Das Wichtigste aus dem TV-Interview Herr Snowden, haben Sie Putin getroffen?
29.05.2014, 10:10 Uhr
(Foto: AP)
Der Whistleblower Edward Snowden gibt erstmals einem US-Fernsehsender ein Interview. Fünf Stunden lang muss er sich den Fragen des NBC-Journalisten Brian Williams stellen. Und der zwingt ihn permanent in die Defensive.
Es ist nicht Edward Snowdens erstes Fernsehinterview. Anfang des Jahres sprach der Whistleblower, der die Abhörmethoden der National Security Agency (NSA) aufdeckte, bereits mit dem NDR. Doch es ist Snowdens erstes Interview mit einem US-Sender. Und das hat einen besonderen Sound: Das Interesse an neuen Enthüllungen hält sich in Grenzen. Im Mittelpunkt stehen Anschuldigungen und Rechtfertigungsversuche.
Snowden sitzt in einem Moskauer Hotel. Schwarzer Anzug, blaues Hemd - äußerlich verändert hat sich der 30-Jährige kaum. Brian Williams, Anchorman von NBC News, eröffnet das Gespräch nicht mit einer Frage, sondern mit einem Vorwurf. "Viele Leute sagen, Sie haben Ihrem Land schweren Schaden zugefügt", sagt Williams. Snowden verweist darauf, dass die US-Regierung auch nach einem Jahr keine Belege dafür geliefert habe, dass durch seine Enthüllungen jemand zu Schaden gekommen wäre. Williams lässt nicht locker. Er zitiert den früheren NSA-Direktor Keith Alexander: "Es gibt konkrete Hinweise darauf, dass Terroristen wegen Ihrer Enthüllungen ihre Strategien verändern. Das macht unseren Job schwerer. Der Feind kennt unsere Strategie." Snowden kann die Anschuldigung nicht entkräften. Er sagt: "Das sind die Anschuldigungen, die immer wieder in der Geschichte gegen Whistleblower und Regierungsgegner erhoben wurden."
Die erste richtige Frage Williams kommt nicht weniger konfrontativ daher: "Was tun Sie in Russland?" Snowden sagt: "Ich hatte nie vor, in Russland zu landen." Sein Ziel sei Lateinamerika gewesen. Das sei nicht gegangen, weil die US-Behörden seinen Reisepass für ungültig erklärt haben. "Also bitte, wenn Sie wissen wollen, warum ich in Russland bin, fragen Sie das State Department." Williams fragt, ob er Präsident Putin getroffen habe. "Ich habe keine Beziehung zur russischen Regierung, ich habe den russischen Präsidenten nie getroffen, ich werde nicht unterstützt von der russischen Regierung, ich bekomme kein Geld von der russischen Regierung." Zudem habe er alles Material, das er bei sich trug, zerstört und auf die Daten, die er Verbündeten wie dem Journalisten Glenn Greenwald anvertraut hat, keinen Zugriff mehr.
Fünf Stunden lang hat sich Snowden den Fragen des NBC-News Teams gestellt. In der Dreiviertel-Stunde, die am Ende ausgestrahlt wurde, kommen nur zwei Fragen vor, die ansatzweise darauf abzielen, neue Enthüllungen zu Tage zu fördern. Moderator Williams will wissen, was Geheimdienste mit seinem speziell gesicherten Mobiltelefon anstellen könnten. Snowdens Antwort: Praktisch alles. Sie könnten es ein und ausschalten, verfolgen, was er gegoogelt habe, sogar Fotos damit schießen. Zudem stellt Williams die Frage, welche vertraulichen Material Snowden nicht entwendet und verbreitet habe. Snowden: "Das Material, das Menschenleben gefährdet hätte."
Ein faires Verfahren ist unmöglich
Das Interview wirkt harsch. Williams drängt Snowden permanent in die Defensive. Dass es nicht schwerpunktmäßig um Snowdens Enthüllungen geht, sondern vielmehr um ihn als umstrittene Persönlichkeit, hat allerdings nicht nur den Grund, dass die amerikanische Öffentlichkeit dem Whistleblower besonders kritisch bewertet. Schon im Interview mit dem NDR offenbarte Snowden wenig Neues, denn er beharrt darauf, nichts preiszugeben, worüber nicht bereits durch Greenwald und andere Journalisten berichtet wurde. Eine Auflage für sein Asyl in Russland ist schließlich, dass er keine weiteren Geheimnisse preisgibt. Williams konzentriert sich also teils gezwungenermaßen auf die Rolle und Persönlichkeit des Whistleblowers Erdward Snowden.
Warum habe er nicht auf legalem Wege versucht, die Missstände in der NSA zu bekämpfen? Warum stelle er sich nicht einem fairen Verfahren in den USA? Halte er sich für einen Patrioten? Snowden wollte nie im Mittelpunkt stehen. Das behauptete er zumindest immer wieder. Es sei ihm allein um die Sache gegangen. Doch auch wenn praktisch alle Fragen um seine Persönlichkeit kreisen, und Snowden sich stets verteidigen muss - um Antworten verlegen, ist er meist trotzdem nicht. Die offiziellen Stellen, bei denen er sich über die Methoden der NSA beschwert habe, hätten ihn aufgefordert, keine weiteren Nachforschungen anzustellen. Einem Verfahren werde er sich nicht stellen, weil es angesichts der vielen Geheiminformationen, um die es darin gehen würde, nie öffentlich und damit fair ablaufen würde.
Eines wird in dem Gespräch besonders deutlich: Snowden sieht sich aller Anschuldigungen zum Trotz als "Patriot", der seinem Land durch seine Enthüllungen gedient hat. Williams sagt er: "Ich habe die Möglichkeit zu reisen verloren, aber ich habe die Möglichkeit gewonnen, mich Abends in mein Bett zu legen in der Gewissheit, das Richtige getan zu haben. Und damit kann ich leben."
Quelle: ntv.de