Kleinvieh macht ja auch Mist Kann man mit der Tank-App sparen?
18.02.2014, 11:32 Uhr
Die Tankapp gibt einen guten Überblick über die Preislage an den einzelnen Zapfsäulen.
Wer beim Geldausgeben sparen will, muss Preise vergleichen, heißt es in jedem Ratgeber zu allen erdenklichen Themen. Beim Tanken kann man das mit sogenannten Spritspar-Apps. In Deutschland soll sie jeder Vierte nutzen. Aber bleibt am Ende wirklich mehr im Portemonnaie?
Was für Milch und Joghurt, Pauschalurlaube und Gebrauchtwagen gilt, gilt erst recht beim Tanken. Nur wer vergleicht, wird auch den besten Preis finden. Glücklicherweise wird es dem Kraftstoff-Knauser heutzutage wirklich leicht gemacht – zahlreichen Spritspar-Apps für das Handy sei Dank. Doch funktioniert der Preisvergleich auch wirklich? Und lässt sich so überhaupt Geld sparen? Ein zweiwöchiger Versuch.
Mit der richtigen App geht es los
Ein großer Aufwand war es nicht: ein Smartphone, ein mit gängigen Kraftstoffen betankbares Auto - das war's. Und eine ausreichende Zahl von Tankstellen entlang des täglichen Arbeitsweges. Allein ist der Sparer nicht, wie eine aktuelle Allensbach-Umfrage zeigt. Demnach nutzt rund jeder vierte Deutsche den Spritpreisvergleich per App. Bei den unter 30-Jährigen sind es sogar fast 40 Prozent.
Bevor es mit dem Sparen losgehen kann, steht aber die Auswahl der richtigen App an. Wer die Daten der im Herbst eingerichteten "Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS)" nutzen will, muss sich vorerst auf sechs der kleinen Handy-Programme beschränken. Zwar führt das für die MTS zuständige Bundeskartellamt auf seiner Homepage 13 Informationsdienste auf, 5 davon veröffentlichen die Daten aber bis dato nur im Internet. Eine der Apps ist sogar kostenpflichtig. Für welchen Mehrwert gegenüber der Gratis-Konkurrenz die 1,80 Euro ausgegeben werden sollen, erschließt sich aus der Beschreibung im Online-Shop nicht. Deswegen kann diese App getrost ignoriert werden.
Die sechs übrig gebliebenen Kandidaten sind von Aufbau und Funktion sehr ähnlich. Die Preisangaben sind identisch, denn sie stammen aus derselben Quelle. Das gilt zumindest für die Spritsorten Super E5, Super E10 und Diesel. Die Daten für andere Kraftstoffarten stammen wie zuvor von der Nutzer-Community und leiden unter den bekannten Problemen: Vor allem für wenig frequentierte Tankstellen sind sie häufig nicht besonders aktuell.
Preise stimmen bei allen
Unterschiede gibt es zumindest für die Nutzer von Standard-Sprit also nur in Details. "Clever tanken" etwa überzeugt durch die sehr übersichtliche Oberfläche, die Apps von ADAC und T-Online legen den Fokus eher auf gutes Aussehen, sind aber auch auf kleinen Handy-Bildschirmen ausreichend gut zu bedienen. Letztere gibt auch eine Prognose zur kurzfristigen Preisentwicklung und nennt die beste Tankzeit. Die ADAC-App weist einem dafür über eine Navi-Funktion den Weg zur billigsten Zapfsäule. Letztlich spricht bei ausreichend großem Handy-Speicher nichts dagegen, mehrere der kostenlosen Programme gleichzeitig herunterzuladen und alle bis auf den persönlichen Favoriten nach und nach zu löschen.
Im Test stimmen die Preise bei allen Apps auf den Zehntel-Cent genau. Pech kann man lediglich haben, wenn sie gerade ganz frisch geändert wurden. Denn die rund 14.000 meldepflichtigen Tankstellen haben fünf Minuten Zeit, neue Preise an die MTS weiterzuleiten. Und dann vergehen noch einmal ein paar Sekunden, bis die Daten auf dem Handy sind.
Allerdings laufen die Preisänderungen täglich nach einem ähnlichen Muster: Zwischen 0 und etwa 4 Uhr ist Sprit an den Tankstellen am teuersten, dann sinken die Preise kontinuierlich und gleichmäßig bis circa 19 Uhr. Anschließend geht es in recht steilen Stufen wieder rauf auf den Höchstwert. Die Differenz zwischen beiden Polen liegt dabei regelmäßig zwischen 8 und 9 Cent pro Liter, sowohl für E10 als auch bei Diesel. Der ADAC, der seit Jahren die Spritpreisentwicklung analysiert, bestätigt die Beobachtung und ihre Gültigkeit für das gesamte Bundesgebiet. "Die Tankstellen marschieren zurzeit alle im Gleichschritt, Ausreißer gibt es selten – allenfalls zur Weihnachtszeit haben einige Anbieter im Alleingang die Preise erhöht", so Andreas Hölzel, beim Automobilclub zuständig für die Preis-Statistik. Ob die gleichförmigen Bewegungen nun ein Effekt der MTS sind, kann er aber noch nicht sagen. Auch die Bundesregierung will erst das Jahr abwarten, bevor sie Sinn oder Unsinn der Preismeldestelle bewertet.
Tanken erst nach Feierabend
Zum Beherzigen der ersten Spar-Regel braucht es daher im Moment keine App. Tanke immer erst nach Feierabend, heißt sie. Der Online-Helfer kann aber immer noch Hilfestellung bei der Auswahl der Zapfstelle geben. Ist es an Start oder Ziel günstiger? Fährt man die freie Tankstelle oder den Markenbetrieb an? Allerdings sind die Preisunterschiede zumindest in den Abendstunden an nahe beieinander liegenden Tankstellen kaum vorhanden – hier schaut man sich schon vorher gegenseitig auf die Preistafeln. Mit der MTS geht das nun sogar, ohne bei der Konkurrenz vorbeifahren zu müssen.
Ist die Entfernung zwischen zwei Tankstellen aber groß genug, also etwa 50 Kilometer, können die Preise um einen, seltener um zwei Cent, variieren. Das auszunutzen lohnt sich, weil dabei kein großer Umweg anfällt. Weniger sinnvoll ist es, für billigen Sprit weit zu fahren. Bei einer Differenz von zwei Cent pro Liter etwa liegt der Unterschied für eine komplette Kompaktwagen-Tankfüllung (meist ungefähr 50 Liter) bei einem Euro. Gesetzt, dass ein sparsames Dieselauto in der Kompaktklasse mit fünf Litern pro 100 Kilometer auskommt, kann man sich einen Umweg von knapp 15 Kilometern leisten, bis der Sparversuch zum Nullsummenspiel wird. Das lohnt sich kaum, vor allem, wenn man Zeitverlust und Verschleiß im Geiste gegenrechnet. Die Kosten-Nutzen-Rechnung stellt aber leider keine der Apps an, so dass nur bei wirklich großen Preis-Unterschieden und komplett leerem Tank vom direkten Weg abgewichen werden sollte.
Am Ende bleibt was über
Nach Ablauf der zwei Wochen kommt der Kassensturz. Der Kilometerzähler zeigt knapp 1500 Kilometer mehr als zu Beginn des Tests, verfahren wurden rund 85 Liter Sprit, gekauft an fünf verschiedenen per App ausgesuchten Tankstellen. Bei rund 50 Litern konnte ein Preisvorteil ausnutzt werden, der allerdings immer nur bei einem Cent lag. Macht also 50 Cent Spar-Gewinn in zwei Wochen.
Hochgerechnet auf ein Jahr kann ein Vielfahrer (mehr als 30.000 Kilometer pro Jahr) mit der App rund 10 bis 15 Euro sparen. Sollten sich die aktuell nahe beieinander liegenden Spritpreise wieder weiter spreizen, wäre vielleicht sogar noch mehr drin. Das, was dann übrig bleibt, reicht locker für einen Kaffee und eine Bockwurst an der Autobahn-Tankstelle.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x