Panorama

Urteil rechtskräftig, Fragen offen Hoeneß nur noch wenige Wochen in Freiheit

Eineinhalb Stunden Fahrzeit vom Tegernsee entfernt: die JVA Landsberg am Lech.

Eineinhalb Stunden Fahrzeit vom Tegernsee entfernt: die JVA Landsberg am Lech.

(Foto: REUTERS)

Wie zuvor bereits Uli Hoeneß verzichtet auch die Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen den zurückgetretenen Präsidenten des FC Bayern München auf eine Revision. Nach Ostern muss Hoeneß ins Gefängnis.

Als die Wirtschaftskammer des Landgerichts München II sich am vergangenen Dienstag über die Unterlagen von Steuerbetrüger Uli Hoeneß beugt, sagt Richter Rupert Heindl einmal diesen Satz: "Hier fehlen 1,7 Millionen, von denen keiner weiß, wo sie sind." Was genau Heindl damit meinte, blieb offen - der Satz passt jedoch zu einem Verfahren, in dem nicht alle Fragen geklärt werden konnten.

Auch die Rosenheimer Steuerfahnderin, die sich in einer Hauruck-Aktion durch die rund 70.000 Seiten umfassenden Steuerunterlagen wühlte, fand immer wieder Lücken. In den Belegen, die Hoeneß erst kurz vor Prozessbeginn bei Gericht eingereicht hatte, vermisste sie immer wieder Millionen, die irgendwo fehlten - und für deren Fehlen die Steuerfahnderin zunächst keine Erklärung finden konnte. Wie genau die gewaltigen Summen von zeitweise mehr als 150 Millionen Euro den Weg auf sein geheimes Schweizer Konto fanden, spielte für die Strafzumessung keine Rolle.

"Best-Case"-Berechnung

Weil sowohl Staatsanwaltschaft als auch Hoeneß selbst aber keine Revision gegen das Urteil von dreieinhalb Jahren Haft einlegen wollen, bleibt es jetzt dabei. "Das Urteil in der Strafsache gegen Ulrich H. ist somit rechtskräftig", teilt das Landgericht München II am Montagnachmittag mit. Der tief gestürzte Patron des FC Bayern geht also für die Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern ins Gefängnis. Es ist, wie auch Hoeneß' Anwalt Hanns Feigen einräumte, eine "Best Case"-Berechnung zugunsten des Angeklagten. Wie hoch die Summe, um die er den Staat betrogen hat, tatsächlich ist, das brachte der Prozess nicht ans Tageslicht - auch wenn Hoeneß von Anfang an betonte, alle Karten offen auf den Tisch zu legen.

Alle Parteien haben jetzt einen Deckel draufgemacht auf die Causa Hoeneß - auch wenn Rechtsanwalt Feigen noch direkt nach dem Prozess angekündigt hatte, den Fall "natürlich" zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe zu bringen. Ein für alle Mal solle festgestellt werden, wie umzugehen ist mit "verunglückten", unvollständigen oder eben ungültigen Selbstanzeigen von Steuersündern. Dazu wird es jetzt nicht kommen - zumindest nicht mit Hoeneß als prominentem Präzedenzfall.

"Kein Missverhältnis zur Schuld"

Auch wenn es im Prozess schließlich um 28,5 Millionen statt 3,5 Millionen Euro hinterzogene Steuern ging und der komplexe Fall nach nur vier Tagen vor Gericht abgeschlossen war, hält die Staatsanwaltschaft das Urteil für vertretbar. Das zumindest sagt der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, Florian Gliwitzky. "Die Staatsanwaltschaft soll nur dann Rechtsmittel einlegen, wenn das Strafmaß in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Schuld steht. Das war aus unserer Einschätzung nicht der Fall."

Hoeneß erklärte seinen Verzicht auf Rechtsmittel schon am Tag nach dem Urteil. Möglicherweise lag dies auch daran, dass er nicht mehr "zocken" wollte. Denn mit einer Revision hätte Hoeneß auch ein noch härteres Urteil riskiert. Mit seiner Erklärung vom Freitag hatte er dagegen die Chance, sich als geläuterten und rechtschaffenen Mann in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Andere Geldquellen?

Dennoch gehen die Spekulationen über die Herkunft der Hoeneß-Millionen weiter - wozu auch "Stern"-Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges beigetragen haben dürfte, der am Sonntagabend in der Talkshow von Günther Jauch verkündete, die Recherchen zum Fall Hoeneß seien "nicht zu Ende". Journalisten seien hinter dem Geld auf der Spur, mit dem der ehemalige FC-Bayern-Boss gezockt habe. Hoeneß gibt als Startkapital 20 Millionen D-Mark an, die ihm sein Freund, der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, 2001 zur Verfügung gestellt habe. "Manche sagen, das könnten noch ganz andere Quellen gewesen sein", orakelte Jörges, der bei Jauch als "Freund" von Uli Hoeneß vorgestellt wurde.

Die Linkspartei hält den Fall noch nicht für abgeschlossen. "Ich würde es begrüßen, wenn der FC Bayern eine unabhängige Kommission von Wirtschaftsprüfern einsetzt, die offenlegt, ob und welche Verquickungen es zwischen dem Fall Hoeneß und dem FC Bayern gibt", sagte Parteichef Bernd Riexinger dem "Handelsblatt". Sowohl der Verein als auch Hoeneß hatten immer wieder betont, der Verein sei nicht in Hoeneß' Spekulationen verwickelt gewesen. "Ich habe seit Jahren ein Konto bei der Vontobel-Bank in der Schweiz", sagte Hoeneß in seinem Geständnis vor Gericht. "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß", hatte er im vergangenen Jahr der "Zeit" gesagt.

Uli Hoeneß muss nun, da das Urteil gegen ihn rechtskräftig wird, unwiderruflich ins Gefängnis - und zwar schon bald. Es gilt als wahrscheinlich, dass er erst nach einem halben Jahr auf offenen Vollzug hoffen kann. Dann muss er nur noch zum Schlafen ins Gefängnis kommen. Wahrscheinlich nach Ostern wird er sein luxuriöses Haus am Tegernsee eintauschen müssen gegen eine Zehn-Quadratmeter-Zelle im Gefängnis von Landsberg. "Ich lasse das im Moment alles mal auf mich zukommen. Und dann sehen wir weiter", sagte Hoeneß dem "Kicker". Dabei soll er sogar gelächelt haben.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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