Sport

Volleyballerinnen verlieren lächelnd Der Gold-Traum endet mit einem Silberstreif

Das deutsche Team bejubelte den starken zweiten Platz.

Das deutsche Team bejubelte den starken zweiten Platz.

(Foto: AP)

Die Kulisse ist bereit, doch die Sensation bleibt den „Schmetterlingen“ verwehrt. Im Finale der Volleyball-Europameisterschaft im eigenen Land platzt der Traum von Gold gegen starke Russinen. Lange traurig sein will aber niemand im deutschen Team.

Maren Brinker am Netz.

Maren Brinker am Netz.

(Foto: dpa)

Sie entschieden sich, zu jubeln. Und es war eine gute Entscheidung. Ausgelassen hüpften die deutschen Volleyballerinnen auf das Siegerpodest – auch wenn sie nicht so hoch springen mussten, wie sie es gern gehabt hätten.

Zu souverän krönten sich die russischen Weltmeisterinnen im Finale der Heim-EM in Berlin mit 3:1 auch zu den Besten Europas. Zurück blieb für die deutschen Spielerinnen das zweite EM-Silber in Folge – und das Gefühl, dass vielleicht doch mehr drin gewesen wäre. „Wir waren nicht chancenlos, die Russinnen waren auch nicht super“, fand Heike Beier: „Aber es hat noch was gefehlt.“

Russland war als klarer Favorit in das Spiel gegangen: Im Halbfinale gelang gegen den da noch amtierenden Europameister Serbien ein überzeugendes 3:0. Bundestrainer Giovanni Guidetti hatte geunkt, seine Damen bräuchten schon etwas „Besonderes“, um den Traum vom Gold zu verwirklichen. Von zehn Spielen gewänne Russland neun. Aber dieser eine Sieg, hoffte Guidette, sollte in Berlin gelingen. Die Kulisse hatte das Potenzial zum X-Faktor. 8500 Fans und gefühlte 40.000 Watt aus den Boxen in der Max-Schmeling-Halle entfachten eine Stimmung, als wäre das Oktoberfest vorzeitig gestartet.

Mit Kozuch zum Ausgleich

Doch zu Beginn stellte das deutsche Team die Fans auf eine Geduldsprobe. Es ist guter Brauch beim Volleyball, bis zum ersten Punkt der eigenen Mannschaft stehen zu bleiben. Und Russland ließ die Max-Schmeling-Halle erst einmal stehen. Es dauerte bis zum fünften Ballwechsel, erst dann durften die Fans zum ersten Mal jubeln - und sich setzen. Über 5:5 und 11:11 entwickelte sich ein enger Schlagabtausch. Das lag auch daran, dass die Russinnen sich leichte Unaufmerksamkeiten erlaubten. Doch den satzentscheidenden Fehler macht Kathleen Weiß mit einem schwachen Zuspiel, das den Russinnen ein Break zum 22:24 ermöglichte. Den zweiten Satzball nutzte die starke Natalija Obmochaeva zur 1:0 Führung.

Hochkonzentriert begannen die Deutschen den zweiten Satz, beim 4:2 holten sie ihre erste 2-Punkte-Führung im gesamten Spiel. Russland wirkte nun fahrig, beim 6:2 ging keine Spielerin zum freien Ball, Aufschläge landeten im Netz, so dass die Deutschen sich auf 15:9 absetzen konnte. Beim 19:13 gab Giovanni Guidetti sogar seiner Kapitänin Margarete Kozuch eine Pause. Doch ohne sie lief es nicht, nach drei russischen Punkten kam sie wieder – und mit Kozuch an Bord gelang den „Schmetterlingen“ der Ausgleich. Es war erst der dritte Satz, den Russland im gesamten Turnier abgeben musste.

„Es war nichts mehr da“

Die Russinnen waren verdiente Siegerinnen.

Die Russinnen waren verdiente Siegerinnen.

(Foto: dpa)

Im dritten Satz konnte sich kein Team entscheidend absetzen – auch nicht, als ein umstrittener Videobeweis beim Stand von 9:9 Giovanni Guidetti zum Kochen brachte und Margarete Kozuch sich eine Gelbe Karte einhandelte. Beim Stand von 23:23 brachte schließlich Russland seine Angabe durch, und nutzte den Satzball zum 23:25. „Man muss gegen Russland jede kleine Chance nutzen, das haben wir nicht geschafft“, sagte Trainer Guidetti nach dem Spiel

Zu Beginn des vierten Satzes gingen dann kurz die Lichter in der Halle aus - und dieses schlechte Omen schien sich auf dem Platz zu bewahrheiten. Schnell hieß es 1:4, im deutschen Spiel häuften sich die Missverständnisse.  „Wir haben im Turnier viel Kraft gelassen“, sagte Angreiferin Christiane Fürst. „Im letzten Satz war einfach nichts mehr da.“ Zwar nahm Guidetti bei 2:6 eine Auszeit, aber der folgende Aufschwung währte nur kurz. „Schaffen wir“, peitschte Kapitänin Kozuch ihr Team nach dem Punkt zum 7:8 auf dem Feld zwar an. Aber es nutzte nichts. Russland, das plötzlich fehlerfrei und im Block gnadenlos agierte, dominierte nun. Deutschland konnte die russischen Punkte nicht mehr verhindern. „Normalerweise hat meine Mannschaft einen guten Block“, sagte Guidetti. „Aber heute hatten wir Probleme.“ Es war der entscheidende Unterschied.

Bei 7:14 wurde es stiller in der Halle. Zwar kämpfte sich das deutsche Team nochmal auf 11:16 heran, aber die Annahme war in dieser Phase zu schwach, die Angreiferinnen kamen kaum noch zu sauberen Schmetterbällen. Bei 13:21 war das Finale verloren, nach dem 14:25 lagen sich die Russinnen in den Armen – die Deutschen wischten sich Tränen aus den Augen.

Der Blick geht nach vorn

Kapitänin Kozuch, im Turnier stets die lautstarke Vorkämpferin, schüttelten Weinkrämpfe. Sie musste sich von Kathleen Weiß trösten lassen. Doch schnell schalteten die deutschen Spielerinnen auf Jubel um, und tanzten unter dem Beifall der 8500 im Kreis. Bei der Siegerehrung lachten die deutschen Volleyballerinnen schon wieder wie Siegerinnen. Gold verloren, Silber und Sympathien gewonnen.

 „Wir sind alle glücklich, dass wir Volleyball in Deutschland zeigen durften“, sagte Kapitänin Kozuch. Kollegin Christiane Fürst hofft, was alle medialen Randsportler hoffen - dass sich etwas vom EM-Hype und Rampenlicht herüberretten lässt in die neue Saison. Dass die EM mehr ist als ein kurzer silberner Rausch, nämlich  „ein kleiner Baustein für die Zukunft“.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen