Politik

Als "gefährlicher Mensch" bekannt Erschossener Islamist sollte vor Gericht

Der Angreifer war schon 2008 wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt worden.

Der Angreifer war schon 2008 wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt worden.

(Foto: REUTERS)

In Berlin suchen die Ermittler nach der Messerattacke auf eine Polizistin nach dem Motiv des islamistischen Angreifers. Er soll zuvor schon gedroht haben, Menschen zu ermorden. Nachdem er bereits Jahre im Gefängnis saß, sollte er nun wieder angeklagt werden.

Der in Berlin von der Polizei erschossene Islamist sollte wegen Bedrohung einer Richterin erneut vor Gericht. Der 41-jährige Iraker sei Ende Juni angeklagt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Auch eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde soll Rafik Y. mit den Worten "Wir werden Euch köpfen" bedroht haben.

Laut Staatsanwaltschaft wurde die Wohnung des Islamisten durchsucht, Unterlagen seien mitgenommen worden. Diese würden jetzt ausgewertet. Der Islamist war von einem Polizisten erschossen worden, nachdem er dessen Kollegin mit einem Messer angegriffen und verletzt hatte. Die 44 Jahre alte Polizistin wurde außerdem von einem Schuss ihres Kollegen getroffen, der sie schützen wollte. Sie liege weiterhin im Krankenhaus, sei aber ansprechbar, hieß es von der Polizei

Die Staatsanwaltschaft geht bisher von einem Einzeltäter aus. Es werde aber noch geprüft, ob der 41-jährige Kontakt zu anderen Islamisten gehabt habe. "Zum eigentlichen Motiv des Mannes liegen uns keine neuen Erkenntnisse vor", sagte Steltner weiter. Der Angreifer sei den Behörden als "gefährlicher Mensch" bekannt gewesen.

Der Iraker war 2008 vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und versuchter Beteiligung an einem Mord zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Er galt als Chefplaner eines vereitelten Anschlags auf den damaligen irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi in Berlin im Jahr 2004. Im März 2013 kam Y. nach Verbüßung der Haft frei. Er musste eine elektronische Fußfessel tragen, die er vor der Tat abnahm.

Polizeigewerkschaft entsetzt

Die Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte die Maßnahme der Fußfessel als ungenügend. "Es darf nicht sein, dass ein hochgefährlicher, radikalisierter Mann, der wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, nur mit einer Fußfessel überwacht wird, diese ohne weiteres entfernen kann und sich frei bewegt", erklärte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt. Er forderte "Gefährder" wie Y. in Anschluss an ihre Haftstrafe in Sicherungsverwahrung zu nehmen.

Steltner sagte, der Angriff habe sich innerhalb eines Bereiches ereignet, in dem sich Y. auch mit Fußfessel habe bewegen dürfen. Der Angriff wäre demnach auch nicht zu verhindern gewesen, hätte Rafik Y. die Fessel anbehalten.

Ex-Anwalt spricht von "Realitätsverlust"

Sein früherer Anwalt zeigte sich von dem gewaltsamen Tod von Rafik Y. wenig überrascht. "Das wundert mich nicht. Er war ein sehr schwieriger Mensch", sagte Rechtsanwalt Reinhard Kirpes. Er hatte ihn vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verteidigt. Schon während des Verfahrens sei Rafik Y., der seine Haft voll verbüßte, auffällig gewesen. "Ich hatte damals den Eindruck, dass er sich in einer psychologischen Grauzone bewegt." Es gab ein psychiatrisches Gutachten. Dies sei zu dem Schluss gekommen, der Mann habe keine erhebliche Störung. Rafik Y. habe sich aber nicht untersuchen lassen.

Sein Mandant sei hektisch und gehetzt gewesen. "Aus meiner Sicht hatte er einen gewissen Realitätsverlust in der Wahrnehmung", sagte der Offenburger Anwalt. Das damalige Gerichtsverfahren war demnach für alle Beteiligten schwierig. So beschimpfte Rafik Y. im Gerichtssaal sowohl die zwei Bundesanwältinnen als auch die Senatsvorsitzende. Er stritt aber auch mit seinem Anwalt.

Die Behörden hatten nach Angaben von Berlins Innensenator Frank Henkel wiederholt versucht, Y. abzuschieben. Weil dem Mann aber im Irak die Todesstrafe gedroht hätte, sei er weiter geduldet worden.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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