Keine Updates, keine Sorgen Mein Leben mit dem iPhone 3GS
01.10.2014, 18:55 Uhr
Treffen der Generationen: Das iPhone 3GS und das iPhone 6 Plus.
(Foto: kwe)
Viele Menschen fragen sich derzeit, ob es der richtige Zeitpunkt ist, vom iPhone 5 oder einem älteren Modell aufs iPhone 6 umzusteigen. Für mich stellt sich diese Frage nicht. Ich habe ein iPhone 3GS und ich bleibe dabei.
2010 sah die Welt für mich noch ganz anders aus: Ich war 17, ging zur Schule, in den USA herrschte Obamamania und die Krim gehörte zur Ukraine. Unter dem Namen Klitschko kannte man noch zwei Boxer und im Nahen Osten machte man Jagd auf einen gewissen Osama bin Laden. Damals gewann ich eine Wette gegen meinen Vater und damit ein funkelnagelneues iPhone 3GS, schwarz, mit silbernem Rand. Knappe zwölf Zentimeter lang und sechs breit, ein wahres Prachtstück. Davor hatte ich ein Samsung SGH d500 gehabt, ein Tastengerät mit Schiebe-Display, und mein neues Smartphone fühlte sich im Vergleich dazu an, als käme es geradewegs aus einem Science Fiction Film.
Ich hatte ein iPhone und war damit der Star in der Klasse. Vor vier Jahren war es noch cool, vorm Apple Store zu campieren und das iPhone war noch echter Kult, kaum jemand hatte eins. Mir war das aber ziemlich egal, ich hatte damals genauso wenig Ahn ung von technischen Feinheiten, wie ich sie heute habe. Ich interessiere mich nicht für Prozessor, RAM oder Pixeldichte und ließ nicht nur eins, sondern alle iPhone-Upgrades aus. Immer mehr Mitschüler bekamen die abgelegten Geräte ihrer Eltern und schon bald hatten sie neuere Modelle als ich. Aber ich war mit meinem iPhone 3GS zufrieden.
Was ist #Bentgate?
Einen kleinen Herzanfall bescherte mir das 3GS, als ich es zum ersten Mal fallen ließ. Es war in der Schule, die Pause war gerade zu Ende, und ich wollte mein Kleinod in der Hosentasche verschwinden lassen. Aber die verfehlte es und schlug mit einem hässlichen lauten Knirschen auf den kalten, nassen Pausenhofboden auf. Unter schadenfrohen Kommentaren hob ich das Handy auf, wie man einen jungen Vogel aufheben würde, der aus dem Nest gefallen war. Aber siehe da: Nicht einen Kratzer hatte das Teufelsgerät abbekommen.
Es blieb nicht bei dem einen Sturz. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, aber an die zehn Mal dürfte mir das Ding schon runtergefallen sein. Mehr als einen kleinen Cut an der Batteriebuchse hat sich das iPhone dabei aber nicht eingefangen. Seither wackelt das Ladekabel ein wenig, sonst nichts. Nach meiner Erfahrung ist zumindest das alte iPhone stabiler als sein Ruf, eigentlich sogar unverwüstlich. Über so etwas wie #Bentgate musste ich mir in all den Jahren schon gar keine Gedanken machen.
Es geht nicht mehr so wie früher
Natürlich weist auch mein anscheinend unverwüstliches Alteisen nach inzwischen über vier gemeinsamen Jahren Gebrauchsspuren auf. Der Stumm-Schalter hat vor einigen Monaten den Geist aufgegeben, ab und an hängt sich das gute Stück auch mal auf oder erkennt ein Kabel nicht. Zum Hochfahren muss man dem iPhone-Greis schon mal eine Minute geben, und wenn ich den ganzen Tag außer Haus bin, sollte ich mir meine Akkuladung gut einteilen.
Von Tag zu Tag schmerzlicher wird der virtuelle Gang durch den App-Store. Denn hier kommt immer wieder die Meldung: "Bitte aktualisieren Sie Ihre Software". Danke, das würde ich ja gerne. Aber leider liefert Apple seit iOS 6.1 für mich und andere Nostalgiker keine Updates mehr. Mein trauriger Alltag: Was neu in den Store kommt, kann ich in aller Regel vergessen.
Selfies sind Glückssache
Besonders steinzeitlich komme ich mir aber beim Fotografieren mit meinen drei Megapixeln vor. Will ich mich selbst ablichten, so muss ich mangels Frontkamera blöde auf die Rückseite meines Handys starren und brauche für ein vernünftiges Selfie mind estens drei Anläufe. Oder, heutzutage fast undenkbar: Ich muss einen Passanten bitten, das Foto zu schießen. Manchmal entwickelt sich daraus eine nette Plauderei - nicht selten über das Oldtimer-iPhone. Direkte menschliche Kommunikation scheint spätestens seit dem iPhone 4 und seiner zusätzlichen Front-Kamera eher optional zu sein.
Zu Zeiten meines Samsung habe ich noch gesagt: "Ich kann damit telefonieren und Snake spielen, wozu brauche ich ein Smartphone?" Und wenn ich heute lese, wie sich die Ur-Enkel meines treuen alten iPhones angeblich in Hosentaschen verbiegen, dann erwische ich mich, wie ich wieder etwas Ähnliches denke. Man muss doch nicht immer das neueste Statusobjekt haben. Eigentlich bin ich doch ganz zufrieden mit meinem Gerät. Es liegt mir seit über vier Jahren gut in der Hand und hat mich durch zahlreiche Lebenslagen begleitet. Wenn es sprechen könnte (Siri war zu seiner Zeit ja noch nicht an Bord), könnte es viel über mich erzählen. Da verzeihe ich ihm auch gerne, dass es nicht mehr die neuesten Apps herunterladen kann.
Nano, was ist das denn?
Mein iPhone 3GS verdient bei mir sein Gnadenbrot. Es schläft fast jede Nacht am Ladekabel. Der alte Akku macht auch nicht mehr alles mit - und das, obwohl ich zum Musik hören ein noch viel archaischeres Ding benutze. Es ruht in der Regel in meiner anderen Hosentasche. Heute 15-Jährige können sich wahrscheinlich genauso gut dran erinnern wie ich an die Langspielplatten meiner Eltern. Ich besitze auch noch einen IPod Nano der zweiten Generation! Für die, die es nicht wissen: Das ist ein Gerät, das fast nur Musik abspielen kann und kam 2006 auf den Markt. Bei Ebay würde ich dafür zwar kaum noch einen Euro bekommen, aber es funktioniert noch wunderbar.
Auch wenn die Tage meiner beiden Apple-Oldtimer gezählt sind, ich werde sie nicht dem Elektroschrott überlassen. Ich stelle mir vor, dass meine Nachkommen eines fernen Tages die prähistorischen Pioniere mobiler Datennutzung neben Opas gutem Porzellan auf ihrem Dachboden verstauben lassen werden. Zu meiner Zeit waren sie Kult.
Quelle: ntv.de