Panorama

Freispruch für Ulvi K. Wer verschleppte Peggy?

Peggy wäre heute eine junge Frau.

Peggy wäre heute eine junge Frau.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Im Mordfall Peggy wird der 36-jährige Ulvi K. freigesprochen. Doch von dem Mädchen, das am 7. Mai 2001 verschwunden ist, fehlt weiter jede Spur. Mit K.s Freispruch rücken andere Verdächtige ins Visier.

"Ich habe die Peggy nicht umgebracht", sagte Ulvi K. in seinem Wiederaufnahmeprozess. "Mein Wunsch ist, dass sie noch lebend gefunden wird." Dass dies tatsächlich geschehen wird, daran glaubt wohl inzwischen fast niemand mehr. Auch die Anwältin von Peggys Mutter spricht nur von einer "winzig kleinen" Chance.

Das Bayreuther Verfahren, das mit dem Freispruch von Ulvi K. endete, gab unerwartet einen Einblick in die derzeit laufenden Ermittlungen im Fall Peggy. Seit Sommer 2012 beschäftigen sich wieder Polizisten mit dem inzwischen 13 Jahre zurückliegenden Verschwinden der damals neunjährigen Peggy. Der Leiter der neuen Ermittlungsgruppe, Klaus Müller, sprach vor Gericht aus, was viele denken: "Wir gehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Peggy nicht mehr lebt."

Peggy war am 7. Mai 2001 von der Schule nicht wieder nach Hause gekommen. Seitdem gilt sie als vermisst. Das liegt daran, dass Peggys Leiche nie gefunden wurde. Seit diesem Tag ist ihr genetischer Fingerabdruck in verschiedenen Datenbanken gespeichert, erzählte Müller in seiner Zeugenaussage. Immer wieder wurden diese Daten seit 13 Jahren im In- und Ausland abgeglichen - ohne jegliche Treffer. Auch deshalb vermutet die Polizei einen Mordfall.

Wer war es dann?

Nachdem Ulvi K. im Fall Peggy freigesprochen wurde, fragen sich nicht nur viele Lichtenberger: Wer war es dann? Eine Spur führte die Polizei zu einem Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt. Der ehemalige Bekannte von Peggys Familie sitzt derzeit wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter in Haft. Er hat außerdem eingeräumt, sich auch an seiner Nichte mehrmals vergangen zu haben. Noch in diesem Jahr wird er wegen dieses Falles vor Gericht stehen. Dieser Missbrauchsfall war erst kürzlich ans Licht gekommen, weil sich das Opfer, inzwischen eine junge Frau, offenbart hatte.

Auffällig daran ist, dass die Nichte im selben Haus wie Peggy wohnte und der Missbrauch wenige Wochen vor Peggys Verschwinden stattfand. In ihrem Buch "Der Fall Peggy" hatten die Autoren Ina Jung und Christoph Lemmer auch Indizien zusammengetragen, die auf einen Missbrauch von Peggy hindeuteten. Das Mädchen habe sich in der Wohnung regelrecht verkrochen, ihre Unterhosen versteckt und begonnen wieder einzunässen. Peggys Mutter; Susanne K., schilderte vor Gericht, dass das Mädchen schwierig gewesen und immer schwieriger geworden sei. Bei einem Arztbesuch sei Peggy "präpubertäres Verhalten" und "Hyperaktivität" bescheinigt worden.

In der Haftzelle des verdächtigen Mannes fanden Polizisten später ein Foto von Peggy. Er habe sehr heftig reagiert, als ihm das Bild abgenommen worden sei, sagte Müller. Als er das erste Mal zum Verschwinden des Mädchens befragt wurde, trug er außerdem ein Amulett mit einem Foto von Peggy und gab ein falsches Alibi an. Auch alle danach gemachten Angaben, wo er am 7. Mai 2001 war, erwiesen sich als falsch. Der Mann streite vehement ab, etwas mit dem Verschwinden Peggys zu tun zu haben, so Müller. Er habe lediglich Kuscheln mit Peggy auf dem Sofa eingeräumt. Wohlgemerkt, im Jahr 2001 war Holger E. 17 Jahre alt, Peggy war 9. Diese Spur würde zumindest in das erste Tathergangsszenario der Polizei passen, die nach Peggys Verschwinden mutmaßte, das Kind könnte missbraucht und zur Vertuschung der Tat getötet worden sein.

Lügen bei den Alibis

Auch der Adoptivbruder des Mannes hat kein Alibi für den Tattag. Er passte gelegentlich auf Peggy und ihre kleine Schwester auf. Sein Bruder hat ausgesagt, dass auch Jens B. an sexuellen Übergriffen auf Peggy beteiligt war. Als möglicherweise tatverdächtig gilt der Lichtenberger Robert E., der bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurde. Sein Haus liegt nur wenige Schritte von der damaligen Wohnung Peggys entfernt. Eine Durchsuchung seines Grundstücks im Frühjahr 2013 verlief jedoch ergebnislos.

Außerdem gibt es noch die "tschechische Spur". Bereits bei den ersten Ermittlungen 2001 und 2002 gaben Zeugen an, ein Auto mit tschechischem Kennzeichen in Lichtenberg gesehen zu haben, in das Peggy eingestiegen sei. Einige der damals kindlichen Zeugen wiederholten diese Aussagen nun erneut. Doch auch diese Spur führte bisher ins Leere.

Verzweifelte Hoffnung

Ulvi K.s Verteidiger Euler hatte auch Peggys Mutter während des Prozesses mehrmals zum Kreis der Tatverdächtigen gezählt. Vor dem Landgericht sagte die Anwältin der 41-jährigen Susanne K. dazu: "Bitte akzeptieren Sie endlich, dass meine Mandantin selbst Opfer ist. Sie hat das Schrecklichste erlebt, was Eltern durchmachen können."

Peggys Vater zeigte am Rande des Prozesses Bilder einer Foto-Simulation, wie seine Tochter heute aussehen könnte. Eine strahlende junge Frau ist darauf zu sehen. Nicht nur für die Eltern wäre es nach all den Jahren wichtig, Gewissheit über das Schicksal von Peggy zu bekommen.

Quelle: ntv.de

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