Der Tag"Prinz Charles von der Leine" löst "The normal one" ab

Wie will Stephan Weil in Erinnerung bleiben will: "Och, gerne als ziemlich normal. Ich habe mich nicht als etwas Besonderes gefühlt, sondern als ein Bürger mit einer besonderen Aufgabe." Zwölf Jahre hat sich Weil mit Bodenständigkeit an der Spitze der Landesregierung gehalten – mal mit den Grünen, mal mit der CDU, doch immer als eine Art Gegenentwurf zum mitunter schrillen Markus Söder in Bayern.
"Ich glaube, es gibt einen großen Bedarf an demokratischen Politikerinnen und Politikern, die sich nicht selbst so inszenieren, als seien sie etwas Besonderes", sagt der scheidende Ministerpräsident Niedersachsens über seinen Politikstil. "Zumindest in Norddeutschland sind auch Politiker gut beraten, deutlich zu machen, dass ihnen die Sache wichtiger ist als die eigene Person." Für den mächtigen niedersächsischen SPD-Landesverband ist Weils Rückzug eine Zäsur. Auch Bundesparteichef Lars Klingbeil, Verteidigungsminister Boris Pistorius und der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Matthias Miersch, haben in Niedersachsen ihre Wurzeln.
Weils Nachfolger als Regierungschef soll der bisherige Wirtschaftsminister Olaf Lies werden. Eine Überraschung ist das nicht. Lies wurde schon seit Jahren als heimlicher Thronfolger gehandelt. Als "Prinz Charles von der Leine" titulierte die "taz" den 58-Jährigen gar. Lies' Ambitionen sind schließlich schon seit 2012 bekannt. Damals konkurrierte er als SPD-Landesvorsitzender mit dem damaligen Oberbürgermeister von Hannover, Weil, um die Spitzenkandidatur zur Wahl 2013 – und verlor knapp. Das Verhältnis der einstigen Konkurrenten gilt dennoch als gut. Seit zwölf Jahren ist Lies ununterbrochen als Minister unter Weil dabei.