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Mit einem verwunderten "Was will uns der Künstler damit sagen?" kann man Kunstschaffende aller Richtungen auf die Palme bringen.
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Der Maler Gerhard Richter pariert die Frage mit einem lakonischen: "Gar nichts".
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Ganz so einfach scheint es dann aber doch nicht zu sein. Immerhin hat Richter das geschafft, was anderen erst nach ihrem Tod vergönnt war: Er gilt schon zu Lebzeiten als der "Picasso des 21. Jahrhunderts", …
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… führt regelmäßig die Ranglisten der wichtigsten Künstler der Gegenwart an …
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… und seine Bilder gehören weltweit zu den teuersten Kunstwerken, Sammler zahlen Rekordpreise. Die "Kerze" beispielsweise …
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... wechselte bei einer Christie's-Auktion im Herbst 2011 für fast zwölf Millionen Euro den Besitzer.
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Das bisher teuerste Richter-Gemälde kam bei Sotheby's 2015 unter den Hammer. Für "Abstraktes Bild" von 1986, eines von Richters Lieblingswerken, zahlte ein anonymer Käufer umgerechnet 41 Millionen Euro.
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Am 9. Februar 2022 feiert damit ein Künstler seinen 90. Geburtstag, der sich seinen Platz in der Kunstgeschichte längst gesichert hat, …
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… unter anderem als derjenige, der die Malerei zu neuem Leben erweckte. (im Bild: "Party", 1963)
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Der in Dresden geborene Richter flüchtete 1961 in den Westen und begann seine Karriere in den 60er-Jahren, zu einer Zeit also, in der die Malerei sich selbst in Frage stellte. Die Wahl der Motive schien ausgeschöpft zu sein …
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… und wenn es um realistische Darstellung ging, war die Fotografie dem gemalten Bild deutlich überlegen. ("Betty", 1991)
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Richter aber lässt sich davon nicht beirren. Er malt zwar auch realistische Landschaften und Seestücke, …
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… entwickelt aber vor allem seine ganz eigene Sicht auf die Dinge und erforscht mit künstlerischen Mitteln die Wirklichkeit.
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Denn die durch Fotos vermittelte Wirklichkeit ist trügerisch, wie Richter feststellt: "Alles sehen, nichts begreifen."
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Für seine Bilder malt er unter anderem Fotos aus Magazinen, Zeitschriften und Fotoalben ab. ("Portrait Dr. Knobloch", 1964)
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Den Fundus seiner Ideen sammelt er seit 1962 im sogenannten "Atlas", …
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… der aus 802 Tafeln mit mehr als 15.000 Fotografien, Zeitungsausschnitten, Skizzen, Farbtafeln und Entwürfen besteht.
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Bei seinen Werken spielt Richter bewusst mit der Wahrnehmung des Betrachters, indem er die Umrisse teilweise verschwimmen lässt und das Realistische der Vorlage manchmal fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. (""Matrosen", 1966)
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Das Prinzip der Unschärfe wird zu einem zentralen Stilmittel, das sich durch das gesamte Werk Richters hindurchzieht. ("S. mit Kind", 1995)
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Ein berühmtes Beispiel ist "Ema - Akt auf der Treppe" von 1966, das Richters erste Frau Marianne Eufinger zeigt.
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Auf den ersten Blick wirken Richters Motive oft fast banal. Die Geschichten hinter den Bildern aber sind es nicht. ("Die Sekretärin", 1963)
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So zeigt das Werk im Hintergrund beispielsweise "Helga Matura mit Verlobtem" (1966). Die Prostituierte wurde in Frankfurt auf furchtbare Art umgebracht.
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Zu Richters bekanntesten Bildern zählt "Tante Marianne". Zu sehen ist Marianne Schönfelder zusammen mit ihrem damals vier Monate alten Neffen, dem Künstler selber. Das Bild wirkt wie ein beliebiges Foto aus dem Familienalbum, birgt aber eine Tragödie: Marianne wurde während des Nationalsozialismus erst zwangssterilisiert und dann als eines von 250.000 Euthanasie-Opfern ermordet.
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Als Richter später Ema Eufinger heiratete, wusste er nicht, dass deren Vater Heinrich zu den Tätern gehörte und als Arzt und SS-Obersturmbannführer verantwortlich für Zwangssterilisationen war. Richter porträtierte seinen Schwiegervater sogar auf dem Bild "Familie am Meer" - wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt, als ihm die grausamen Zusammenhänge noch unbekannt waren.
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Eines von Richters umstrittensten Werken ist der Gemäldezyklus "18. Oktober 1977". Die 15 Bilder zeigen Szenen aus der Nacht, in der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot im Gefängnis Stuttgart-Stammheim aufgefunden wurden und sind überwiegend von Presse- und Polizeifotos abgemalt.
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In der Kritik ist der Zyklus, weil Richter nur die Täter der RAF, nicht aber ihre Opfer darstellt.
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Richter selbst versteht seine Bilder als dokumentarisch-distanziert. Er wolle weder verurteilen noch entschuldigen und dem Betrachter die Deutung überlassen.
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Bei seinen Werken, die neben gegenständlicher auch abstrakte Kunst umfassen, bringt Richter gerne den Zufall mit ins Spiel, …
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… zum einen, indem er mit dem Rakel (Abstreicher) die Struktur eines Bildes zerstört und damit unkontrollierbare Momente schafft, …
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… zum anderen überlässt er dem Zufallsgenerator die Entscheidung, wie beispielsweise bei der Verteilung der Farbflächen des Kölner Domfensters.
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Und was dabei manchmal so einfach und nach wenig Arbeit aussieht, ist hart erkämpft. Der Perfektionist Richter verbringt viel Zeit mit jedem Werk, verändert und verbessert, …
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… wie der Ende 2011 in den Kinos gezeigte Dokumentarfilm "Gerhard Richter - Painting" deutlich macht.
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Der Film zeigt Richter bei der Arbeit an einer abstrakten Bilderserie in seinem Atelier in Köln-Hahnwald und verfolgt den gesamten Darstellungsprozess von der weißen Leinwand bis hin zur Ausstellung in der Galerie.
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Über seine Arbeiten hat Richter selbst einmal gesagt: "Ich verfolge keine Absichten, kein System, keine Richtung, ich habe kein Programm, keinen Stil, kein Anliegen. (…) Ich mag das Unbestimmte und Uferlose und die fortwährende Unsicherheit."
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Nach diesem Motto hat Richter über fast sechs Jahrzehnte die darstellerischen Möglichkeiten der Malerei erforscht wie kaum ein anderer. Inzwischen malt er nicht mehr, ...
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… mit 88 Jahren hat er aufgehört. "Irgendwann ist eben Ende", sagte er 2020 der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist nicht so schlimm. Und alt genug bin ich jetzt."
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Dass er den Pinsel aus der Hand gelegt hat, bedeutet aber nicht das Ende seines künstlerischen Schaffens. (im Bild: Richter zusammen mit seiner dritten Ehefrau, der Malerin Sabine Moritz)
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Er zeichnet nun und zwar kleinere abstrakte Werke, für die er Blei- und Farbstifte, Kreide, Tusche und Feder benutzt.
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Große Feierlichkeiten wird es zu Richters 90. Geburtstag nicht geben. Zum einen ist das natürlich der Pandemie geschuldet.
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Zum anderen war Richter nie der Malerfürst, der sich feiern lässt, medialer Rummel ist nicht sein Ding.
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Einen besonderen Einblick in das umfangreiche Werk des Jubilars gibt es aus Anlass seines Ehrentages aber auch zu sehen: ...
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... Die Sonderschau der Berliner Neuen Nationalgalerie zeigt bis zum 29. Mai Richters "Künstlerbücher", …
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… sozusagen das "geistige Atelier von Richter". Sinnbildlich dafür steht das Gemälde "Atelier" von 1985, das Mittelpunkt und Blickfang der Ausstellung ist. (kse mit dpa)
Alles sehen, nichts begreifen "Picasso des 21. Jahrhunderts": Gerhard Richter wird 90
Er hat die Malerei revolutioniert, gilt als der "Picasso des 21. Jahrhunderts" und Sammler zahlen für seine Werke Rekordpreise. Am 9. Februar 2022 feiert der Künstler Gerhard Richter seinen 90. Geburtstag.
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