Bankia deckt Milliardenverlust aufMadrid ruft den Spanien-Fonds

Die Zahlen sehen nicht gut aus: Das spanische Geldhaus Bankia rutscht im ersten Halbjahr tief in die Verlustzone. Der Rettungsfonds des Landes muss umgehend Geld nachschießen. Zu den Kreditausfällen gesellen sich weitere Probleme. Verunsicherte Bankia-Kunden ziehen ihre Ersparnisse ab. Und: S&P senkt den Daumen über Katalonien.
In Spanien spitzt sich die Lage zu: Die Regierung
in Madrid prüft eine schnelle Finanzspritze des staatlichen Rettungsfonds Fondo de Reestructuracion Ordenada Bancaria (Frob) für die angeschlagene
Großbank Bankia. Wirtschaftsminister Luis de Guindos gab das Vorgehen bei einer
Pressekonferenz bekannt. Die endgültige Entscheidung über die Hilfe solle jedoch von der
spanischen Zentralbank getroffen werden.
De Guindos betonte, es sei
nicht notwendig, dass die spanische Regierung für die Rekapitalisierung von Bankia
Hilfe der EU beantragen müsse. Die EU hatte im Juli Notkredite für die maroden spanischen
Banken im Volumen von bis zu 100 Mrd. Euro zugesagt. Die genaue Summe, die benötigt wird, ist allerdings noch unklar. Der entsprechende
Antrag der Spanier steht noch aus.
Fest steht allerdings, dass der Fall Bankia allen Beteiligten die Dringlichkeit des europäischen Rettungsschirms ESM vor Augen führt. Erst am Vortag hatte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier dazu aufgerufen, den Teufelskreis der gegenseitigen Abhängigkeit von Banken und Staaten mittels einer zu durchbrechen. Sein Vorstoß stieß in deutschen Regierungskreisen auf Widerstand.
Für den Fall, dass in Spanien schnelle Hilfe notwendig werden sollte, hat Brüssel vorgesorgt: Eine erste Tranche aus dem bereits zugesagten EU-Hilfspaket von 30 Mrd. Euro könnte bisherigen Angaben zufolge als Vorschuss sofort bereitgestellt werden.
Möglicherweise ist das nun auch dringend nötig: Der Rettungsfonds
Frob verfügt derzeit nur über ein Nettokapital von 4,1 Mrd. Euro. Fremdkapital zu besorgen dürfte dem Frob schwerfallen. Der Zugang zum Kapitalmarkt dürfte sich nicht viel anders gestalten als für den spanischen Staat, der bei der Ausgabe von Staatsanleihen seit Monaten enorme Risikoaufschläge aufbringen muss.
Die im Mai verstaatlichte
Großbank Bankia hat aufgrund einer tiefgreifenden Sanierung im ersten Halbjahr einen
Verlust von 4,45 Mrd. Euro verbucht.
Ein Jahr zuvor hatte die Bank im selben Zeitraum
noch einen Gewinn von 205 Mio. Euro gemacht.
Ein enormes Problem gestand die Bankia-Führung mit der Veröffentlichung einer weiteren Kennzahl ein: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres hoben verunsicherte Bankia-Kunden den Angaben zufolge knapp sieben Milliarden Euro von
Bankia-Konten ab. Die spanische Bankenkrise
war im Mai von der katastrophalen Lage bei Bankia ausgelöst worden. Die viertgrößte
Bank in Spanien benötigt für ihre Sanierung vom Staat bisherigen Einschätzungen zufolge mindestens 23,5 Mrd. Euro.
Spanien startet "Bad Bank"
Um die Bankenlandschaft in der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone zu stabilisieren, lagert Spanien die faulen
Wertpapierbestände seiner Geldhäuser künftig in einer neu eingerichteten Auffanggesellschaft aus. Die Maßnahme gilt als wichtiger Schritt zur Sanierung des maroden Finanzsektors: Die Gründung einer Bad Bank, die Schrottpapiere aus
dem maroden Bankensektor aufnehmen soll, ist eine zentrale Voraussetzung für die
Auszahlung der Milliarden-Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm.
Das neue Institut solle ab Ende November oder Anfang Dezember starten und für zehn bis 15 Jahre Bestand
haben, sagte Wirtschaftsminister de Guindos. Kurz zuvor hatte die Regierung
bei einer Kabinettssitzung eine Bankenreform beschlossen. Die Auslagerung maroder Wertpapiere soll nach
Worten von de Guindos für einen bestimmten Preis geschehen, den die spanische Zentralbank
festlegen soll.
Bankia ist nur der Anfang
Im Gegenzug für die Assets erhalten die Banken demnach Bargeld,
Schuldtitel oder Aktien, betonte de Guindos. Langfristig solle die Bad Bank Gewinne
machen. Ziel der Reform sei, dass die Anteilseigner für die Bankenrettung aufkämen,
sagte der Minister. Zudem sollten Privatinvestoren Anteile der Bad Bank übernehmen.
Mit dem jähen Ende des jüngsten Immobilienbooms in Spanien vor vier Jahren wuchs
der Berg an faulen Darlehen in den Depots der Banken rapide an. Das Land befindet sich in einer tiefen Rezession. Abgesehen vom Fall Bankia rechnen Beobachter damit, dass noch mindestens vier weitere der bereits vom Staat übernommenen Geldhäuser ebenfalls Finanzhilfen
benötigen dürften. Ihre Zahl könnte sich noch weiter erhöhen, heißt es in Branchenkreisen. Die Namen der betroffenen Geldhäuser dürften jedoch nicht
vor Ende September bekanntwerden. Dann soll eine unabhängige Untersuchung des spanischen
Bankensektors durch vier große internationale Buchprüfer vorliegen.
Neben der Schaffung der Bad Bank soll Guindos zufolge die Übernahme von Problembanken
erleichtert werden. Außerdem sehen die Pläne die Kürzung der Managergehälter von
Banken vor, die vom Staat gerettet wurden sowie ein Ende des Verkaufs komplexer
Wertpapiere an unzureichend informierte Anleger.
S&P stuft Katalonien herab
Der Fall Bankia ist nur ein Teil der spanischen Finanzprobleme. Mit neuen Schwierigkeiten sah sich die Regierung in Madrid auch an einer ganz anderen Baustelle konfrontiert: Die US-Ratingagentur Standard
& Poor's (S&P) stufte die Kreditwürdigkeit der hochverschuldeten spanischen
Region Katalonien um zwei Stufen auf "BB" herab. Und das noch nicht das Ende: Den Ausblick für Katalonien beließen die S&P-Analysten ausdrücklich auf "negativ".
Grund
für die Herabstufung seien die zunehmenden Spannungen zwischen der Region und der Zentralregierung, erklärte
die Agentur. Diese Spannungen könnten negative Auswirkungen auf die Fähigkeit Kataloniens
haben, sich zu finanzieren. Die Region hatte erst vor wenigen Tagen Finanzhilfen
in Höhe von fünf Milliarden Euro bei der Regierung in Madrid beantragt.