

Am 16. Juli 1945 explodiert zum ersten Mal eine Atombombe.
Die USA zünden die Kernwaffe beim sogenannten Trinity-Test.
Es ist der erste vollständig durchgeführte Atomtest weltweit.
Das Testgelände White Sands Proving Grounds liegt in der Wüste New Mexicos.
Dort wird die Bombe …
… auf einen 30 Meter hohen Stahlturm montiert.
In einem Radius von etwa neun Kilometern um die Bombe befinden sich auf dem Militärgelände drei Beobachtungsbunker, ...
... sowie ein Basislager in etwa 16 Kilometern Entfernung.
Mehrere Hundert Menschen - Wissenschaftler, Militärs und Techniker - halten sich dort auf, um den Trinity-Test zu beobachten. (Foto aus den 60er Jahren)
Um 5:10 Uhr startet ein Countdown, der über Lautsprecher zu hören ist. (Foto aus den 60er Jahren)
Der Countdown wird vom US-amerikanischen Physiker Samuel King Allison gesprochen – zuerst in Fünf-Minuten-Intervallen, dann zählt er die letzten Sekunden herunter. "Jetzt", ruft Allison schließlich.
Um 5:29 Uhr detoniert die Atombombe.
Es gibt einen Lichtblitz, der die gesamte Gegend erhellt, gefolgt von einer Druck- und Hitzewelle, die sich über die Wüste ausbreiten.
"Mein erster Eindruck von der Explosion war ein sehr intensiver Lichtblitz und ein Hitzegefühl an den freiliegenden Stellen meines Körpers. Obwohl ich nicht direkt auf das Objekt schaute, hatte ich den Eindruck, dass die Landschaft plötzlich heller wurde als bei vollem Tageslicht", schreibt der italienische Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi kurz nach dem Test.
Durch dunkle Brillen beobachten die Wissenschaftler danach einen riesigen Feuerball und ...
... eine sich ausbreitende pilzförmige Wolke. Diese entsteht, wenn der Feuerball Staub und Asche mit in die Höhe reißt.
Die Pilzwolke türmt sich etwa 12 Kilometer in die Höhe.
Einige Beobachter werden durch die Druckwelle der Explosion zu Boden geworfen. Zeugen beschreiben auch ein donnerndes Dröhnen.
Die Explosion hinterlässt eine Vertiefung im Boden.
Diese ist etwa 800 Meter breit und stellenweise bis zu 2,5 Meter tief.
Der Stahlturm, an dem die Bombe befestigt war, ist weg - er ist vaporisiert, also verdampft.
Aus dem Sand um den Turm herum ist grünes künstliches Glas geworden.
Trinitit wird dieses später genannt. Bis heute ist es schwach radioaktiv.
Schätzungen von 1945 zufolge entspricht die Sprengkraft der Explosion von knapp 19.000 Tonnen TNT. Später gehen die offiziellen Schätzungen von 21.000 Tonnen aus.
2021 untersuchen Forschende am Los Alamos National Laboratory das Trinitit mit neuen Analysemethoden und sprechen daraufhin von knapp 25.000 Tonnen TNT.
Der Trinity-Test ist streng geheim. Der Lichtblitz ist aber auch in mehr als 250 Kilometern Entfernung zu sehen. Zum Beispiel in El Paso und Santa Fe berichten Zeugen davon. Auch die Druckwelle ist zu spüren. Teilweise zerbrechen Fensterscheiben in umliegenden Orten. Anwohner fragen sich, was passiert ist?
Im Laufe des Tages veröffentlicht das Militär eine Pressemitteilung und belügt die Öffentlichkeit: "Ein entfernt gelegenes Munitionslager mit einer beträchtlichen Menge an Sprengstoff und Pyrotechnik ist explodiert." Es habe keine Todesopfer oder Verletzte gegeben.
Dass in Wahrheit eine Atombombe getestet wurde, erfährt die Bevölkerung erst nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima. (Hier im Bild)
Die USA waren im Dezember 1941 in den Zweiten Weltkrieg eingetreten – ...
... nach dem japanischen Angriff auf den US-Militärstützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii.
Kurz darauf, im Jahr 1942, wird von den USA das Manhattan-Projekt ins Leben gerufen. Dessen Ziel ist es, eine Atombombe zu entwickeln und zu bauen. Der Name bezieht sich auf die ersten Büros des Projekts in Manhattan.
Zehntausende Menschen sind am Manhattan-Projekt an mehreren Standorten in den USA beteiligt. Das Foto zeigt das Gelände in Tennessee.
Angetrieben wird das geheime Forschungsprojekt von der Sorge, dass es Nazi-Deutschland womöglich zuerst gelingen könnte, Atombomben zu bauen. In Berlin hatten Forschende wenige Jahre zuvor - 1938 - die Kernspaltung entdeckt.
Der US-amerikanische Physiker Julius Robert Oppenheimer und ...
... General Leslie Richard Groves leiten das Manhattan-Projekt.
Hier betrachten sie die Überreste des Turms auf dem Testgelände.
Entwickelt werden die Nuklearwaffen in einer geheimen Forschungseinrichtung in Los Alamos, New Mexico. Die Montage zeigt einen Teil des dortigen Personals.
Zwei Bombenarten werden entwickelt: Bei einer Bauart wird Uran verwendet, bei der anderen Plutonium. Die Uranbombe testen die Forscher nicht, weil sie zuversichtlich sind, dass sie funktionieren wird.
Bei der Plutonium-Implusionsbombe hingegen bestehen Zweifel an der Wirksamkeit.
Diese Bombenart ist technisch komplexer und soll daher an einem ablegenden Ort getestet werden. Die Bilder zeigen Replika von Bomben des Typs "Fat Man".
Als Deckname für den Test wählt Oppenheimer "Trinity" (Dreifaltigkeit). Nach eigenen Angaben hat ihn ein Gedicht dazu inspiriert.
Die beim Test eingesetzte Plutoniumbombe wird "Gadget" genannt. Übersetzt: Gerät oder technische Spielerei. Der Prototyp ist von der gleichen Bauart wie die "Fat Man"-Bombe, die später über Nagasaki abgeworfen wird.
Dass "Gadget" funktioniert, erfährt US-Präsident Harry S. Truman (M.) während der Potsdamer Konferenz.
Dort beraten die USA, Großbritannien und die Sowjetunion über die Nachkriegsordnung für Deutschland und Europa.
Somit stehen den USA jetzt beide Bombenarten für den Einsatz zur Verfügung. In Europa ist der Krieg bereits vorbei, nicht jedoch im Pazifik.
Die Nuklearwaffen sollen Japan zur Kapitulation zwingen und den Krieg endgültig beenden. Gegen Zweifel entscheidet Truman letztlich, die Bomben einzusetzen.
Am 6. August, drei Wochen nach dem Trinity-Test, wird erstmals eine Nuklearwaffe in einem Krieg eingesetzt. Ihr Codename ist "Little Boy".
Der US-Bomber "Enola Gay" ...
... wirft die ungetestete Uranbombe über Hiroshima ab.
Drei Tage später, am 9. August, folgt eine zweite Bombe auf Nagasaki.
Es handelt sich um eine "Fat Man"-Bombe - sie ist der Bombe vom Trinity-Test sehr ähnlich.
Hier wird die Plutoniumbombe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Tinian auf den Mariannen verladen, bevor sie als Kriegswaffe eingesetzt wird.
Hiroshima und …
... Nagasaki …
… werden durch die Atombomben in bisher beispielloser Weise zerstört und teilweise dem Erdboden gleichgemacht. (Das Bild zeigt Nagasaki.)
Es wird geschätzt, dass die Sprengkraft der Bombe in Hiroshima 15.000 Tonnen TNT entsprach und die Sprengkraft der Bombe in Nagasaki 21.000 Tonnen TNT.
Genaue Opferzahlen gibt es nicht. Laut Schätzungen sterben in den ersten Tagen in Hiroshima zwischen 70.000 und 80.000 Menschen und in Nagasaki bis zu 40.000 Menschen. Viele Zehntausend weitere sind verletzt.
Die amerikanisch-japanische Forschungsorganisation Radiation Effects Research Foundation geht von insgesamt 150.000 bis 246.000 Toten in der ersten vier Monaten aus.
Zwischen den Atombombenabwürfen erklärt die Sowjetunion am 8. August dem japanischen Kaiserreich den Krieg.
Wenige Tage später, am 15. August, verkündet Kaiser Hirohito in einer Radioansprache die bedingungslose Kapitulation Japans.
Besiegelt wird die Kapitulation am 2. September auf dem amerikanischen Kriegsschiff "USS Missouri". Damit endet der Zweite Weltkrieg auch im Pazifik.
Bis heute wird diskutiert, ob der Einsatz der Atomwaffen gerechtfertigt ist und ob Japan auch ohne die Bomben kapituliert hätte.
Zumal unklar ist, wie viele Menschen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten an Krebs und anderen Spätschäden der Strahlung sterben. In den Jahren nach den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki wird unter anderem eine Häufung von Leukämiefällen beobachtet.
Im Friedenspark Nagasaki erinnert ein Mahnmal an die Opfer des Atombombenabwurfs.
Heute sind die Strahlungswerte in den beiden Städten nicht mehr gefährlich erhöht. Sie entsprechen laut offiziellen Angaben der sehr niedrigen Hintergrundstrahlung, die überall auf der Erde vorhanden ist.
Weitreichende Folgen bis in die Gegenwart hat aber auch der erste Atomtest in New Mexico. Radioaktive Stoffe aus dem Trinity-Test verbreiten sich unter anderem durch den Wind.
Im Umkreis von 80 Kilometern um Ground Zero, dem Explosionsort der Bombe, leben damals Zehntausende Menschen. Keiner von ihnen wird evakuiert - weder vor noch nach dem Trinity-Test. Dabei ist den Testplanern bewusst, dass der radioaktive Niederschlag in der Umgebung eine Gefahr darstellt.
Bewohner in der Region berichten von einer weißen Substanz, die über Tage vom Himmel "schneit". Andere beschreiben mehlartige Ablagerungen.
Der radioaktive Niederschlag (Fallout) landet auf Menschen, Tieren und Nahrungsmitteln. Auch die Wasserversorgung ist teilweise verseucht. In den ländlichen Gebieten haben damals viele Menschen kein fließendes Wasser, sie sammeln Regenwasser in Zisternen.
Wie sich der Fallout auf die Gesundheit der Menschen auswirkt, wird nach dem Trinity-Test nicht näher untersucht. Bis heute ist unklar, wie viele Menschen zu Schaden kommen.
Eine Studie des Nationalen Krebszentrums von 2020 geht davon aus, dass Hunderte Krebsfälle in New Mexico wohl auf den Trinity-Test zurückzuführen sind - hauptsächlich Schilddrüsenkrebs. Verlässliche Schätzungen zur Zahl der möglicherweise auf den Atomtest zurückzuführenden Krebsfälle seien jedoch nicht möglich, heißt es. Dies liege unter anderem an fehlenden Daten.
Von Bewohnern aus Fallout-Regionen gibt es zahlreiche Berichte über erhöhte Krebsvorkommen in ihren Familien oder über andere Krankheiten wie Herzerkrankungen.
In den Monaten nach dem Test wird mit diesem auch eine erhöhte Säuglingssterblichkeit in New Mexico in Verbindung gebracht.
In einer Untersuchung von 2010 für die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention heißt es: "Die Strahlenbelastung in öffentlichen Bereichen nach der ersten Atombombenexplosion der Welt lag 10.000 Mal höher als derzeit erlaubt."
Die Wissenschaftler in Los Alamos unterschätzen nicht nur die Sprengkraft der Bombe, sondern auch die Ausbreitung der Strahlung.
"Sie waren sich über radioaktive Gefahren bewusst, aber sie dachten an akute Risiken in den Gebieten unmittelbar um den Explosionsort", sagt der Nuklearhistoriker Alex Wellerstein 2023 der "New York Times". Auch hätten sie "nicht wirklich über die Auswirkungen niedriger Dosen auf große Bevölkerungsgruppen nachgedacht, und genau das ist das Problem bei radioaktivem Niederschlag".
Laut einer Studie von 2023 erreicht der Fallout vom Trinity-Test innerhalb von zehn Tagen fast alle Bundesstaaten der USA, sowie Kanada und Mexiko. Bei der Studie werden unter anderem historische Wetterdaten mit modernen Methoden analysiert.
Und der Trinity-Test ist nur der Anfang: Allein die USA führen zwischen 1945 und 1992 mehr als 1000 Atomtests durch, darunter Tests auf den Marschallinseln im Pazifik. Die meisten US-Atomtests finden jedoch in Nevada statt.
"Downwinders" werden die Menschen genannt, die radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind, weil sie in der Nähe oder in Windrichtung eines Atomtestgeländes leben.
Viele Betroffene und ihre Familien kämpfen seit Langem für die Anerkennung des durch Atomtests verursachten Leids und für eine Entschädigung.
Zwar können schwer kranke "Downwinders" seit 1990 über den Radiation Exposure Compensation Act (RECA) eine Entschädigung erhalten, doch nicht alle Betroffenen sind dazu berechtigt.
Eine Zahlung erhalten nur "Downwinders" aus Teilen von Nevada, Utah und Arizona, sowie Beschäftigte der Uran-Industrie aus verschiedenen Bundesstaaten. Die "Downwinders" des ersten Atomtests in New Mexico sind von dem Bundesprogramm ausgeschlossen, genau wie "Downwinders" in anderen schwer betroffenen Staaten wie Idaho. Versuche, dies zu ändern, scheitern im Kongress. Zum Teil werden Kostengründe angeführt.
2024 läuft das RECA-Programm aus. Doch ein neuer Anlauf im Kongress hat Erfolg: Im Juli 2025 - 80 Jahre nach dem ersten Atomtest - wird RECA wiederbelebt und auf weitere Staaten ausgeweitet. Zusätzlich enthalten sind jetzt auch New Mexico und Idaho. Einen Anspruch auf eine Entschädigung haben zudem Erkrankte in Missouri, Kentucky, Tennessee und Alaska, die radioaktivem Abfall aus dem Manhattan-Projekt ausgesetzt waren. Die Regelung gilt bis Ende 2028.
Während hier noch einige Menschen am Straßenrand protestieren, fahren andere zum ehemaligen Testgelände. Dort gibt es regelmäßig einen Tag der offenen Tür.
Jedes Mal strömen Tausende Besucher zum Ort des ersten Atomtests - Trinity Site.
Für den Besuch nehmen sie eine leicht erhöhte Strahlung in Kauf. Am Ground Zero ist die Strahlung laut US-Armee zehn Mal höher als normal. Das sei dennoch niedrig, heißt es auf einer Webseite des Militärs.
Ein Obelisk markiert die Stelle, an der die erste Nuklearwaffe explodiert ist.
Daneben steht das Modell ...
... einer "Fat Man"-Atombombe.
Eine technische Entwicklung, die vor allem in Japan, aber auch in den USA für extremes Leid gesorgt hat. (hul)