Chaos auf dem RollfeldUSA und China zoffen sich auf G20-Gipfel

Im Hangzhou treffen sich die mächtigsten Staatenlenker der Welt. Gastgeber China gerät mit seinem prominentesten Gast schon auf dem Rollfeld in Streit. Dahinter lauern handfeste Konflikte über territoriale Kontrolle und ein Raketenabwehrsystem.
Spannungen zwischen den USA und China überschatten den Beginn des Gipfels führender Industrie- und Schwellenländer. Die Differenzen reichen vom Inselstreit im Südchinesischen Meer über die Stationierung eines amerikanischen Raketenabwehrsystems in Südkorea bis zu Chinas Zurückweisung "ausländischer Einmischung" bei den Menschenrechten. Offiziell begann der Gipfel um 9 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in China.
Von US-Medien als symptomatisch gewertet für die schlechten Beziehungen wird eine "chaotische Begrüßung" des Obama-Besuches. Chinesische Sicherheitskräfte gerieten mit der US-Delegation bei der Ankunft am Flughafen in der ostchinesischen Stadt Hangzhou aneinander. Es gab demnach Rangeleien und Wortgefechte zwischen Chinesen und der US-Delegation: "Ein Mitglied der chinesischen Delegation schrie Mitarbeiter des Weißen Hauses von dem Moment an, an dem die Mediengruppe das Rollfeld betrat", hieß es in Schilderungen von US-Journalisten. "Er wollte, dass die US-Presse verschwindet." Auch Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice beklagte, sie sei von chinesischen Beamten auf dem Rollfeld gestört worden.
Obama sprach von "Reibereien", weil die USA darauf bestünden, den Medien die Berichterstattung über den Gipfel zu ermöglichen. "Wir finden, dass es wichtig ist, dass die Presse Zugang zu der Arbeit hat, die wir hier machen und dass sie die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen", sagte Obama. "Und wir lassen unsere Werte und Ideale nicht zuhause, wenn wir diese Reisen machen."
China verbittet sich "unverantwortliche Bemerkungen"
Hinter diesen eher oberflächlichen Differenzen stehen handfeste politische Streitpunkte: Verärgert reagierte China etwa auf die Kritik von US-Präsident Barack Obama an chinesischer Vormachtpolitik in den Inselstreitigkeiten mit seinen Nachbarn. Das Außenministerium sprach von "unverantwortlichen Bemerkungen". Staats- und Parteichef Xi Jinping wies in seinen Gespräch mit Obama die Vorwürfe zurück und forderte die USA auf, vielmehr "eine konstruktive Rolle" bei der Wahrung von Frieden und Stabilität im Südchinesischen Meer zu spielen. China werde "unerschütterlich" seine territoriale Souveränität und maritimen Interessen schützen, warnte Xi.
Pekings Außenministerium warf den USA vor, "zweierlei Maß" anzulegen. Die USA hätten kein Recht, sich zu dem Inselstreit zu äußern, weil sie die Seerechtskonvention (UNCLOS) nicht einmal ratifiziert hätten, sagte ein Sprecher. Er reagiert auf ein Interview des US-Präsidenten mit dem US-Sender CNN, in dem Obama mit Blick auf das selbstbewusste chinesische Vorgehen und den Inselstreit Chinas mit seinen Nachbarn zur Zurückhaltung aufgerufen und vor "Konsequenzen" gewarnt hatte. China ignoriert ein Urteil des internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag, der die chinesischen Gebietsansprüche abgewiesen hatte.
Mit Nachdruck brachte Xi in seinem Gespräch auch den Widerstand gegen die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems THAAD in Südkorea vor. China betrachtet die Defensivmaßnahme als Bedrohung, obwohl sie sich gegen Provokationen Nordkoreas richtet. Xi forderte Obama auf, die strategischen Sicherheitsinteressen Chinas zu respektieren. Nach dem Empfang von führenden chinesischen Menschenrechtlern durch Sicherheitsberaterin Susan Rice im Weißen Haus hatte Xi auch Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten kritisiert und die chinesische Menschenrechtslage verteidigt.
Allein in der Klimapolitik schienen beide Präsidenten einig, nachdem sie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die formellen Dokumente zur Annahme des Paris Klimaabkommens übergeben hatten. Die Ratifizierung durch die beiden größten Wirtschaftsmächte wird als entscheidender Schritt gewertet, damit die Vereinbarung möglichst noch dieses Jahr in Kraft treten kann. Ziel ist es, die Erderwärmung unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten, auch wenn die nationalen Zusagen dafür bislang bei weitem noch nicht ausreichen.