Sport

Schadensersatz für unrechtmäßige Dopingsperre? Pechstein fordert Millionenbetrag

Will sich die - ihrer Meinung nach unrechtmäßige - Dopingsperre vergolden lassen: Claudia Pechstein

Will sich die - ihrer Meinung nach unrechtmäßige - Dopingsperre vergolden lassen: Claudia Pechstein

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Claudia Pechstein verlangt in einem "historischen Prozess" Satisfaktion für ihre zweijährige Dopingsperre - und will ganz nebenbei die Sportgerichtsbarkeit revolutionieren.

Größter Schadensersatzprozess der deutschen Sportgeschichte oder doch nur ein Schlag ins Wasser: Claudia Pechstein steht vor dem Finale ihres jahrelangen Kampfes um Rehabilitation. Die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin fordert wegen ihrer zweijährigen Sperre ab dem kommenden Mittwoch vor dem Münchner Landgericht vom Weltverband ISU und der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) eine einstellige Millionensumme an Schadensersatz.

"Das ist der größte Fall, der in dieser Art in Deutschland verhandelt wurde und wird bestimmt Sportgeschichte schreiben", sagte Pechsteins Anwalt Thomas Summerer. Der Münchner Advokat hatte 1996 schon 1,2 Millionen Mark für die ehemalige Weltklasse-Sprinterin Katrin Krabbe rausgeholt. "Der Fall Krabbe hat sieben Jahre gedauert. Das war aber auch der erste große Fall dieser Art in Deutschland. Das muss nicht wieder so kommen", sagte Summerer.

"Ich muss dabei in erster Linie an mich denken"

Bundespolizistin Pechstein selbst gab sich 959 Tage nach Ablauf ihrer Sperre zuversichtlich. "Ich bin stolz darauf, dass wir so weit gekommen sind. Ich freue mich darauf, dass mein Fall endlich von einem deutschen Zivilgericht behandelt wird", sagte die 41-Jährige. Die Berlinerin, die mittlerweile wieder zur Weltspitze gehört und im Februar in Sotschi ihre sechsten Olympischen Spiele erleben will, war 2009 wegen erhöhter Blutwerte und ohne positiven Dopingtest von der ISU für zwei Jahre gesperrt worden.

Am Mittwoch wird das Landgericht in München prüfen, ob es den Fall überhaupt annimmt. Sollte es so sein, wird der Richter wohl einen Vergleich vorschlagen. "Wenn da etwas Vernünftiges von der ISU kommt, insbesondere eine Entschuldig ung mit Schadensersatz, würden wir darauf eingehen", sagte Summerer. Die Dauer des Verfahrens hängt davon ab, wie viele Zeugen vernommen werden müssen. Sollte das Gericht ablehnen, zieht die sechsmalige Weltmeisterin vor das Oberlandesgericht.

Dass die massiven Geldforderungen die Verbände an den Rand ihrer Existenz bringen könnten, beunruhigte Pechstein nicht. "Ich muss dabei in erster Linie an mich denken", sagte die 41-Jährige. Obwohl insbesondere die DESG finanziell aus dem letzten Loch pfeift, wollte Summerer von einer möglichen Liquidation nichts wissen. "Da gibt es ja auch noch Dachorganisationen, wie den DOSB, die in solchen Fällen einspringen könnten."

Die DESG zumindest reagierte gelassen auf die Klage. "Das ist eine Situation, die wir nicht verursacht haben. Der Kompliziertheit liegt ein Fehlurteil zu Grunde", sagte DESG-Präsident Gerd Heinze, der Pechstein stets unterstützte. Der Weltverband indes äußerte sich - wie in all den Jahren - nicht. "Dort geht man davon aus, dass der Fall durch das Sportgericht in der Schweiz abgeschlossen ist", sagte Summerer.

"Alle Gutachter sind eingeknickt"

Pechsteins Strategie zielt auf ein möglicherweise fehlerhaftes Vorgehen des Internationalen Sportgerichtshof CAS ab. Der CAS als letzte sportgerichtliche Instanz hatte die zweijährige Sperre von Pechstein wegen angeblichen Blutdopings bestätigt. "Wir halten den CAS für kein echtes Schiedsgericht. Wir haben den CAS angegriffen als Institution, weil er weit hinter den rechtstaatlichen Standards deutscher Gerichte zurücksteht", sagte Summerer.

Pechsteins Anwalt listete eine Mängelliste auf, die das Verhalten des CAS ausgezeichnet haben soll. So sei Hauptgutachter Dr. Pierre Sottas zur Hauptverhandlung nicht erschienen, womöglich weil er kurz zuvor erklärt hatte, dass die erhöhten Blutwerte bei Pechstein nicht allein auf Doping zurückzuführen seien. Und ISU-Gutachter Giuseppe D'Onofrio hatte erst am vergangenen Mittwoch erstmals erklärt, dass bei der Läuferin die vom Vater vererbte Blutanomalie Grund für die Blutwerte sein könnte. "Alle Gutachter sind eingeknickt", sagte Summerer.

Nicht zuletzt auch deshalb, weil mehrere namhafte Mediziner Pechstein eine Anomalie bescheinigten, dürften die Chancen der Bundespolizisten in der Verhandlung in der Tat deutlich gewachsen sein. Allerdings wird sich das Landgericht auch darüber im Klaren sein, dass durch eine Entscheidung pro Pechstein die internationale Sportgerichtsbarkeit mehr als in Frage gestellt wird. Nachahmer werden schnell auf den Geschmack kommen, die Autorität der Verbände und des CAS anzuzweifeln - das Chaos wäre programmiert.

Quelle: ntv.de, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen