Kein Brexit "à la carte" Schäuble nordet May ein
18.11.2016, 12:43 Uhr
"Es gibt nur das ganze Menü oder keines", sagt Wolfgang Schäuble.
(Foto: imago/Metodi Popow)
Geht es nach Wolfgang Schäuble, dann drohen Großbritannien harte Brexit-Verhandlungen. Britischen Hoffnungen auf weitreichendes Entgegenkommen erteilt der Bundesfinanzminister eine Absage.
Großbritannien muss sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zufolge auf eine harte Linie bei den Brexit-Verhandlungen einstellen. "Es gibt kein Menü à la carte. Es gibt nur das ganze Menü oder keines", sagte der CDU-Politiker der "Financial Times". Mit anderen Worten: Die Hoffnungen von Premierministerin Theresa May dürften sich nicht erfüllen, dass die EU eine Ausnahmeregelung beim Thema Freizügigkeit macht, wenn die Briten Teil des EU-Binnenmarktes bleiben wollen.
Das Problem der Briten: Die Brexit-Befürworter haben die Quadratur des Kreises versprochen. Großbritannien will Zugang zum europäischen Binnenmarkt, allerdings ohne Teil davon zu sein. Konkret heißt das, dass das Land den Zuzug von EU-Bürgern einschränkt, nicht in den EU-Haushalt einzahlt und trotzdem ungehinderten Zugang zum gemeinsamen europäischen Markt bekommt.
Die britische Regierung sieht sich dabei in einer starken Verhandlungsposition: Sie setzt darauf, dass Exportnationen wie Deutschland eine weiche Linie fahren – aus Angst, dass der Zugang für ihre Unternehmen nach Großbritannien eingeschränkt wird. So hatte David Davis, in der Regierung für den Brexit zuständig, mit Verweis auf die Exporte der deutschen Autoindustrie nach Großbritannien gesagt, die EU werde aus eigenem Interesse den Forderungen der Briten nachgeben.
Prosecco vs. Fish and Chips
Außenminister Boris Johnson lief mit dieser Argumentation jüngst beim italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Carlo Calenda, auf. Johnson habe ihn vor einem Rückgang der italienischen Prosecco-Absätze gewarnt, sollte die EU Großbritannien keinen freien Zugang zum EU-Binnenmarkt gewähren, sagte Calenda der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" – und fügte hinzu, er habe die Äußerungen als "etwas beleidigend" empfunden.
Calenda konterte eigenen Angaben zufolge damit, Großbritannien verliere dann im Export von Fish and Chips. "Ich verkaufe an ein Land weniger Prosecco, während Sie in 27 Ländern weniger Fish and Chips loswerden", erläuterte er Johnson. Der niederländische Finanzminister und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem bezeichnete Johnsons Haltung im BBC-Fernsehen unterdessen als "intellektuell unmöglich".
Wolfgang Schäuble dürfte das ähnlich sehen. Außerdem dürfte er sich davor sorgen, dass ein bequemer Brexit EU-Gegner in anderen Ländern bestärken könnte.
Schäuble sagte der "Financial Times", sollte Großbritannien die Freizügigkeit von EU-Bürgern nicht akzeptieren, würde das das Ende des so genannten Passporting bedeuten. Dieser Begriff bezeichnet das Recht eines in einem EU-Mitgliedsland ansässigen Finanzunternehmens, in jedem anderen Land dieses Wirtschaftsraums Geschäfte zu machen. Sollte die britische Finanzindustrie dieses Recht verlieren, wäre das für die Branche ein harter Schlag.
Schäuble ergänzte, dass Großbritannien wohl auch nach einem Brexit Zahlungen an die EU leisten müsse. "Womöglich gibt es Verpflichtungen, die über den Brexit hinausreichen – sogar teilweise bis ins Jahr 2030", sagte der Finanzminister und ergänzte: "Außerdem können wir keine großzügigen Rabatte gewähren."
Quelle: ntv.de, jga