Zweite MilliardenrundeFed dreht den Geldhahn auf

Die US-Notenbank öffnet wieder die Geldschleusen. Angesichts des kraftlosen Aufschwungs in den Vereinigten Staaten kündigt die Federal Reserve den milliardenschweren Kauf von Staatsanleihen an. Dadurch sollen die Zinsen gesenkt und die Nachfrage angekurbelt werden. Der Dollar gibt nach der Mitteilung zeitweise nach.
Die
US-Notenbank will der lahmenden Wirtschaft erneut mit einer Flut an frischem
Geld neuen Schwung geben. Die Fed kündigte zum zweiten Mal seit Beginn der
Finanzkrise an, in großem Umfang US-Staatsanleihen aufzukaufen. Diesmal sollen
längerfristige Staatstitel mit einem Gesamtwert von 600 Mrd. Dollar (knapp 430
Mrd. Euro) gekauft werden, hieß es in einer Erklärung. Geplant sei der Erwerb
von Anleihen für etwa 75 Mrd. Dollar pro Monat. Die Aktion solle im zweiten
Quartal 2011 abgeschlossen sein.
"Das
Tempo der Erholung in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt bleibt
langsam", erklärte der Offenmarktausschuss der Fed nach seinem Treffen in
Washington. Die Konsumfreude der
Haushalte werde weiter durch hohe Arbeitslosigkeit, nur moderaten
Einkommenszuwachs, den Wertverfall am Immobilienmarkt und schwierige
Kreditbedingungen gebremst. Zwar erwarte man Besserung auf dem
Arbeitsmarkt und bei der Auslastung der Unternehmen. "Der Fortschritt in
Richtung dieser Ziele ist allerdings enttäuschend gering", erklärte die
Zentralbank. Ziel
der neuen Geldspritze sei es daher, "ein stärkeres Tempo der
konjunkturellen Erholung zu fördern" und eine Deflation zu vermeiden. Bis
zum Frühjahr hatte die US-Notenbank rund ein Jahr lang für mehr als 1,5
Billionen Dollar Staatsanleihen gekauft.
Der Schritt war von den Märkten seit Wochen erwartet worden. Experten hatten Käufe für 500 Mrd. Dollar bis 1 Billion
Dollar erwartet. Trübe Konjunkturdaten hatten das als Quantitative Lockerung
bekannte Manöver immer wahrscheinlicher werden lassen. So war die größte
Volkswirtschaft der Welt im dritten Quartal aufs Jahr gerechnet nur um zwei
Prozent gewachsen, in den drei Monaten zuvor lediglich um 1,7 Prozent. Im
September lag die Arbeitslosenquote bei 9,6 Prozent.
Leitzins bleibt unten
Die Fed will zudem
durch Umschichtungen 250 bis 300 Mrd. Dollar aus auslaufenden Hypotheken- und
anderen Kreditpapieren ebenfalls in den Kauf von Staatsanleihen stecken. Alles
in allem werde man auf diese Weise 850 und 900 Mrd. Dollar in Anleihekäufe
fließen lassen, hieß es von der New Yorker Fed. Zugleich beließ die Zentralbank ihren
Leitzins auf dem historischen Tiefstand von knapp über 0,0 Prozent. Ökonomen
rechnen erst im nächsten Jahr oder gar 2012 mit einer Anhebung.
An
der Wall Street reagierten die Kurse sehr volatil auf die Zinsentscheidung und
die Aussagen der US-Notenbank. Die Indizes drehten zunächst ins Plus, gaben
allerdings im Anschluss ihre Gewinne wieder ab. Der Dollar geriet kurzzeitig
zum Euro unter Druck. Die Gemeinschaftswährung sprang nach der Bekanntgabe bis
auf 1,4186 US-Dollar, fiel dann aber wieder bis auf 1,4026 Dollar zurück und
notiert damit wieder auf dem Niveau von vor der Veröffentlichung.
Alleine die Ankündigung half
Die Quantitative
Lockerung ist umstritten. Kritiker befürchten langfristig eine übermäßige
Inflation und die Saat neuer Preisblasen. Andere bezweifeln, dass eine
Quantitative Lockerung die Konjunktur wirksam ankurbelt. "Die
Verbraucherausgaben oder die Investitionen der Firmen werden dadurch nicht
besonders stimuliert werden", sagte Analyst Marco Annunziata von
Uni-Credit. "Die Konsumenten in den USA arbeiten noch immer ihren
jahrelangen Kreditexzess ab, und zusätzliche Liquidität wird sie nicht dazu
verleiten, mehr Geld auszugeben", sagte er dem "Wall Street Journal".
Auch der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Olivier Blanchard, hatte
gewarnt, man solle sich von dem Manöver nicht zu viel versprechen.
Allein die Erwartung
bewegte allerdings massiv die Märkte. Seit Fed-Chef Ben Bernanke die Idee Ende
August in die Debatte warf, legte der US-Leitindex Dow Jones um mehr als zehn
Prozent zu, Rohstoffpreise zogen an, der Dollar verlor gegenüber dem Euro
ebenfalls um zehn Prozent - gut für US-Exporte. Allerdings erheben Kritiker den
Vorwurf, die USA seien "unredlich", wenn sie anderen Ländern eine
künstliche Verbilligung ihrer Währung vorwerfen.