Person der Woche

Person der Woche Treten Sie zurück, Herr Blatter!

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Korruption, Geldgier, Machtkämpfe: Die Fifa versinkt in peinlichen Skandalen. Es wird endlich Zeit für einen personellen Neubeginn.

Das Spiel Deutschland - Portugal schaute sich Joseph Blatter zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel an.

Das Spiel Deutschland - Portugal schaute sich Joseph Blatter zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel an.

(Foto: REUTERS)

Joseph Blatter ist eine Mischung aus Dagobert Duck und einem Medici-Fürsten. Er führt die Fifa seit 16 Jahren ebenso merkantil wie machiavellistisch und hat damit aus einem braven Sportverband einen multinationalen Konzern mit Milliardenumsätzen geschmiedet. Zugleich ist mit seinem Namen aber auch eine korrupte Günstlingswirtschaft alter Herren verbunden, die auf der Welt Ihresgleichen sucht. Den Milliarden auf dem Fifa-Konto steht ein gewaltiges Minus an Transparenz, Teilhabe und Empathie gegenüber. Die Massen-Demonstrationen in Brasilien sind nur die Spitze eines Eisberges aus Akzeptanzproblemen. Denn die Fifa nutzt ihr WM-Vergabemonopol systematisch - manche meinen skrupellos - für eigene geschäftliche Interessen aus, erzwingt Steuerbefreiungen wie Lizenzgelder und verfällt einem Gigantismus, zu dem am Ende nur noch Diktaturen wirklich passen.

Unter Blatter ist der WM-Fußball zu Potenzfestspielen von Eitelkeit und Geld mutiert. Als "Pate des Weltfußballs" wird der Schweizer darum in europäischen Zeitungen tituliert. Fußballlegende Diego Maradona bezeichnet Blatters Fifa als "hässliche Macht". Und im englischen Unterhaus schimpft der frühere englische Verbandschef Lord Triesman: "Die Fifa verhält sich wie eine Mafia-Familie." Roland Büchel, Schweizer Nationalrat und Sportexperte, ergänzt: "Der Unterschied zur Mafia ist nur, in der Fifa wird nicht gemordet." Der Mafia-Vergleich ist übertrieben, doch alleine dass er unter Fans und Politikern mittlerweile zum geflügelten Wort geworden ist, zeigt wie dringlich ein Neubeginn wäre.

Nach den neuen Korruptionsenthüllungen der letzten Monate sind viele europäische Fußballverbände nun offen gegen Blatter. Der aber kündigt mit seinen 78 Jahren beim Fifa-Kongress in Sao Paulo störrisch an, dass er 2015 noch einmal für vier Jahre als Präsident kandidieren will: "Meine Mission ist noch nicht beendet, das sage ich Ihnen. Wir werden die neue Fifa errichten". Am Ende seiner dann fünften Amtszeit wäre er 83 Jahre alt.

Vor Kongressbeginn hatte sich Blatter bei Gesprächen mit den Vertretern des Europäischen Fußball-Verbandes (Uefa) eine deutliche Abfuhr geholt. Sie forderten ihn unmissverständlich auf, bei der Präsidentenwahl nicht noch einmal anzutreten. Der niederländische Verbandschef Michael van Praag findet: "Es reicht! Wenn man den Ruf der Fifa in den letzten sieben Jahren sieht, verbinden die Menschen die Fifa mit Korruption und Bestechung. Die Fifa hat einen exekutiven Präsidenten und das bedeutet, dass dieser verantwortlich ist." Selbst die zurückhaltenden Deutschen wollen Blatter nicht mehr. Der Präsident des DFB, Wolfgang Niersbach, weist darauf hin, dass Blatter schon 2011 versprochen hätte, dass dies seine letzte Amtsperiode sein wird. "Wir waren klar von einem Stabwechsel 2015 ausgegangen", sagt Niersbach. Auch sein englischer Kollege Greg Dyke rügt Blatter und dessen perfide Verteidigungsstrategien, so dessen Rassismus-Vorwurf gegen britische Medien im Zuge der Diskussion um die korruptionsverdächtige Katar-WM 2022.

Über Jahre hinweg hat Blatter mit großem diplomatischen Geschick die Verbände gegeneinander ausgespielt, Gerüchte über Gegner gestreut und sich mit gezielten Geldgaben beliebt gemacht. So will er auch diesmal mit hohen Bonus-Ausschüttungen die Verbandsstimmen aus Afrika, Amerika und Asien für sich mobilisieren und den Aufstand der Europäer ins Leere laufen lassen. Schließlich verfügen die Uefa-Vertreter nur über 54 von 209 Voten.

Blatter ist mit diesen Winkelzügen wie eine aus der Zeit gefallene Figur. Er bedient sich des Machtrepertoires vor-demokratischer Zeiten, genießt eine gänzlich unsportliche Welt aus Glanz und Pomp, verwechselt Respekt mit Ergebenheit, will wie ein König behandelt werden und träumt vom Friedensnobelpreis. Dass in heutigen Zeiten selbst Päpste und spanische Könige zurücktreten, berührt ihn nicht.

Die Fifa muss - jenseits des Katar-Desasters - grundlegend reformiert werden, sonst droht die Reputation des Fußballs schweren Schaden zu nehmen. Es braucht Amtszeitbegrenzungen, Altersbegrenzungen, neue Transparenz - und Teilhaberegelungen. Die Weltmeisterschaften müssen von ihrem Milliardenarsenal abrüsten und wieder zu menschlichen Kategorien finden. Die Gastgeber sollten selber entscheiden dürfen, was sie wie wo neu bauen - wenn überhaupt. Vor allem aber braucht es einen Rücktritt Joseph Blatters. Sonst wird ein Neubeginn nicht glaubwürdig sein. Vielleicht liest der Fifa-Fürst seinen Machiavelli einmal zu Ende. Der empfiehlt nämlich selbst den Mächtigsten: "Am Ende ist es nicht weise, das zu verteidigen, was man ohnehin aufgeben muss."

Quelle: ntv.de

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