Politik

Alte Spiele aus dem Kalten Krieg Putins Poker mit Snowden

Putin genießt es offensichtlich, den USA Vorhaltungen zu machen.

Putin genießt es offensichtlich, den USA Vorhaltungen zu machen.

(Foto: dpa)

Russlands Präsident Putin beherrscht das Spiel perfekt. Als der US-amerikanische Whistleblower Snowden ausgerechnet in Moskau um Asyl bittet, ergreift er die Gelegenheit beim Schopf. Süffisant führt er die US-Amerikaner vor und gebärdet sich als Beschützer von Dissidenten. Dabei hat der russische Geheimdienst allen Grund, zu frohlocken.

Es hat alles nichts genutzt. Bislang nicht. Selbst dass Obama die Affäre um den abtrünnigen Computer-Experten Edward Snowden am vergangenen Wochenende zur Chefsache erklärt nicht. Eine schnelle Rückkehr von Edward Snowden in die USA ist erst einmal in weite Ferne gerückt.

Der 30-Jährige, der seit gut drei Wochen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo kampiert - so jedenfalls die offizielle Version - hat offiziell einen Antrag auf zeitweiliges Asyl in Russland gestellt. Kaum vorstellbar, dass der Kreml ihm das Asyl am Ende nicht auch gewährt. Bis zu drei Monate könne dies dauern. In dieser Zeit dürfe der Asylsuchende nicht ausgewiesen werden. So besagt es die russische Gesetzgebung. Snowden könne sich damit weiter im Transitbereich des Flughafens aufhalten oder in einem Aufnahmelager. Das gehört zum Spiel dazu. Zeit gewinnen und formale Begründungen vorschieben, warum eine Auslieferung nicht möglich ist.

Wladimir Putin hat seinen US-amerikanischen Amtskollegen für den Moment auflaufen lassen. Das wurde schon nach dem Telefonat der beiden Präsidenten vor wenigen Tagen deutlich. Das Weiße Haus agiert in der Sache Snowden überaus nervös. Das zeigt, dass das wirkliche Ausmaß des Abfließens von Geheimdienst-Know-How und Hochsicherheits-Informationen weiterhin nicht überschaubar ist. Eigentlich hätte Obama die Brüskierung durch Putin voraussehen müssen. Der Kreml-Chef, selbst ein alter Geheimdienstmann, beherrscht das Spiel perfekt.

Putins undurchsichtiges Spiel

Russland ist nicht Snowdens erste Wahl.

Russland ist nicht Snowdens erste Wahl.

(Foto: dpa)

Einerseits zeigt er Verständnis für die Position der USA und erklärt, dass Snowden aufhören müsse, den verbündeten US-Amerikanern weitere Enthüllungen anzudrohen. Schließlich seien die Vereinigten Staaten ein wichtiger Verbündeter. Es gibt eine Reihe von Vereinbarungen, die nach 9/11 eine Zusammenarbeit in Fällen wie diesem, vorsehen. Und eigentlich wäre es am besten, so Putin vor Studenten im Leningrader Gebiet, wenn Snowden Russland bei der nächstbesten Gelegenheit wieder verlassen würde.

Andererseits schiebt Putin im gleichen Atemzug Richtung Washington hinterher: "Sie haben alle anderen Länder so in Angst versetzt, dass ihn niemand möchte. Und auf diese Weise haben sie ihn auf unserem Territorium blockiert".

Ja, was denn nun? So oder so?

Für die Russen stellt sich die Frage so nicht. Denn längst geht es nicht mehr um den Computer-Mann. Die US-Amerikaner vorführen und sich selbst als Schutzmacht für einen mutmaßlichen westlichen Dissidenten aufspielen, der perfide Praktiken der Geheimdienste offenlegt ... Das ist es, was der Kreml will. Und das solange wie möglich.

Justiz drangsaliert Kreml-Gegner

Dass dies angesichts innenpolitischer Praktiken unglaubwürdig ist - egal. In Kirow wird dem bekannten Blogger und Oppositionellen Alexej Nawalny gerade der Prozess gemacht. Er muss wegen angeblicher Unterschlagung von 10.000 Kubikmetern Holz mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen. Und der vor drei Jahren unter ungeklärten Umständen in der Haft ums Leben gekommene Anwalt und Kreml-Kritiker Sergej Magnitzki wird posthum wegen mutmaßlichen Steuerbetrugs verurteilt.

Bereits wenige Tage nach seiner Absetzung und der Ankunft in Moskau hatte sich angedeutet, dass eine Weiterreise nach Venezuela, Bolivien oder Nicaragua nicht so einfach werden würde und Russland die Affäre auf eine ganz andere Ebene heben will.

Seitdem wird gepokert, fast wie in alten Zeiten. Wenn es stimmt, dass der russische Geheimdienst noch nicht mit Snowden gesprochen hat, hätte er seinen Job schlecht getan. Die Versuchung ist riesig, die Computer von Snowden zu scannen und ihn dazu zu befragen. Wahrscheinlich ist dies längst schon passiert.

Genauso wahrscheinlich ist, dass US-Geheimdienstler in Moskau alle Verbindungen spielen lassen, um an Snowden oder sein augenblickliches Umfeld heranzukommen.

Nach außen behaupten beide, man wolle keine Neuauflage alter Spiele aus dem Kalten Krieg. Genau darauf läuft es im Augenblick aber hinaus.

Quelle: ntv.de

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