USA veröffentlichen Details Bin Laden war unbewaffnet
03.05.2011, 21:12 Uhr
Ob weitere Fotos veröffentlicht werden, ist noch unklar.
(Foto: dpa)
Die USA geben nach und nach Details über die Tötung Osama bin Ladens bekannt. Demnach war der Al-Kaida-Chef bei seiner Tötung durch ein US-Sondereinsatzkommando unbewaffnet. Zudem habe das Weiße Haus noch nicht entschieden, ob die Fotos der Leiche Bin Ladens veröffentlicht werden.
Al-Kaida-Chef Osama bin Laden war bei seiner Tötung durch ein US-Sondereinsatzkommando unbewaffnet. Das teilte die US-Regierung in Washington mit. "Bin Laden wehrte sich auf andere Weise". Auch seien andere Männer in seiner Umgebung bewaffnet gewesen, teilte Präsidentensprecher Jay Carney mit. Wegen des Widerstandes sei Bin Laden in einem "unberechenbaren Schusswechsel" ums Leben gekommen. Außerdem sei die Ehefrau bin Ladens nicht getötet, sondern von einem US-Soldaten mit einem Schuss ins Bein verletzt worden.
US-Spezialkräfte hatten Bin Laden in der Nacht zum Montag in einem Anwesen im pakistanischen Abbottabad getötet. Nach Carneys Worten wurde Bin Laden in einem Raum im oberen Stockwerk des Anwesens in Pakistan getötet. Im ersten Stockwerk habe das Kommando zwei bereits zuvor als Kuriere des Terroristenchefs identifizierte Männer erschossen, eine Frau sei im Kreuzfeuer getroffen und ebenfalls getötet worden. Während der gesamten Aktion habe es intensive Feuergefechte gegeben, so Carney. Er sprach von einer "sehr explosiven Situation".
Zudem habe das Weiße Haus noch nicht entschieden, ob die Fotos der Leiche Bin Ladens veröffentlicht werden. Laut Carney seien die Fotos zu grausam. Bin Laden sei zweimal in den Kopf getroffen worden. Einmal direkt über dem linken Auge. Wie es in US-Medienberichten hieß, sei Bin Ladens Kopf "regelrecht explodiert".
USA fürchteten Verrat Pakistans
Aus Angst vor einem Verrat in Pakistan hatten die USA die Tötung Bin Ladens vor der Regierung in Islamabad geheim gehalten. Die pakistanischen Behörden seien nicht informiert worden, weil sie Bin Laden hätten "vorwarnen" können, sagte CIA-Chef Leon Panetta dem US-Magazin "Time". Washington habe entschieden, dass "jede Bemühung zur Zusammenarbeit mit den Pakistanern die Mission aufs Spiel gesetzt hätte".
Pakistan gerät wegen des Aufenthaltsorts des meistgesuchten Terroristen der Welt zunehmend in Erklärungsnot. Es sei "unvorstellbar", dass sich Bin Laden ohne Hilfe längere Zeit dort habe verstecken können, sagte etwa der Anti-Terror-Berater von US-Präsident Barack Obama, John Brennan. Die USA untersuchen, ob der Al-Kaida-Chef über ein Unterstützersystem in Pakistan verfügt habe.
Fünf Jahre unentdeckt?
Brennan sagte, nach jüngsten Informationen habe der meistgesuchte Mann der Welt fünf bis sechs Jahre in dem Anwesen in der Garnisonsstadt Abbottabad gelebt. Es gebe aber bislang keinen Hinweis darauf, dass der 54-Jährige von pakistanischen Behörden gedeckt worden sei. Brennan kündigte an, die USA würden untersuchen, wie es Bin Laden möglich gewesen sei, so lange in Pakistan zu leben. Der US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan, Marc Grossman, rief dazu auf, von gegenseitigen Vorwürfen abzulassen und nach vorne zu schauen.
Auch Mitglieder des US-Kongresses pochen auf Aufklärung und stellen die US-Finanzhilfe für Pakistan infrage, die sich seit den Angriffen vom 11. September 2001 auf etwa 20 Milliarden Dollar belaufen. "Unsere Regierung ist in finanziellen Nöten", erklärte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein. Viele Abgeordnete hätten ein Problem damit, ein Land zu unterstützen, das sich nicht mit ganzer Kraft einbringe. "Bevor wir nur einen einzigen weiteren Cent bewilligen, wollen wir wissen, ob Pakistan im Kampf gegen den Terror wirklich an unserer Seite steht", betonte der in Haushaltsfragen einflussreiche demokratische Senator Frank Lautenberg.
Pakistan kritisiert Geheimkommando
Pakistans Präsident Asif Ali Zardari ging in einem Beitrag für die "Washington Post" nicht direkt auf die Vorwürfe ein. "Er war an keinem Ort, an dem wir ihn erwartet hatten", schrieb Zardari. Mutmaßungen, Pakistan gewähre Terroristen Schutz, nannte er gegenstandlose Spekulationen. Der britische Premierminister Cameron erklärte in London, sein Land werde weiterhin gemeinsam mit Pakistan zusammenarbeiten. Wie zuvor Clinton forderte auch Cameron die Taliban auf, nach dem Tod des Al-Kaida-Chefs sich nun von dem Islamisten-Netzwerk loszusagen und sich am Friedensprozess in Afghanistan zu beteiligen. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin verlautete, es gebe die Hoffnung, dass nun die innerafghanische Aussöhnung einen neuen Impuls erhalte.
Allerdings wurde aus der Regierung Pakistans der Einsatz des US-Spezialkommandos auch als "nicht genehmigte, einseitige Aktion" kritisiert. Das Außenministerium in Islamabad erklärte, die pakistanische Führung oder das Militär hätten keine Kenntnis von der Aktion gehabt und seien "zutiefst besorgt" über die Art und Weise des Einsatzes. "Solche Aktionen untergraben die Zusammenarbeit und können eine Gefahr für den internationalen Frieden und Sicherheit sein." Keinesfalls dürfe eine solche Aktion in Zukunft zur Regel werden.
Al-Kaida soll zerstört werden
Nach der Tötung von Bin Laden wollen die USA nun zum endgültigen Schlag gegen das Terror-Netzwerk in Pakistan und Afghanistan ausholen. Der Einsatz gegen Bin Laden sei nur der letzte einer ganzen Reihe von Angriffen auf führende Al-Kaida-Mitglieder gewesen, sagte Terrorismusberater Brennan. Jetzt solle die gesamte Organisation zerstört werden.
Der US-Generalstaatsanwalt Eric Holder erklärte, der Kampf gegen den Terrorismus sei weit davon entfernt vorbei zu sein, und warnte vor Vergeltungsanschlägen der Al-Kaida. "Wir müssen wachsamer als je zu vor sein", forderte auch der britische Premierminister David Cameron. Dennoch bezeichnete Brennan die Al-Kaida als geschwächt: "Wir haben die Organisation geschädigt, ihre Reaktionsmöglichkeiten eingeschränkt und es ihr viel schwerer gemacht, innerhalb und außerhalb Pakistans zu agieren." Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, John Kerry, hatte zuvor erklärt, durch Drohnen-Angriffe in den pakistanischen Stammesgebieten seien zuletzt 17 Al-Kaida-Kommandanten getötet worden.
Taliban fordern Beweise
In Pakistan, wo es erhebliche antiamerikanische Ressentiments gibt, blieb die Lage bislang ruhig. Es gab einige kleinere Demonstrationen radikaler Gruppe. Die islamistische Gruppe Lashkar-e-Taiba (LeT) würdigte Bin Laden als für den Islam und die Muslime sehr verdienten Märtyrer, der immer in Erinnerung bleiben werde. LeT wird verantwortlich gemacht für die Anschläge im indischen Mumbay 2008.
Die radikalislamischen Taliban fordern allerdings Beweise für den Tod von Bin Laden. "Die Amerikaner haben keine überzeugenden Dokumente vorgelegt, die ihre Behauptung beweisen und auch Osama bin Ladens engstes Umfeld hat Berichte über seinen Märtyrertod bislang weder bestätigt noch dementiert", erklärten die Islamisten auf einer ihrer Internetseiten. Eine Reaktion auf den Tod des Terrorchefs wäre daher "verfrüht".
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts