Wirtschaft

Nervöse Reaktionen am AktienmarktErdbeben trifft Rückversicherer

11.03.2011, 10:04 Uhr
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Die Stadt Sendai wurde vom Tsunami hart getroffen. (Foto: REUTERS)

Das verheerende Erdbeben in Japan wird die von Naturkatastrophen eh schon gebeutelte Versicherungsbranche belasten. Die Munich Re hatte erst am Vortag davor gewarnt, dass das eigene Gewinnziel 2011 nur noch dann erreichbar ist, wenn keine weiteren Groß-Katastrophen eintreten.

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Im Tokioter Finanzviertel greifen die Notfallpläne: Bürohochäuser werden evakuiert, die Menschen versuchen Angehörige zu erreichen. (Foto: REUTERS)

Welche Schäden der Erdstoß im Nordosten

Japans und der Tsunami, der an der Küste Autos, Boote

und Häuser mitriss, auf die Versicherungsbranche haben, ist noch ungewiss. Die großen Rückversicherer Munich Re, Swiss Re und

Hannover Rück können noch keine Schätzungen abgeben.

Für gewöhnlich dauert es

mehrere Wochen, bis sich die Experten ein genaues Bild machen können. Analysten

rechnen mit sehr hohen Schäden. Ein Erdbeben in der Hauptstadt Tokio gehört zu den

schlimmsten Szenarien für Versicherer. Nach Aussage von Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek

gebe es potenziell die größten Belastungen durch Hurrikane in den USA sowie

Stürme in Europa. Danach kämen aber schon Erdbeben in Kalifornien und eben Japan.

Die Aktien der Munich Re (vormals Münchener Rück) und der Hannover Rück gaben zeitweise jeweils um rund 5 Prozent nach. Auch an den europäischen Märkten reagierten die Anleger verunsichert. Da alle großen Rückversicherer in Japan aktiv seien, rechne er weiter mit deutlich negativen Kursreaktionen, sagte ein Börsianer. An der Schweizer Börse verlor Munich-Re-Konkurrent Swiss Re ebenfalls knapp 5 Prozent. Zurich Financial Services verzeichneten Verluste. Die Allianz als Europas größte Assekuranz büßte knapp zwei

Prozent ein.

"Japan hat einen sehr entwickelten Versicherungsmarkt", sagte Matthias

Engelmayer von Independent Research in Frankfurt. "Deswegen dürfte es sehr

hohe Belastungen geben." Zuletzt hätten die Rückversicherer durch die Überschwemmungen

in Australien und das jüngste Erdbeben in Neuseeland schon Milliardenlasten stemmen

müssen. Die Münchener Rück als weltgrößter Rückversicherer hatte erst am Donnerstag

betont, dass die angepeilten 2,4 Milliarden Euro Nettogewinn 2011 nur erreichbar

seien, wenn es den Rest des Jahres keine überdurchschnittlichen Schäden mehr gebe.

"Die Prognose war eh schwierig zu erreichen. Jetzt ist das nicht mehr zu schaffen",

sagte Engelmayer.

Frühe Reaktion nervöser Anleger?

In Japan, Russland und den Philippinen wurden Tsunami-Warnungen ausgegeben. TV-Bilder von der japanischen Ostküste zeigten großflächige Verwüstungen.

Die Reaktionen am deutschen Aktienmarkt erscheinen in Anbetracht der ersten Berichte aus Japan verständlich und von großer Nervosität getrieben. Beobachter wiesen darauf hin, dass das tatsächliche Ausmaß der Schäden selbst für die Verantwortlichen vor Ort noch lange nicht abzusehen sei.

Diese Woche hatte es bereits

- ebenfalls im Nordosten Japans - ein Beben der Stärke 7,2 gegeben. Am Freitag löste

der Erdstoß aber einen viel schlimmeren Tsunami aus, mit zehn Meter hohen Wellen.

Es gab zudem starke Nachbeben. In der Zwölf-Millionen-Stadt Tokio wankten die Häuser,

Millionen Menschen waren ohne Strom. Betroffen war aber primär die Küstenregion

nahe der Stadt Sendai mit einer Bevölkerung von einer Million.

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Aus dem ganzen Land laufen Schadensmeldungen ein: Dieses Bild zeigt verwüstete Kaianlagen in Hachinohe, einer Hafenstadt in der Präfektur Aomori im Nordosten der Hauptinsel. (Foto: Reuters)

Erdbeben sind in Japan keine Seltenheit. Das Land liegt in einem der seismisch aktivsten

Gebiete der Erde. Etwa 20 Prozent aller schweren Beben weltweit mit einer Stärke

von mindestens 6,0 ereignen sich hier. Bei Tokio treffen vier tektonische Platten

aufeinander. Bei dem heftigen Beben 1995 in Kobe wurden mehr als 6400 Menschen getötet.

Es ist nach Daten der Munich Re das volkswirtschaftlich teuerste Beben der

vergangenen Jahrzehnte gewesen: Die Gesamtschäden summierten sich in Originalwerten

auf 100 Mrd. Dollar. Die Versicherer mussten damals für drei Mrd. Dollar

geradestehen. Es zählt damit zu den fünf teuersten Beben für die Branche seit 1980.

Japan-Beben kurz nach der Bilanz

gut vier Wochen nach der Präsentation der Jahresprognose das Gewinnziel für das laufende Jahr unter Hinweis auf das Christchurch-Beben in Frage gestellt. Die Schäden in Australien und Neuseeland summieren sich für den Konzern auf Grundlage einer ersten Schätzung auf rund 1,5 Mrd australische Dollar oder umgerechnet 1,1 Mrd. Euro.

Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2010 schlugen Naturkatastrophen bei Munich Re nur mit 1,56 Mrd. Euro zu Buche. Allein aus dem Erdbeben in der neuseeländischen Stadt Christchurch sieht Munich Re eine Netto-Schadenbelastung von 1 Mrd. australische Dollar.

Die Überschwemmung der australischen Millionenstadt Brisbane dürfte mit rund 350 Mio. australische Dollar belasten. Der Zyklon "Yasi", der im Februar die Ostküste Australiens traf, kostet den Konzern wohl 135 Mio australische Dollar.

Quelle: rts/dpa/DJ