Technik

Keine Angst vorm Nikolaus? HTC kurz vor Verkaufsverbot

Verschwinden bald HTC-Smartphones aus deutschen Handy-Shops? Der Patentverwerter IPCom will jedenfalls schnell Nägel mit Köpfen machen und ein Urteil aus dem Jahr 2009 vollstrecken. HTC bestreitet hingegen eine Patentverletzung durch die aktuellen Geräte, hat aber nur noch wenige Tage Zeit, eine Vollstreckung aufzuhalten.

Der Patentverwerter IPCom will den Verkauf von Smartphones des Herstellers HTC in Deutschland schnell stoppen. Die Firma forderte HTC auf, den Vertrieb UMTS-fähiger Mobiltelefone ohne Beschränkung auf bestimmte Modelle umgehend einzustellen. Eine Weigerung könnte HTC teuer zu stehen kommen: Laut Urteil aus dem Jahr 2009, das IPCom jetzt vollstrecken will, werden für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu 250.000 Euro fällig. Als Rechnungsfrist setzte IPCom bereits den 5. Dezember fest. HTC erklärt im Gegenzug, es gebe keine Grundlage für ein Verkaufsverbot.

Die Firma IPCom, der das UMTS-Patentportfolio des Elektrokonzerns Bosch gehört, leitete die Vollstreckung ein, nachdem HTC die Berufung gegen das Urteil des Mannheimer Landgerichts von 2009 am 25. November fallenließ. IPCom wirft HTC die Verletzung eines Patents vor, mit dessen Hilfe Verbindungen je nach Wichtigkeit in verschiedene Gruppen gestaffelt werden, was unter anderem bei Notfällen wichtig sein kann.

HTC verharmlost Situation

Der Hersteller aus Taiwan betonte, man sehe keine Basis für einen Vertriebsstopp. Man habe nach einem Urteil zur Verletzung eines IPCom-Patents inzwischen die "Integration der UMTS-Standards modifiziert", hieß es. "Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass das Mannheimer Gericht erneut eine einstweilige Verfügung verhängt, wird das keine Auswirkungen auf den Verkauf von HTC-Smartphones in Deutschland haben", erklärte HTC. Zudem habe das Bundespatentgericht inzwischen die von IPCom geltend gemachten Punkte des Patents für ungültig erklärt. Schließlich habe sich das Mannheimer Urteil nur auf ein HTC-Smartphone bezogen, das inzwischen nicht mehr in Deutschland verkauft werde.

IPCom wies diese Darstellung kategorisch zurück. "Wir sehen darin einen massiven Versuch, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen", sagte Geschäftsführer Bernhard Frohwitter. Das Patent sei in vollem Umfang gültig, da beide Seiten Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts eingelegt hätten und dieses damit noch nicht wirksam sei. Auch sei es falsch, dass nur ein Smartphone-Modell von dem Landgerichts-Urteil betroffen sei: "Der Urteilsspruch ist ganz eindeutig uneingeschränkt."

Experte gibt HTC kaum Chancen

Der renomierte Patentexperte Florian Müller von "Foss Patents" stimmt weitgehend mit der Position von IPCom überein. Auch er sieht den Spruch des Bundespatentgerichts "für schätzungsweise zwei weitere Jahre" als nicht wirksam an. Die Behauptung, von dem Urteil sei nur ein einziges Smartphone betroffen, findet er "absolut unglaublich". Im Gegenteil, alle HTC-Telephone, die den 3G-Standard (UMTS) einsetzen, seien betroffen, betont er.

Die HTC-Aussage, man habe die Integration des UMTS-Standards so modifiziert, dass kein IPCom-Patent mehr verletzt werde, hält Müller für den Knackpunkt des Verfahrens. Er schreibt, dass HTC dies dem Gericht noch plausibel belegen muss. Er bezweifelt, dass die Koreaner dazu in der Lage sind, da sie dies bereits im März 2009 angekündigt hätten und seitdem den Beweis schuldig geblieben seien.

Essentielles Patent

Das Patent, um das es in diesem Fall geht (Europäische Patentnummer EP 1186189), gehört fest zum Grundstock des UMTS-Standards. Laut IPCom kann es als sogenanntes "standard-essenzielles" Patent nicht einfach so umgangen werden. Es sei "sehr, sehr schwierig", eine Alternativlösung zu entwickeln, sagte Frohwitter. HTC habe sie seit einem Jahr angekündigt, aber nie in den Verfahren demonstriert. Eine Analyse der Umgehungslösung vor Gericht könnte die Vollstreckung zwar verzögern, IPCom rechnet aber auch in diesem Fall mit einer raschen Entscheidung. Möglich ist aber auch noch, dass HTC für die Lizenz ein für IPCom akzeptables Angebot macht. Denn für essentielle Patente muss der Inhaber die Lizenz für eine "angemessene" Gebühr erteilen.

IPCom wirft die Verletzung dieses Patents auch dem finnischen Handy-Weltmarktführer Nokia vor. Dieser Streit dauert in mehreren Ländern noch an. IPCom übernahm 2007 die Mobilfunk-Patente des Elektrokonzerns Bosch, der seinerzeit maßgeblich an der Entwicklung des Datenfunk-Standards UMTS beteiligt war.

Quelle: ntv.de, kwe/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen