Société Générale verstaatlicht, bringt das kaum Pluspunkte im Élysée-Palast.
Nun wollte der Chef der sozialdemokratischen FPI, immerhin Mitgliedspartei der Sozialistischen Internationale, auch noch den Kakaosektor kontrollieren. Die "Elfenbeinküste" ist eigentlich eine "Kakaoküste" mit einem gut 35prozentigen Anteil an der Weltproduktion. Seit dem offenen Ausbruch der Kämpfe ist der Weltmarktpreis auf den höchsten Stand seit mehr als 30 Jahren gestiegen. Eine knappe halbe Million Tonnen Kakao sollen in den Hallen ivorischer Häfen auf Abholung warten.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de