Lira stürzt ab Türkische Börse verliert kräftig
21.07.2016, 11:24 Uhr
An der Börse in Istanbul fallen die Kurse.
(Foto: REUTERS)
Nach der Verhängung des Ausnahmezustands in der Türkei ziehen sich immer mehr Anleger aus dem Land zurück. Der Aktienmarkt gibt nach, auch die die Landeswährung verliert deutlich an Wert.
Die Nachwehen des gescheiterten Putsches in der Türkei setzen der Istanbuler Börse erneut zu. Den vierten Tag in Folge geht es dort mit den Kursen abwärts, der Leitindex präsentiert sich 3,8 Prozent schwächer. Damit summiert sich das Minus in dieser Woche auf rund 13 Prozent.
Die türkische Währung kommt ebenfalls unter die Räder. In der Nacht zum Donnerstag stieg der Dollar zeitweise auf ein Rekordhoch von 3,0970 Lira. Im Verlauf gab der Dollar leicht nach, er kostet derzeit 3,0840 Lira.
Analysten machen für den neuen Kursrutsch vor allem zwei Gründe verantwortlich: die Verhängung des Ausnahmezustands durch Präsident Recep Tayyip Erdogan sowie die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Türkei durch S&P. Die Ratingagentur hatte die Bonität noch tiefer in den sogenannten Ramschbereich gesenkt. Nach dem Putschversuch sei mit einer Periode der erhöhten Unsicherheit zu rechnen, hieß es zur Begründung. Das könne Investoren davon abhalten, ihr Geld in der Türkei anzulegen.
S&P befürchtet, dass es für die Türkei nun schwieriger werden könnte, ihre im Ausland aufgenommenen Schulden umzufinanzieren. Das sei deswegen problematisch, weil das Land zu einem großen Teil auf Geld aus dem Ausland angewiesen sei.
Tausende verhaftet
Eine schlechtere Bonitätsnote könnte die Kreditaufnahme der Türkei künftig erschweren und verteuern. Verkäufe türkischer Anleihen treiben die Rendite der zehnjährigen Titel auf rund 10 Prozent - und damit auf dem höchsten Stand seit zwei Monaten. "Es herrscht große Verunsicherung, was die Verhängung des Ausnahmezustands bedeutet", sagte HSBC-Anlagestratege Fatih Keresteci.
Gleichzeitig stieg der Preis für die Absicherung eines zehn Millionen Dollar schweren Pakets türkischer Anleihen gegen Zahlungsausfall um 10.000 Dollar und lag mit 298.000 Dollar so hoch wie zuletzt vor fünf Monaten, wie der Datenanbieter Markit mitteilte. Damit sind diese Kosten seit dem Umsturzversuch um gut ein Viertel gestiegen.
Nach der Niederschlagung des Putsches geht Erdogan gegen Regierungsgegner vor. Tausende Soldaten, Polizisten und Beamte wurden unter dem Vorwurf festgenommen, an dem Putschversuch beteiligt gewesen zu sein. Zehntausende weitere Staatsbedienstete, darunter Richter, Staatsanwälte, Hochschuldozenten und Lehrer wurden entlassen oder versetzt. Offen ist noch, ob die Türkei die Todesstrafe wieder einführt.
Der Ausnahmezustand ermöglicht es dem Präsidenten und dem Kabinett, neue Gesetze ohne Beteiligung des Parlaments in Kraft zu setzen. Zudem können Grundrechte und Freiheiten eingeschränkt oder aufgehoben werden.
Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP