"Rennen gegen die Zeit" Angst vor Kernschmelze in Japan
11.03.2011, 19:06 UhrDie US-Luftwaffe bringt Reaktorkühlmittel nach Japan. Der amerikanische Reaktorexperte Alvarez spricht von einem "beängstigenden Rennen gegen die Zeit". Bei einem längeren Ausfall der Kühlung im Atomkraftwerk Fukushima könne es zu schweren Konsequenzen kommen, darunter auch eine mögliche Kernschmelze. "Das ist eine ernste Situation", sagt auch Bundesumweltminister Röttgen.

In Tokio müssen Zugreisende sich zu Fuß in Sicherheit bringen, in Ichihara brennt eine Raffinerie, in der Präfektur Miyagi ist der Hafen von Kesennuma zerstört.
(Foto: dapd)
Im japanischen Fukushima wächst die Angst vor einem atomaren Zwischenfall: Als Folge des verheerenden Erdbebens in Japan steigt der Druck in einem Reaktor des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi, weil die Kühlung der Brennstäbe ausgefallen war. Das teilte das japanische Industrie- und Handelsministerium mit.
Dadurch droht im schlimmsten Fall eine Kernschmelze. Der Druck könnte das 2,1-fache dessen überstiegen haben, wofür das Turbinengebäude ausgelegt ist. Zuvor war die Überlastung mit einem Wert von 1,5 angegeben worden.
Die Betreiberfirma Tepco erwägt, den Druck abzulassen, weiß aber nicht, wie stark die radioaktive Strahlung im Inneren ist. Knapp sechs Stunden nach dem Beben rief Japans Regierungschef den atomaren Notstand aus. Bundesumweltminister Norbert Röttgen sprach von einer "ernsten Situation".
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ist wegen der Lage im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi in voller Alarmbereitschaft. Man sei weiterhin in Verbindung mit den japanischen Behörden und beobachte die Situation genau, teilte die UN-Behörde in Wien mit.
Diesel-Generator ausgefallen
Japanische Behörden hätten die IAEA informiert, dass das Erdbeben die Stromversorgung von Fukushima-Daiichi gekappt habe. Die für die Notversorgung des Reaktor-Kühlsystems gedachten Diesel-Generatoren habe der anschließende Tsunami zerstört. Man bemühe sich momentan, diese zu reparieren. Die Behörden hätten für Fukushima-Daiichi den nuklearen Notfall ausgerufen. Bisher sei aber keine Radioaktivität ausgetreten, so die IAEA.
Nach dem Beben war das Kühlwasser des Reaktors auf einen beunruhigend tiefen Pegel gesunken. Der Gouverneur der Region ordnete daraufhin an, rund 6000 Anwohner im Umkreis von drei Kilometern in Sicherheit zu bringen. Einige Experten befürchteten eine Kernschmelze in der Anlage. Diese kann zu einer unkontrollierten Kettenreaktion und zum Austritt von Radioaktivität führen.
USA schicken Kühlmittel
US-Außenministerin Hillary Clinton teilte mit, die US-Luftwaffe habe an einen nicht näher genannten Atomreaktor dringend benötigte Kühlflüssigkeit geliefert. Der amerikanische Reaktorexperte Robert Alvarez sprach von einem "beängstigenden Rennen gegen die Zeit". Bei einem längeren Ausfall der Kühlung könne es zu schweren Konsequenzen kommen, darunter auch eine mögliche Kernschmelze.
Im ebenfalls abgeschalteten Atomkraftwerk Onagawa brach ein Feuer in einem Turbinengebäude aus. Die Betreibergesellschaft erklärte, dass keine radioaktive Strahlung ausgetreten sei. Der Brand wurde nach Angaben der Behörden nach einigen Stunden gelöscht.
In Fukushima gibt es zwei Atomkraftwerke, Fukushima-Daiichi mit acht und Fukushima-Daini mit vier Siedewasserreaktoren. Das Atomkraftwerk Onagawa besteht aus drei Siedewasserreaktoren, die von 1984 bis 2002 an der Ostküste von Honshu gebaut wurden.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts