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Russland beendet Kooperation im AllZurück zum Krieg um die Sterne

14.05.2014, 12:22 Uhr
imageEin Kommentar von Issio Ehrich
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Seit die USA ihr Space-Shuttle-Programm eingestellt haben, bringen russische Trägerraketen Material und Personal zur ISS. (Foto: REUTERS)

Die Internationale Raumstation ist mehr als ein Haufen hochmoderner Technik in der Erdumlaufbahn. Sie ist das schillerndste Symbol für das Ende des alten Ost-West-Konflikts. Russland gibt es wegen der Ukraine-Krise leichtfertig auf.

Man könnte es abtun als eine von vielen Provokationen zwischen Moskau und Washington in der Ukraine-Krise. Doch dass Russland die Zusammenarbeit bei der Internationalen Raumstation ISS aufkündigt, ist mehr als das.

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Der Außenposten der Menschheit im All: die Internationale Raumstation ISS. (Foto: picture alliance / dpa)

In 400 Kilometern Höhe kreist die ISS um die Erde. Mit zigfacher Schallgeschwindigkeit. Eine Umrundung alle 90 Minuten. Mehr als ein Dutzend Nationen beteiligen sich an dem Projekt. Die ISS ist so etwas wie der Außenposten der Menschheit im All. Weil auch Russland und die USA in der Raumstation zusammenarbeiten, ist sie aber vor allem eines: das schillerndste Symbol für das Ende des Kalten Krieges.

In längst überwunden geglaubten Tagen rivalisierten Ost und West nicht nur beim Bau immer stärkerer Atomsprengköpfe. Moskau und Washington lieferten sich auch ein Wettrüsten um die Vormachtstellung im All. Die Russen schickten den ersten Mann in den Orbit. Die Amerikaner konterten mit der ersten Mondlandung. Die Russen installierten mit der Saljut 1 die erste Raumstation. Die Amerikaner zogen mit Skylab nach. Welches Volk ist das erfindungsreichere? Welches das tollkühnere? Die Großmächte setzten Milliarden und Abermilliarden ein, um einander möglichst öffentlichkeitswirksam zu übertrumpfen.

Atomwaffenfreie Welt bleibt ein frommer Wunsch

Nach Perestroika und Glasnost allerdings reifte endgültig der Gedanke, dass Ost und West gemeinsam mehr erreichen können. Unter der Regentschaft von US-Präsident Bill Clinton und seinem russischen Kollegen Boris Jelzin vereinbarten die alten Feinde den Bau einer gemeinsamen Raumstation, der ISS. Weitere Staaten schlossen sich an - darunter Deutschland, Frankreich und Italien. Nukleare Sprengköpfe haben Washington und Moskau noch immer zuhauf, und die atomwaffenfreie Welt ist noch immer ein frommer Wunsch. Die ISS zeigt dagegen wie kein anderes Projekt, dass es auch nach Jahrzehnten der Rivalität möglich ist, zusammenzuarbeiten.

Als die USA wegen Moskaus Haltung zur Ukraine-Krise die Zusammenarbeit der NASA mit Russlands Roskosmos-Konzern einschränkte, nahm Washington die ISS nicht ohne Grund ausdrücklich von allen Sanktionen aus. Zum einen kann Washington die ISS nicht alleine betreiben. Aber, so ist es zumindest zu hoffen, auch die Symbolkraft des Projektes dürfte eine Rolle gespielt haben. Wenn der russische Vizeregierungschef Dmitri Rogosin nun sagt, dass sein Land die ISS künftig nicht mehr brauche und lieber wieder zu einem Alleingang zurückkehrt, dann ist das ein bitteres Signal.

Moskau will 2020 aus dem Projekt aussteigen. Das klingt banal in Zeiten, in denen die Raumfahrt nicht mehr höchste Priorität hat. Doch Moskau opfert ein wichtiges Symbol in einer sensiblen Zeit. Im All heißt es jetzt wieder: gegen-, nicht miteinander.

Quelle: ntv.de