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Schulterschluss beim Benzin-Gipfel E10 wird durchgesetzt

Diese Schilder sorgen für Turbulenzen an der Tankstelle. Mit besseren Informationen wollen die Teilnehmer des Benzin-Gipfels nun die Verbraucher beruhigen.

Diese Schilder sorgen für Turbulenzen an der Tankstelle. Mit besseren Informationen wollen die Teilnehmer des Benzin-Gipfels nun die Verbraucher beruhigen.

(Foto: REUTERS)

Mit einem Schulterschluss endet der so genannte Benzin-Gipfel im Wirtschaftsministerium, bei dem Politik, Wirtschaft und Verbände über das entstandene Chaos rund um die neue Kraftstoffsorte E10 beraten haben. Die Verbraucher sollen mit besseren Informationen überzeugt werden.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) weiß selbst nicht so genau, ob sein 13 Jahre altes Auto Biosprit-tauglich ist. Am Dienstag stellt er nach dem "Benzingipfel" die für Millionen Autofahrer entscheidende Frage: "Verträgt mein Motor E10 oder verträgt er es nicht?" Nachdem er an Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) vorbei das Spitzentreffen von Politik und Wirtschaft einberufen hatte, muss er Röttgen nun weitgehend den Vortritt lassen.

Wirtschaftsminister Brüderle marschiert vor, aber Umweltminister Röttgen geht in Sachen E10 in die Offensive.

Wirtschaftsminister Brüderle marschiert vor, aber Umweltminister Röttgen geht in Sachen E10 in die Offensive.

(Foto: dapd)

Hinter verschlossenen Türen wurde kontrovers diskutiert. Von teils skurrilen Diskussionen war die Rede. So habe ausgerechnet der Mineralölwirtschaftsverband eine Umfrage präsentiert, wonach die Mehrheit der Autofahrer E10 ablehne. Doch bei der anschließenden Pressekonferenz lässt CDU-Vize Röttgen keinen Zweifel: Der Biosprit bleibt. Er holt die große Keule raus und listet die Folge der Alternativen auf, wenn man weiter einseitig auf Öl setze. Ein Gaddafi als Lieferant, der in Libyen sein eigenes Volk bombardiere. "Das Bioethanol braucht den Vergleich mit Gaddafis Öl nicht zu scheuen." Und er fragt, ob denn schon die schlimmen Bilder der Ölpest im Golf von Mexiko vergessen seien? Brüderle betont, alle seien sich einig, dass alle nun besser informieren müssen.

E10 erst bei 40 Prozent

Schon an Tankstellen soll ein Blick in die 23 Seiten lange Liste der Deutschen-Automobil-Treuhand (DAT) möglich sein, wo alle E10-verträgliche Modelle aufgeführt sind. Und die Automobilhersteller wollen haften, wenn der Motor E10 doch nicht verträgt. Lässt sich das Projekt noch ins Positive fahren? Aus Teilnehmerkreisen heißt es: Wenn alle sich an das halten, was vereinbart ist. Das entscheidet sich in den nächsten Tagen. Bisher ist E10 weit hinter den Erwartungen zurück: Nur knapp 40 Prozent des verkauften Super-Kraftstoffs sind bisher E10 statt der erwarteten 90 Prozent, teilte Röttgen mit.

Doch wie lange hält die mühsam kreierte Einheitsfront? Klaus Picard, einflussreicher Chef-Lobbyist der Mineralölbranche, gibt sich reumütig und verspricht mehr Werbung: "Das Produkt wartet", sagt er mit Blick auf volle E10-Tanks in Raffinerien und an Tankstellen. Doch dass jetzt auch rasch die Einführung an den noch rund 8000 E10-freien Tankstellen startet, sagt er nicht.

Umweltverbände wettern

Es gibt also einen Aufschub. Bei E10 geht es aber um mehr, weshalb der Biosprit bisher wenig Freunde hat. Keiner weiß, ob der "Benzingipfel", der vom ökologischen Verkehrsclub VCD wegen der mauen Ergebnisse als "Höhepunkt des Berliner Karnevals" tituliert wurde, weiterhilft. Denn es geht um Grundsätzliches.

Haften die Hersteller auch nach fünf, sechs Jahren noch bei Motorschäden? Das steht bisher nicht zur Debatte. Es gibt Sorgen, mit E10 werde die Abholzung der Regenwälder forciert. Und viele denken, E10 sei in Sachen Klimaschutz eine Mogelpackung. "Allein ein Tempolimit von 120 auf deutschen Autobahnen und die Produktion sparsamer Autos würde mehr Klimagase reduzieren als alle Biokraftstoffe", sagt BUND-Chef Hubert Weiger. Für viele Autofahrer ist es auch ein Argument, dass sich mit E10 weniger Strecke zurücklegen lässt als mit dem alten Super-Benzin.

Ölwirtschaft würde gerne zurück

Allein in einer der größten deutschen Raffinerien in Schwedt an der Oder wurden im Februar 40.000 Tonnen E10 hergestellt. Die Produktion haben sie dort inzwischen gedrosselt, weil die Tankstellen in und um Berlin so viel Biosprit nicht anfordern. BP verzichtet erstmal darauf, die Raffinerie Gelsenkirchen auf E10 umzustellen. Beim stattdessen getankten und acht Cent teureren Super Plus herrschen hingegen teils massive Engpässe.

Die Konzerne würden ohne weiteres zum alten Super-Benzin mit fünf Prozent Ethanol zurückkehren, das paradoxerweise immer ohne Aufschrei getankt wurde. Sie fordern aber, dass die Regierung ihnen keine Strafzahlungen aufbrummt, falls sie ohne E10 die Biokraftstoffquote von 6,25 Prozent nicht erfüllen.

Biospritbranche bangt um Investitionen

Aus der Biospritbranche hieß es am Rande des Treffens: Die größte Sorge sei es, dass die Biokraftstoffquote von derzeit 6,25 Prozent gesenkt wird. "Das wäre ein Riesensieg für die Mineralölindustrie und eine Niederlage für den Klimaschutz." Millioneninvestitionen wären gefährdet. Als am vergangenen Donnerstag die Nachricht von einem Stopp der weiteren E10-Einführung die Runde machte, rauschte erstmal die Aktie des Biosprit-Herstellers Crop-Energies aus Mannheim in den Keller.

In der E10-Debatte wurde trotz Libyen-Krise wenig darüber geredet, wie es ohne weniger Öl gehen soll. Claus Sauter, Chef des Verbands der Biokraftstoffindustrie, betont, man führe die Diskussion wie vor drei Jahren. Damals hatte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einen ersten E10-Anlauf abgesagt. Deutschland habe inzwischen mit die strengsten Nachhaltigkeitsregelungen beim Biosprit. Mit Blick auf die "Tank-Teller-Debatte" sagt er: "An der Weltagrarfläche haben Biokraftstoffe einen Anteil von 1,5 Prozent." Für deutsches Bioethanol würden zudem keine Regenwälder abgeholzt.

Quelle: ntv.de, DJ/dpa

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