Sorge um das demokratische System Negativzinsen machen Schäuble Angst
05.05.2015, 22:12 Uhr
Als Finanzminister spart Schäuble durch niedrige Zinsen Milliarden. Doch die derzeitige Situation ist ihm zu "extrem".
(Foto: dpa)
Die superniedrigen Zinsen in Europa derzeit tragen maßgeblich zum ausgeglichenen Haushalt der Bundesregierung bei. Doch der Finanzminister will aus dieser außergewöhnlichen Lage herauskommen. "Je schneller, um so besser."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat weitere Strukturreformen für mehr Wachstum im Euroraum angemahnt. Im Augenblick gebe es zwar eine "gute wirtschaftliche Situation", sagte Schäuble beim Frühlingsfest des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Doch nun dürfe man beim Reformeifer nicht nachlassen. "Wir dürfen dieser Versuchung nicht nachgeben", mahnte er. Strukturreformen seien im Übrigen "keineswegs nur Arbeitsmarktreformen".
Je schneller überall in Europa mehr Wachstum erreicht werde, um so schneller komme man auch aus der "wirklich Besorgnis erregenden" Niedrigzinssituation heraus, betonte er. "Mir wäre ein weniger extremes Zinsniveau sehr viel lieber", unterstrich der Bundesfinanzminister. Müsse man sich auf längere Zeit auf Negativzinsen einstellen, fürchte er um die Stabilität des demokratischen Systems. "Je schneller wir aus dieser Situation herauskommen, ... um so besser."
Schäubles Äußerung ist bemerkenswert, da das derzeit niedrige Zinsniveau der Bundesregierung Milliardeneinsparungen beschert und maßgeblich zu Schäubles ausgeglichenem Haushalt beigetragen hat. Doch nun reiht sich der Finanzminister in eine lange Reihe von Kritikern ein, die zu niedrige Zinsen für gefährlich halten. Negative Zinsen stellen große Teile des Wirtschaftssystems auf den Kopf und gefährden unter anderem die Altersvorsorge vieler Deutscher. Zudem warnen Kritiker der derzeitigen europäischen Geldpolitik vor gefährlichen Finanzblasen.
Griechenland steckt nicht mehr an
Vor dem Hintergrund der Griechenland-Krise betonte Schäuble, dass es anders als vor einigen Jahren so gut wie keine Gefahr eines Überspringens auf andere Länder und Finanzmärkte mehr gebe. "Wir haben keine Ansteckungsgefahr mehr - oder fast, marginal", sagte Schäuble in seiner Rede. "Das war vor ein paar Jahren anders."
Es seien kontinuierlich die Risiken im Staats- und im Bankensektor ein Stück voneinander getrennt worden, und die europäische Bankenunion sei eine notwendige Antwort auf die Finanz- und Bankenkrise gewesen. Ausdrücklich betonte Schäuble, notwendig seien auch die Bedingungen der aufgelegten Hilfsprogramme gewesen. "Wir müssen uns ein Stück weit darauf verlassen können, was wir miteinander verabredet haben", betonte er unter Verweis auf Griechenland. Werde dies nur verabredet, "um mit der Verabredung erledigt zu sein", werde Europa nicht funktionieren.
Quelle: ntv.de, mbo/DJ