Wirtschaft

"Markt bekommt Nasenbluten" Niedrigzins zieht nicht mehr

Mini-Zins bei Bundesanleihen

Mini-Zins bei Bundesanleihen

(Foto: picture alliance / dpa)

Technisch unterzeichnet, so heißt es im Fachjargon, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. So geschehen bei der jüngsten deutschen Anleihenauktion. Verständlicher ausgedrückt: Die niedrigen Zinsen deutscher Staatsanleihen locken derzeit keinen Anleger mehr hinter dem Ofen hervor. Wird das ein Problem?

Die niedrigen Zinsen deutscher Staatsanleihen sind einigen Investoren mittlerweile zu wenig. Bei einer Emission von Papieren mit zehnjähriger Laufzeit blieb die Nachfrage überraschend hinter dem Angebot zurück. Der Bund wollte bis zu 5 Mrd. Euro einsammeln, die Anleger boten aber nur für 4,1 Mrd. Euro - platziert wurden 3,9 Mrd. Euro, wie die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur mitteilte. Wegen seiner Top-Bonität gilt Deutschland als sicherer Hafen bei Anlegern, die dafür bisher auf Rendite verzichten.

Allerdings könnte nun ein Ende der Fahnenstange erreicht sein: Der durchschnittliche Zins sank auf 1,77 (zuletzt 1,83) Prozent und damit auf ein Rekordtief bei zehnjährigen Papieren. "Es sieht so aus, als ob der Markt bei diesem Niveau Nasenbluten bekommt", sagte Zinsstratege Peter Chatwell von der Bank Credit Agricole.

Interessiert und abwartend

Die Finanzagentur sprach von einem "Marktumfeld mit einer wieder leicht zunehmenden Verunsicherung" und bezeichnete das Auktionsergebnis als gut. Es mangele nicht am Interesse der Anleger, betonte ein Behördensprecher. Es hätten sich 36 der 39 Mitglieder der üblichen Bietergruppe beteiligt. "Da gibt es eine gewisse abwartende Haltung", räumte er aber ein und verwies darauf, dass das die Bundesanleihe mit Laufzeit bis Juli 2022 in diesem Jahr noch viermal um insgesamt 23 Mrd. Euro aufgestockt werden soll.

Fachleute am Finanzmarkt begründeten das überraschende Auktionsergebnis vor allem mit der allgemein niedrigen Rendite. "Die Emission sagt uns schlicht und einfach, dass Bunds inzwischen sehr teuer sind", sagte Zinsstratege Padhraic Garvey von ING in Amsterdam.

Annalisa Piazza betonte, die Emission wäre ohne den Einfluss der Finanzagentur technisch unterzeichnet gewesen. Davon sprechen Experten, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. Die Finanzagentur hielt rund 1,1 Mrd. Euro des Volumens zurück, um sie später am Sekundärmarkt abzusetzen. Diese sogenannte Marktpflegequote betrug rund 23 Prozent. Üblicherweise behält die Agentur im Schnitt etwa 20 Prozent zunächst zurück, wie ihr Co-Chef Carl Heinz Daube im November betonte hatte. Damals lag diese Quote bei der Emission einer zehnjährigen Anleihe sogar bei 39 Prozent.

In Reaktion auf die schwach nachgefragte Emission neuer zehnjähriger Bundesanleihen stieg der Verkaufsdruck auf die am Markt gehandelten Papiere. Der Bund-Future gab um 65 Ticks nach auf 139,67 Zähler. Die Rendite für zehnjährige Papiere stieg in der Spitze auf 1,72 (spätes Vortagesgeschäft: 1,64) Prozent.

Quelle: ntv.de, rts

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