

Aus organisatorischer Sicht ist so eine Bundestagswahl eine völlig unspektakuläre Veranstaltung. Büros werden geräumt und neu bezogen, …
… die Bestuhlung im Plenum neu sortiert. Das war's.
In der Regel passiert das infolge einer Wahlniederlage. Doch für einige Abgeordnete ist jetzt schon klar, dass mit der 19. Legislaturperiode ihre Zeit im Deutschen Bundestag zu Ende geht. Da ist an erster Stelle …
… natürlich Bundeskanzlerin Angela Merkel zu nennen. Seit 1990 gehört sie dem Parlament an. Im nächsten Bundestag …
… wird ihr Wahlkreis "Vorpommern-Rügen - Vorpommern-Greifswald I" nicht mehr von der Kanzlerin vertreten, sondern voraussichtlich von einem jungen CDU-Politiker namens Georg Günther.
Länger oder genauso lange wie Merkel sind nur neun Abgeordnete im Bundestag. Ihr Kollege, der am längsten dabei ist, nämlich seit 1972, …
… ist Wolfgang Schäuble. Der Bundestagspräsident hört allerdings nicht auf, er tritt für weitere vier Jahre an und hat schon erklärt, dass er sich auch eine weitere Amtszeit als Parlamentschef vorstellen kann. Keine weitere Legislaturperiode …
… macht Volker Kauder. Er war von 2005 bis 2018 Chef der Unionsfraktion - länger als alle seine Vorgänger. Dem Bundestag gehört er wie Merkel seit 1990 an.
Auch Thomas de Maizière zieht sich aus der Politik zurück. Er war Finanz-, Justiz- und Innenminister in Sachsen, von 2005 bis 2009 Kanzleramtschef, danach bis 2013 Verteidigungs- und schließlich von 2013 bis 2018 Bundesinnenminister. Dem Bundestag …
… gehört Thomas de Maizière seit 2009 an. In seiner Abschiedsrede am 10. Juni dankte er - unter anderem - "meiner Bundeskanzlerin, die mich in drei Kabinette berufen hat", und warb für Respekt vor dem Parlament. "Der Deutsche Bundestag ist jedenfalls das Hohe Haus der Demokratie. 'Hoch' nicht im Sinne von Überheblichkeit! Wir sind hier nichts Abgehobenes, aber schon etwas Besonderes, mit einer besonderen Verantwortung."
Seit 2002 ist Eberhard Gienger Bundestagsabgeordneter, der CDU-Politiker aus Baden-Württemberg ist Sprecher der Arbeitsgruppe Sport und Ehrenamt. Öffentlich bekannt ist er vor allem als Sportler: 1976 …
… gewann er bei den Olympischen Spielen in Montréal die Bronzemedaille am Reck. 2016 wurde Gienger in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.
Der Brandenburger Martin Patzelt war Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder). 2015 nahm der CDU-Politiker zwei Flüchtlinge aus Eritrea bei sich auf.
Der CDU-Politiker Eckhardt Rehberg aus Mecklenburg-Vorpommern gehört nicht zu den bekanntesten, aber sicher zu den einflussreichsten Politikern der Bundesrepublik. In der Unionsfraktion ist er Sprecher der CDU-Landesgruppen, vor allem aber …
… ist er Vorsitzender der AG Haushalt seiner Fraktion und damit einer der wichtigsten Kontrolleure der deutschen Ausgabenpolitik. Er sagte in seiner Abschiedsrede, er werde immer wieder gefragt, "was tolle, gute Momente" gewesen seien. "Das war eine November-Bereinigungssitzung, wo wir im Soll-Haushalt 2015 keine neuen Schulden mehr gemacht haben."
"Aber besonders vermissen werde ich das Bierchen und das Weinchen, das wir nach der Bereinigungssitzung gemeinsam getrunken haben, über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg", so Rehberg. (In der Bereinigungssitzung debattiert der Haushaltsausschuss abschließend über den Bundeshaushalt.) Schäuble, der ehemalige Finanzminister, sagte nach Rehbergs Rede: "Sie waren ein toller Kollege, von allen Fraktionen angesehen. Wir werden Sie vermissen."
Frank Steffel ist seit 2009 Bundestagsabgeordneter. 2001 war er Spitzenkandidat der Berliner CDU für das Amt des Regierenden Bürgermeisters. Damals ließ er sich als "Kennedy von der Spree" vermarkten, unterlag jedoch klar gegen den SPD-Politiker Klaus Wowereit. Sein Abgang aus dem Bundestag ist auch ein Rückzug aus der Politik.
Das ist bei Kai Wegner anders. Auch er kommt aus Berlin, auch er will Regierender Bürgermeister werden - und zwar bei der Abgeordnetenhauswahl, die parallel zur Bundestagswahl am 26. September stattfindet. Das ist auch der Grund, warum er nicht wieder als MdB antritt.
Mit Arnold Vaatz verlässt einer der letzten DDR-Bürgerrechtler den Bundestag. Der Sachse war im Herbst 1989 Mitglied im Neuen Forum und trat im Februar 1990 der CDU bei. Von 1990 bis 1998 war er Mitglied im sächsischen Landtag, seither im Bundestag. Seit 2002 ist er Vizechef der Unionsfraktion.
Vaatz löste auch immer wieder Kontroversen aus, etwa 2020, als er die Corona-Proteste verteidigte, indem er sagte, die Black-Lives-Matter-Demonstrationen seien ja auch gelobt worden. Mit solchen Positionen wirkte der vereidigte Briefmarkenprüfer auch in der CDU gelegentlich wie ein Relikt aus konservativeren Zeiten.
Der sauerländische CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg verlässt den Bundestag nicht freiwillig. Von der Kandidatur für ein Direktmandat wurde er von Friedrich Merz verdrängt, dessen Nachfolger er 2008 im Bundestag geworden war. Merz hätte auch einen anderen Wahlkreis im Sauerland haben können, wollte aber nicht.
Sensburg, Professor an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster, steht nun zwar auf der Landesliste der NRW-CDU, aber nur auf Platz 65. Da die nordrhein-westfälische Landesgruppe in der Unionsfraktion aktuell nur 42 Mitglieder hat, ist es unwahrscheinlich, dass er die Rückkehr in den Bundestag schafft.
Ebenfalls nicht mehr im Bundestag vertreten sein wird Joachim Pfeiffer. Auch dieser Abschied erfolgte mutmaßlich nicht ganz freiwillig: Gegen Pfeiffer gab es am Rande der Masken- und Aserbaidschan-Affäre der Union Lobbyismus-Vorwürfe.
Pfeiffer trat im April von seinem Amt als wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion zurück und kündigte an, nicht mehr für den nächsten Bundestag zu kandidieren. Pfeiffer galt als Teil des "Bermudadreiecks der Energiewende", der den Ausbau der Erneuerbaren in den vergangenen Jahren recht erfolgreich blockierte.
Der CSU-Politiker Hans Michelbach scheidet ebenfalls aus dem Bundestag aus. "Nach 27 Jahren im Bundestag, zwölf Jahren als Bürgermeister von Gemünden und sechs Jahren im Coburger Stadtrat ist die Zeit gekommen, Jüngere ranzulassen", erklärte der heute 72-Jährige im vergangenen Oktober.
Auch sein Parteifreund Gerd Müller hört auf. Müller ist seit 1994 Abgeordneter und seit 2013 Entwicklungsminister. Vehement und erfolgreich setzte er sich zusammen mit Arbeitsminister Hubertus Heil für ein Lieferkettengesetz ein ...
… und drückte es gegen heftige Widerstände durch. Politik macht er erkennbar, um zu gestalten - nicht um zu verwalten. "Das muss die Politik verstehen: Wir leben in einem globalen Dorf", sagte er der Münchner "Abendzeitung" kürzlich. "Mit unserem Konsum stoßen wir CO2 aus, das Klima wandelt sich und die Ärmsten der Armen verlieren ihre Lebensgrundlage. Sie müssen flüchten. Das lässt sich alles ändern. Nur fehlt oft der politische Wille."
Müller ist Deutschlands Kandidat für die Leitung der UN-Organisation für industrielle Entwicklung, Unido. Man müsse sehe, "ob die vielen Entwicklungsländer unter den 170 Unido-Mitgliedern einen Kandidaten aus der Industrie-Welt akzeptieren", sagte Müller der "Abendzeitung". Die Entscheidung falle im Juli. Wenn er nicht Unido-Chef werde, "mache ich einfach ehrenamtlich weiter - als Stimme einer gerechten Globalisierung".
Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt wird Hoher Repräsentant der EU in Bosnien-Herzegowina und scheidet daher nach 30 Jahren aus dem Bundestag aus.
Die hier genannten Abgeordneten sind nur eine Auswahl, insgesamt hören mehr als 40 Unionsabgeordnete auf. Dazu kommen einigen, die bereits aus dem Bundestag ausgeschieden sind. Zum Beispiel die ehemalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die seit Ende 2019 Präsidentin der Europäischen Kommission ist.
Oder Stephan Harbarth (CDU). Der Fraktionsvize wurde 2018 zum Richter am Bundesverfassungsgericht befördert. Seit 2020 ist er Präsident des Karlsruher Gerichts und damit protokollarisch der fünftranghöchste Repräsentant des Staates.
Schon ausgeschieden ist auch Peter Tauber. Der 46-Jährige zog sich aus gesundheitlichen und familiären Gründen aus der Politik zurück. Tauber war von 2013 bis 2018 CDU-Generalsekretär und danach Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Sein Bundestagsmandat legte er im Mai nieder. Im Juni wurde bekannt, dass er künftig als Pressesprecher eines Bekleidungsherstellers arbeiten wird.
Michael Stübgen hat den Bundestag ebenfalls wegen eines neuen Jobs verlassen: Er ist seit November 2019 Innenminister des Landes Brandenburg.
Auch der heute fraktionslose Abgeordnete Georg Nüßlein, einst Mitglied der CSU, wird dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören. Mit ihm begann die bereits erwähnte Masken-Affäre der Union, die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn sowie den langjährigen CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter wegen Korruptionsverdachts.
Andere Abgeordnete, gegen die ähnliche Vorwürfe erhoben werden, sind nicht nur aus der Unionsfraktion ausgetreten, sondern haben ihr Mandat bereits niedergelegt. Mark Hauptmann etwa, dessen Wahlkreis in Südthüringen der umstrittene Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen übernommen hat. Hauptmann stolperte über Masken-Deals sowie über Geschäfte mit der Öl-und-Gas-Diktatur Aserbaidschan.
Aserbaidschan und Masken sind auch die beiden Punkte in der politischen Biografie des einstigen CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel, durch die selbige ein Ende fand. Wie Hauptmann legte Löbel sein Mandat im März nieder und trat aus der CDU aus.
Was für Löbel und Hauptmann Aserbaidschan, war für den CSU-Bundestagsabgeordneten Tobias Zech Nordmazedonien. Er legte sein Mandat ebenfalls im März nieder, nachdem bekannt wurde, dass er Geschäfte mit einem wegen Korruption verurteilten mazedonischen Politiker gemacht hatte.
Prominente Abschiede gibt es auch bei den Sozialdemokraten. So tritt der frühere Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende Martin Schulz nicht für eine weitere Legislaturperiode an. Schulz ist mittlerweile Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung und scheidet somit nicht ganz aus der Politik aus.
In seiner letzten Rede im Bundestag zog der überzeugte Europäer als Schlussfolgerung aus der Pandemie: "Einigkeit macht stark." Auch in Zukunft werde er sich für ein starkes, friedliches und soziales Europa einsetzen, schloss er seine Rede, für die er auch aus anderen Fraktionen Beifall erhielt. Auch Parlamentspräsident Schäuble wünschte Schulz alles Gute.
Einen besonders herzlichen Abschied hatte einige Tage zuvor SPD-Haushaltsexperte Lothar Binding von Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bekommen. "Sie haben es immer geschafft, aus einer vermeintlich trockenen Angelegenheit ein Herzensthema zu machen", sagte die Grüne. Über sechs Legislaturperioden habe Binding "diesen Laden gerockt".
Nicht ganz so lange war Christoph Matschie dabei. Im Bundestag war er von 1990 bis 2004 und dann noch mal seit 2017. Matschie war 1989 noch vor dem Mauerfall in die neu gegründete Sozialdemokratische Partei der DDR eingetreten.
Von 1999 bis 2014 war Matschie SPD-Chef in Thüringen, wo er auch Kultusminister war. Seine Rückkehr in den Bundestag war auch eine Folge von innerparteilichen Querelen in Thüringen.
Auch Bundestagsvizepräsidentin Dagmar Ziegler wird dem nächsten Bundestag nicht angehören. Sie übernahm dieses Amt nach dem Tod von Thomas Oppermann. Bundestagsabgeordnete ist Ziegler seit 2009. Zuvor war sie Finanzministerin, später Arbeitsministerin in Brandenburg.
Ulla Schmidt, Bundestagsabgeordnete seit 1990, war von 2001 bis 2009 Bundesgesundheitsministerin und von 2013 bis 2017 Bundestagsvizepräsidentin. Dieses Amt wollte sie nach Oppermanns Tod noch einmal übernehmen. Bei einer Kampfabstimmung gegen Dagmar Ziegler erhielten beide 66 Stimmen; Ulla Schmidt zog ihre Bewerbung danach zurück.
Fritz Felgentreu war seit 2018 verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Im Streit über die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr legte er dieses Amt im Dezember 2020 nieder.
Die Fraktion wolle weiter "ergebnisoffen" über die Drohnen-Bewaffnung diskutieren, schrieb Felgentreu auf Twitter. Er respektiere dies, "aber die Entscheidung stellt mich auch vor ein Dilemma". Deshalb habe er sein Amt als verteidigungspolitischer Sprecher niedergelegt. Seinen Abschied aus dem Bundestag hatte der 52-Jährige aber schon vorher angekündigt.
Wie Ulla Schmidt war auch Barbara Hendricks einst Ministerin, nämlich für Umwelt im dritten Kabinett von Angela Merkel, von 2013 bis 2018. Sie ist seit 1994 im Deutschen Bundestag. Barbara Hendricks vertrat Deutschland …
… beim Pariser Klimagipfel 2015. In ihrer letzten Rede im Bundestag am 24. Juni erinnerte sie an den "euphorischen Moment", als das Abkommen von Paris beschlossen wurde - und rief dazu auf, nicht nur gegen den Klimawandel zu kämpfen, sondern auch "gegen die Feinde der Demokratie".
Mit Christine Lambrecht verlässt eine amtierende Ministerin den Bundestag. Sie wurde Justizministerin …
… als ihre Vorgängerin Katarina Barley 2019 vom Bundestag ins Europaparlament wechselte. Lambrecht wurde zusätzlich Familienministerin, …
… als Franziska Giffey im Mai 2021 dieses Amt niederlegte, weil die Freie Universität Berlin ihr den Doktortitel entzog (Mitglied des Bundestags war Giffey nicht).
Florian Pronold beendet seine politische Laufbahn ebenfalls. Er war von 2009 bis 2017 Vorsitzender der bayerischen SPD, im Bundestag ist er seit 2002. Unter Barbara Hendricks war Pronold Parlamentarischer Staatssekretär im Umweltministerium - ein Amt, das er auch unter Umweltministerin Svenja Schulze behielt.
Wie Ute Vogt galt Pronold mal als Hoffnungsträger seines Landesverbands - Vogt war von 1999 bis 2009 SPD-Chefin in Baden-Württemberg. Von 2002 bis 2005, also unter dem damaligen Innenminister Otto Schily, war Vogt Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium.
Auch die hier Genannten sind nur eine Auswahl von SPD-Abgeordneten, die aus dem Bundestag ausscheiden. Insgesamt kandidieren mehr als 40 MdBs der SPD-Fraktion nicht erneut - was auch eine Folge der Verjüngung ist, …
… die SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil noch zur Zeit von Parteichefin Andrea Nahles durchgesetzt hat. "Die nächste SPD-Bundestagsfraktion wird jünger und vielfältiger sein", sagte Klingbeil im Oktober 2020 im Interview mit ntv.de.
Nahles selbst gehört dem Bundestag bereits seit dem Oktober 2019 nicht mehr an, sie legte ihr Mandat nieder, nachdem sie vom SPD-Vorsitz zurückgetreten war. Heute ist Nahles Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation und tritt öffentlich kaum noch in Erscheinung.
Bereits aus dem Bundestag ausgeschieden sind auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel …
… sowie Johannes Kahrs, lange einer der einflussreichsten Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag. Kahrs kehrte der Politik den Rücken, nachdem seine Fraktion ihn nicht für das Amt des Wehrbeauftragten nominiert hatte.
Neun Abgeordnete der AfD-Fraktion kandidieren nicht noch einmal für den Bundestag, darunter der ehemalige Oberstaatsanwalt Roman Reusch, der seine Fraktion im Parlamentarischen Kontrollgremium vertritt, dem Ausschuss für die Kontrolle der Geheimdienste.
Weitere sechs AfD-Abgeordnete haben ihre Fraktion in der zu Ende gehenden Legislaturperiode verlassen, sind aber im Bundestag geblieben. Darunter ist die frühere Parteichefin Frauke Petry. Sie hat bereits angekündigt, nicht für eine weitere Amtszeit anzutreten.
Dass es im Bundestag fraktionslose Abgeordnete gibt, ist keine Seltenheit. Dass sie es jedoch ohne die Unterstützung einer größeren Partei zurück in den Bundestag schaffen, kam nur in der Frühgeschichte der Bundesrepublik und auch damals nur in Ausnahmefällen vor.
Diese Regel versucht der Abgeordnete Marco Bülow zu durchbrechen. Bülow verließ die SPD-Bundestagsfraktion im November 2018, im vergangenen Jahr trat er der PARTEI bei. Mit ihrer Unterstützung will er im September sein Direktmandat in Dortmund verteidigen.
Bei der FDP kandidieren zwölf Abgeordnete nicht wieder für den Bundestag, darunter Hermann Otto Solms, der erstmals 1980 in den Bundestag eingezogen war. Solms war von 1991 bis 1998 Fraktionschef der FDP im Bundestag - das war die Zeit der Koalition von Union und FDP unter Bundeskanzler Helmut Kohl.
Danach war Solms bis 2013 Bundestagsvizepräsident. Seit 2020 ist er Ehrenvorsitzender seiner Partei, deren Schatzmeister er lange war.
In seiner Abschiedsrede am 24. Juni wies Solms darauf hin, dass er - "viele Jüngere wissen das nicht" - in seiner Zeit als Fraktionschef eng und vertrauensvoll mit Schäuble zusammengearbeitet habe, der damals Unionsfraktionsvorsitzender war. "Damals wäre die Regierung gar nicht auf die Idee gekommen, an den Köpfen des Parlaments vorbei Entscheidungen zu treffen", merkte er an.
"Nie gab es mehr zu tun", sagte Solms am Ende seiner Rede an die Adresse der Abgeordneten des nächsten Bundestags. Der 78-jährige Schäuble sagte dem 80-jährigen Solms im Anschluss: "Für mich waren Sie immer ein relativ jüngerer Kollege."
Deutlich jünger ist mit 45 Jahren Katja Suding, doch auch sie verlässt den Bundestag. "Für mich ist das ein total normaler Schritt", sagte sie im September 2020 im Interview mit ntv.de. "Ich halte es für eine große Ehre, gewählte Abgeordnete sein zu dürfen. Aber ich glaube nicht, …
… dass es für alle ein Traumjob ist, 80 Stunden pro Woche zu arbeiten und permanent unter öffentlicher Beobachtung zu stehen." Suding war langjährige Vorsitzende der FDP in Hamburg und erst seit 2017 Bundestagsabgeordnete.
Bereits 2019 schied Thomas Kemmerich aus dem Bundestag aus, um in den Erfurter Landtag zu wechseln. Bekannt wurde der FDP-Politiker nicht als MdB, sondern als Kurzzeit-Ministerpräsident, weil er sich mit den Stimmen der AfD hatte zum Thüringer Regierungschef wählen lassen.
Zwei prominente Politiker gehören in der Linksfraktion zu denen, die den Bundestag verlassen. Da ist zum einen Fabio De Masi, der zwar erst seit 2017 dem Bundestag angehört, sich aber als Mitglied im Wirecard-Untersuchungsausschuss einen Namen gemacht hat. In einem längeren Brief, den er im Februar auf seiner Webseite veröffentlichte, …
… erklärte De Masi, dass er sich aus persönlichen Gründen für einen Verzicht auf eine weitere Kandidatur entschieden habe. Aber in dem Schreiben klangen auch politische Gründe durch. An ihn sei der Wunsch herangetragen worden, …
… für den Linken-Vorsitz zu kandidieren "und Einfluss auf die Ausrichtung der Partei zu nehmen". Und weiter: "Dafür braucht es aber gemeinsamen Spirit. Sonst ist ein Erfolg nicht möglich. Ich möchte aber in meiner jetzigen Lebensphase meine Energie nicht in eingeübten Ritualen und Machtkämpfen verausgaben."
Er wandte sich zugleich gegen das, was man Identitätspolitik nennt. "Identität ist wichtig im Leben. Sie darf aber nicht dazu führen, dass nur noch Unterschiede statt Gemeinsamkeiten zwischen Menschen betont werden und sich nur noch 'woke' Akademiker in Innenstädten angesprochen fühlen."
Der Außenpolitiker Stefan Liebich verlässt den Bundestag ebenfalls, dem er seit 2009 angehört. Der "Frankfurter Rundschau" sagte Liebich, er habe sich immer viel mit Außenpolitik befasst, "nun würde ich gerne mal im Ausland leben". Auch er klingt, als sei er von seiner Partei ein bisschen genervt, …
… auch wenn Liebich als "Realo" einem anderen Flügel angehört als Fabio De Masi. Sein Amt als Obmann im Auswärtigen Ausschuss gab er bereits Anfang 2020 auf, nachdem er seinen Abschied aus der Politik angekündigt hatte. "Die Kämpfe dort nicht mehr weiter zu führen, ist ein Luxus, den ich mir erlaube", sagte der Berliner damals der "taz". Liebich hofft immer noch auf eine "progressive Regierung", wie er im Mai im Bundestag sagte.
Bei den Grünen hört unter anderem die Haushaltspolitikerin und Fraktionsvize Anja Hajduk auf. "Für meine nächste Berufsphase wünsche ich mir jedoch eine neue Herausforderung in einem anderen Umfeld", teilte die 58-Jährige im September 2020 mit.
Hajduk war von 2002 bis 2008 Bundestagsabgeordnete und erneut seit 2013. Dazwischen war sie von 2008 bis 2010 Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg. In ihrer letzten Rede warb sie dafür, "dass wir dauerhaft kraftvoll in unsere Zukunft investieren". Dafür einen Kredit aufzunehmen, …
… sei nicht unvernünftig, sondern "ökonomische Rationalität". Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki dürfte das ganz anders sehen, dennoch lobte er Hajduks "segensreiche Arbeit als stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses in den Anfangsjahren Ihrer Karriere im Deutschen Bundestag".
Bereits ausgeschieden ist Danyal Bayaz, weil er im Mai Finanzminister der grün-schwarzen Landesregierung von Baden-Württemberg wurde.
Katja Dörner war von 2009 bis 2020 Bundestagsabgeordnete. Sie gab ihr Mandat auf, nachdem sie zur Oberbürgermeisterin von Bonn gewählt worden war.
Kerstin Andreae, die dem Bundestag seit 2002 angehört hatte, gab ihr Mandat 2019 auf und wechselte zum Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, deren Hauptgeschäftsführerin sie seither ist.
Vier Bundestagsabgeordnete sind in der zu Ende gehenden Legislaturperiode verstorben, darunter der SPD-Abgeordnete Ewald Schurer, der bereits im Dezember 2017 starb.
Der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz erlag im November 2019 einer langen, schweren Krankheit. Dem "Spiegel" hatte er fünf Monate zuvor ein sehr lesenswertes Interview gegeben. "Ich lebe unheimlich gerne, ich liebe das Leben", sagt er darin, "aber ich habe keine Angst vor dem Tod. Das ist für mich in Ordnung, dass ich sterbe."
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann verstarb im Oktober 2020. "Thomas Oppermann war ein Mensch ohne Allüren", sagte sein Parteifreund und Wahlkreisnachbar Johannes Schraps damals zu ntv.de, und auch vielen anderen Kollegen dürfte der SPD-Politiker vor allem als feiner Kerl in Erinnerung geblieben sein.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz verstarb im März 2021 nach einer Notlandung ihres aus Kuba kommenden Flugzeugs im irischen Limerick. Strenz hatte mehrfach als Lobbyistin für Aserbaidschan Schlagzeilen gemacht; kritisiert wurde im Frühjahr, dass sie der Unionsfraktion weiterhin angehörte, während Mark Hauptmann, Nikolas Löbel, Tobias Zech und Georg Nüßlein gehen mussten.
Mit dem Ende der 237. Sitzung verabschiedet sich der 19. Bundestag am 25. Juni in die Sommerpause. Gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes muss der neu gewählte Bundestag spätestens dreißig Tage nach der Wahl zur konstituierenden Sitzung zusammentreten, also am 26. Oktober. Da Koalitionsverhandlungen bekanntlich immer länger dauern, …
… dürfte Angela Merkel dann zwar nicht mehr Abgeordnete, aber immer noch Kanzlerin sein.