Dynamische Finanzrepression"Auch der Staat muss lernen"
Heute entscheiden nicht mehr ausschließlich die Kräfte der Marktwirtschaft über Zinsen, Anleihenrenditen, Vermögenspreise oder gar Insolvenzen, sondern die Regierungen und Notenbanken, betont Markus C. Zschaber.
Blicken wir
zurück: Vor vier Jahren befand sich die Welt im Würgegriff der globalen Finanzkrise.
Das Platzen der Immobilienblase in den USA führte zu massiven Preisverwerfungen
bei verbrieften Subprimekrediten bzw. am gesamten US–amerikanischen Hypothekenmarkt.
Hinzu wurde eine Vielzahl an OTC–Derivaten in kürzester Zeit wertlos, was die Banken
in den USA aber auch in Europa zu horrenden Abschreibungen, Milliardenverlusten
und an den Rand des Bankrotts führte. Der darauf folgende gesamtwirtschaftliche
Nachfrageschock führte zu einem dynamischen Anstieg an Insolvenzen in der Privatwirtschaft.
Die Gefahr eines Zusammenbruchs des globalen Finanzsystems war größer als jemals
zuvor seit dem zweiten Weltkrieg. Dieses Risiko diskontierten die Aktienmärkte mit
hohen Abschlägen.
Die Reaktion
der Regierungen und Notenbanken in allen relevanten Volkswirtschaften war gleich:
Ein Deflationsschock sollte unter allen Umständen vermieden werden. Notfallmaßnahmen
im Sinne von Keynes mussten her und zwar schnellstmöglich.
Die Strategie
die ausgerufen bzw. dynamisch umgesetzt wurde, war die Monetarisierung von jeglichen
Instabilitäten im gesamten systemrelevanten Bankenwesen bzw. in vielen Preis- und
Vermögensklassen. Geld musste geschaffen werden. Mit der Rettung des Bankensystems
wurde den Staaten, bzw. den Gesellschaften enorme Schuldenlasten und ansteigende
Sozialausgaben aufgebürgt. Verwerfungen dieser Art können heute in Südeuropa bereits
vernommen werden.
Interventionen
in die Marktwirtschaft, zunehmende staatliche Kontrollfunktionen und die Monetarisierung
durch die Notenbanken sind das Leitmotiv der politischen Elite seit 2008. Wir befinden
uns sicherlich in einer Zeit, in der die Herausforderungen für die Wirtschaft, Gesellschaft,
die Politik und die Finanzmärkte größer nicht sein können. Fakt ist aber auch, dass
die eigentlichen Notfallmaßnahmen heute eine neue Realität darstellen.
Heute entscheiden
nicht mehr ausschließlich die Kräfte der Marktwirtschaft über Zinsen, Anleihenrenditen,
steigende oder fallende Vermögenspreise oder gar Insolvenzen (siehe Banken), sondern
die Regierungen und Notenbanken. Die Konsequenz aus dieser vermeidlichen Notfallstrategie
bzw. neuen ökonomischen Realität, ist, eine deutlich höhere Schuldenlast der öffentlichen
Institutionen sowie Verzerrungen bzw. bewusste Steuerung der Kapitalströme, was
nichts anderes als eine dynamische Finanzrepression bedeutet. Ziel der Finanzrepression
ist, öffentliche Schuldenstände künstlich zu reduzieren. Dies funktioniert durch
die Monetarisierung von Staatsanleihen, Kapitalkontrollen, Entwertung oder Begrenzungen
von Zinssätzen.
Was in diesem
Zusammenhang oftmals nicht erwähnt wird, ist, dass die Produktivleistung von Kapital
dadurch massiv geschwächt wird und zwar nachhaltig. Schwächt man die Produktivleistung
von Kapital ist die Folgewirkung einerseits, dass Sparen bzw. das Anhäufen von Kapital
im klassischen Sinn (Festgeld, Tagesgeld, Sparbuch) sich nicht mehr lohnt. Anderseits
führt die Finanzrepression, aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit, dazu, dass
auch die Produktivleistung von Arbeit zwangsläufig darunter leiden wird. In einem
leistungsorientierten Wirtschaftssystem ist die Maximierung des Gewinns oberstes
Gebot. Wird aber durch Entwertung bzw. niedrige Zinsen das Streben nach Gewinn beeinflusst
führt die Finanzrepression zwangsläufig zu einer geringeren Kapitalbildung in der
Realwirtschaft, da der Grenznutzen höherer Ersparnisse/Gewinne zunehmend abflacht.
Ersparnisse und Überschussliquidität aus Produktivleistungen bilden aber das Fundament
einer Privatwirtschaft wie der unseren. Gerade der Mittelstand leidet in einem solchen
Szenario im langfristigen Horizont deutlich unter einem zunehmend niedrigeren Grenznutzen
von Kapital. Es lohnt sich in einem solchen Umfeld einfach nicht mehr neue Unternehmen
zu Gründen oder höhere Risiken für Investitionen einzugehen. Weniger Unternehmensgründungen
und weniger Investitionen bedeuten wiederum mehr Arbeitslosigkeit und weniger Konsum.
Der Staat
muss verstehen, dass er die privaten Unternehmen nicht ersetzen kann und dass er
die notwendigen Innovationen, die für die Entwicklung einer Volkswirtschaft unbedingt
von Nöten sind, nicht hervorbringen kann. Wohlstand entsteht nicht dadurch, dass
Schulden oder Vermögenstransfer eingesetzt werden um ein gewisses Niveau (Strichwort:
Stagflation) zu halten. Sondern Wohlstand entsteht dadurch, dass Unternehmen mittels
des eingesetzten Kapitals und des unternehmerischen Risikos, ihre Produktion optimieren,
neue Innovationen hervorbringen und Dienstleistungen entwickeln. Fehlt der Anreiz
für Gewinne und die daraus entstehende Kapitalbildung, wird auch nachhaltig der
notwendige Wettbewerb an Dynamik einbüßen und schlussendlich potenzielles Wachstum
reduzieren. Dies führt zwangsweise zu Wohlstands- und Vermögensverlusten.
Dr. Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) . Gemeinsam mit dem Nachrichtensender n-tv veröffentlich das Institut auch monatlich den "Welt-Index" (www.weltindex.com) und "Welt-Handelsindex (www.welthandelsindex.de)