"Große, neu aufgetretene Probleme" Blackstone gibt Dell auf
19.04.2013, 15:26 Uhr
Aufmerksame Beobachter wie Michael Dell wissen es längst: Der PC-Markt ist nicht mehr das, was er mal war (Archivbild).
(Foto: AP)
Der Bieterwettkampf um Dell nimmt eine überraschende, möglicherweise entscheidende Wendung: Blackstone scheidet freiwillig aus dem Rennen um die Übernahme des PC-Giganten aus. Für den Dell-Gründer steigen damit die Chancen. Allerdings hinterlässt Blackstone reichlich verbrannte Erde.
Der Finanzinvestor Blackstone hat sich aus dem milliardenschweren Kampf um den US-Computerbauer Dell zurückgezogen. Blackstone werde kein endgültiges Angebot vorlegen, teilte der weltweit drittgrößte PC-Hersteller mit. Blackstone begründete seine Entscheidung mit "großen, neu aufgetretenen Problemen".
Was genau die Experten bei Blackstone dazu bewegte, im Rennen um Dell die Notbremse zu ziehen, geht aus einem Brief hervor, den der mit der Suche nach einem Investor beauftragte Unternehmensausschuss von Dell veröffentlichte. Blackstone berief sich demnach auf "einen nie dagewesenen Rückgang des PC-Marktes um 14 Prozent" und die "schnelle Erosion des Finanzprofils von Dell".
Mit dem Ausstieg des Investors bleiben nun noch zwei Bieter im Rennen: Konzerngründer Michael Dell und der Investor Carl Icahn. Michael Dell will den Konzern von der Börse nehmen und dann ohne Druck der Märkte fit machen für den Siegeszug der Tabletcomputer, denn das Unternehmen in den vergangenen Jahren verschlafen hat. Zuletzt musste der einst weltgrößte PC-Hersteller Dell deshalb erneut erhebliche Umsatzrückgänge verkraften.
Zerstörerischer Rückzug
Im Rennen um die Übernahme verschafft der Blackstone-Rückzug den verbleibenden Mitbewerbern nach Einschätzung von Beobachtern wieder bessere Karten. Der überraschende Schritt hat jedoch nicht nur für Gründer Michael Dell einen üblen Beigeschmack: Denn die von Blackstone angeführte Begründung schafft ein ungünstiges Umfeld für weitere Investitionen. Ausdrücklich führt Blackstone unter anderem die schlechte Branchenlage an.
Die PC-Verkäufe waren zu Jahresbeginn so stark gefallen wie noch nie. Auch wenn diese Entwicklung Branchenkennern längst bekannt sein muss, stellt sie die Perspektiven dennoch in äußerst ungünstigem Licht dar. Das wiederum könnte Verhandlungen mit Kreditgebern erschweren - oder zumindest die Konditionen einer Übernahme verschlechtern.
Blackstone war vor gut einem Monat in den Bieterwettstreit um Dell eingestiegen und wollte zunächst ein konkurrierendes Angebot ausloten. Vor einer Woche präsentierte die Marktforschungsfirma IDC dann ihre Schätzung, dass die PC-Auslieferungen im ersten Quartal um 14 Prozent eingebrochen sind. Dies und geringere Gewinnaussichten von Dell veranlassten Blackstone nach eigenen Angaben schließlich, die Übernahme abzublasen. Klare Hinweise auf den allgemeinen Trend am PC-Markt lagen allerdings schon vor Monaten vor.
Mehr als 24 Milliarden im Topf
Michael Dell und der Finanzinvestor Silver Lake bieten zusammen rund 24,4 Mrd. Dollar (18,7 Mrd. Euro) für den Computerbauer, die Offerte von Blackstone lag etwas darüber. Mit dem Milliardär Carl Icahn gibt es allerdings noch einen weiteren Kaufinteressenten. Er hat sich bereits bei Dell eingekauft. Weitere Großaktionäre hatten das Übernahmeangebot von Michael Dell als zu niedrig kritisiert - dies war allerdings bevor der Absatzeinbruch bekannt wurde.
Dell ist der drittgrößte PC-Bauer der Welt. Gründer Michael Dell hofft, das Unternehmen ohne Druck der Börse radikaler umbauen zu können und fit für die Zukunft zu machen. Immer mehr Nutzer greifen lieber zu Smartphones und Tablet-Computern. Dell dagegen ist Spezialist für klassische Notebooks und Tischrechner und hat bisher kaum etwas bei den neuen mobilen Geräten zu bieten.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts