
Am Finaltag der Europameisterschaft in Frankreich zeigte sich noch einmal: Fußball begeistert die Massen.
Auf der Berliner Fanmeile ohne deutsche Endspielbeteiligung zwar weniger als gewohnt.
Aber in Paris.
In Lissabon.
Und ganz offensichtlich auch im Insektenreich.
In Paris besetzten gut eine Stunde vor dem Anpfiff des EM-Endspiels zwischen Portugal und Frankreich plötzlich zigtausende Falter das Stade de France.
Auf dem Rasen.
Auf Eckfahnen.
Auf Kameras.
Auf Pierluigi Collina und dem Schiedsrichterteam um Mark Clattenburg. Die Referees hatten beim Betreten des Platzes große Mühe, ...
... sich die Kleintiere vom Leib zu halten. Das galt auch für Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps.
Die Falter waren überall.
Und sie waren überall in der Überzahl.
Kurz bevor beide Teams zum Aufwärmen den Innenraum betraten, brachten die Rasensprenger ein wenig Besserung. Lästig blieben die Falter dennoch.
Überaus lästig sogar.
Respekt? Fehlanzeige.
Von den elektronischen Werbebanden mussten sie mit Besen entfernt werden.
Die Falter tummelten sich weiter auf dem Platz. Grund für die Invasion übrigens: Von Samstag auf Sonntag war die Stadionbeleuchtung angeblieben.
Laut ARD, in deren Livebild sich die Falter immer wieder drängelten, sollte das dazu dienen, um im vom Terror geplagten Frankreich mit dem gleißenden Licht in der Nacht vor dem Spiel für mehr Sicherheit zu sorgen.
Unerwünschter Nebeneffekt dieser vorsorglich getroffenen Maßnahme war jedoch: Sie zog die Plagegeister an, und zwar massenhaft.
Kurz vor dem Anpfiff beruhigte sich die Situation. Voller Falter blieb das Stade de France dennoch.
Und die sahen von besten Plätzen, ...
... wie sich kurz nach dem Anpfiff ein erstes Fußballdrama zutrug.
Im Mittelpunkt: Cristiano Ronaldo.
Bei einem harten Einsteigen von Frankreichs Dimitri Payet verletzte sich Portugals Superstar bereits in der 8. Minute schwer am Knie.
Die medizinische Abteilung versuchte zwar alles, ...
... kurzzeitig kehrte Ronaldo mit bandagiertem Knie auf den Platz zurück.
Doch in der 24. Minute ging es nicht mehr weiter.
Portugals Superstar musste verletzt raus, ...
... vorher ließ sich noch ein Falter auf ihm nieder.
Unter Tränen ...
... wurde Ronaldo dann vom Platz getragen, laufen konnte er nicht mehr.
Schock für die Fans. Der Mann, der Portugal ins Endspiel geschossen hatte, war schon nicht mehr dabei.
In einem Spiel, dass die Franzosen um Antoine Griezmann ...
... ohnehin schon dominiert hatten.
Der sechsfache Turniertorschütze hatte die besten Chancen für die Franzosen.
Aber weder er noch seine Teamkollegen trafen ...
... gegen Portugiesen, die ohne ihren Offensivstar Ronaldo praktisch keine Angriffsbemühungen übernahmen.
Auffälliger als Portugals Angriff: Dieser Flitzer, der in der zweiten Halbzeit den Rasen stürmte.
Weit schaffte er es nicht, auch nicht ins Live-TV-Bild der Uefa.
Die TV-Zuschauer in aller Welt bekamen nicht zu sehen, wie der Flitzer erst gestellt ...
... und dann gut bewacht vom Platz geführt wurde.
Viel beschäftigt: Portugals Torhüter Rui Patricio, der ein überragendes Spiel lieferte.
Er hielt, was zu halten war.
Er ließ Frankreichs Offensive verzweifeln.
Und als er in der 91. Minute doch einmal geschlagen war, ...
... rettete der Pfosten die Portugiesen.
Konsequenz: Keine Tore im Stade de France nach 90 Minuten, Verlängerung.
Die erlebte auch Ronaldo mit bandagiertem Knie wieder im Stadioninnenraum mit. Erst auf der Bank, ...
... dann als Motivator ...
... und Zweittrainer in der Coachingzone.
Und litt dann Höllenqualen, als sich in der 109. Minute Unglaubliches zutrug.
Seine Portugiesen, bis dahin offensiv entweder extrem harmlos oder bei zwei Lattentreffern extrem glücklos, ...
... gingen in Führung. Joker Eder verwandelte einen schönen Fernschuss.
Frankreichs Keeper Hugo Lloris war machtlos ...
... und für Ronaldo begannen die dreizehn längsten Minuten seiner Karriere.
So lange blieb Didier Deschamps Franzosen noch, um zumindest den Ausgleich und Elfmeterschießen zu erzwingen.
So lange mussten die Portugiesen von Coach Fernando Santos noch überstehen.
Es wurde ein Nervenspiel, doch Portugals Abwehr und Nerven hielten.
Als Schiedsrichter Mark Clattenburg nach 122 Minuten schließlich abpfiff, war der Traum vom Heimtriumph für Antoine Griezmann und seine Franzosen geplatzt.
Und Portugal hatte im seltsamsten EM-Endspiel seit 2004 ...
... endlich den Titel erkämpft, den es eigentlich 2004 schon gewinnen wollte.
Und das über weite Strecken ohne jenen Spieler, der die Portugiesen erst ins Finale geführt hatte - aber genau für diesen Spieler.
Nach einem Turnier, in dem die Portugiesen von Santos von sieben Partien nur eine in der regulären Spielzeit gewonnen hatten, sich nur als Gruppendritter in die K.o.-Runde gezittert hatten und in drei von vier Spielen in die Verlängerung mussten.
Es war die angemessen finale Pointe in einem Turnier, das auch aufgrund des neuen Modus sportlich enttäuscht hatte.
Und nachdem sich die Franzosen ...
... Nationalcoach Didier Deschamps ...
... und seine Spieler noch lange fragen werden, wie sie dieses Finale verlieren konnten.
In Erinnerung bleiben werden auch unschöne Szenen rund um das Finale auf der Pariser Fanzone. Dort kam es während des Endspiels erneut zu Auseinandersetzungen ...
... zwischen meist jugendlichen Randalierern und der Polizei.
Die Beamten wurden am Eiffelturm mit Gegenständen beworfen, auch Gegenstände wurden in Brand gesetzt, nachdem sie die Fanzone wegen Überfüllung geschlossen und zahlreichen Anhängern den Zutritt verwehrt hatten.
Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und einen Wasserwerfer ein.
Bereits nach dem EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich hatte es am Rande der Siegesfeiern ...
... auf den Pariser Champs-Élysées Zusammenstöße gegeben.
Nachdem sich über den Pariser Prachtboulevard am Abend die Tränengasschwaden verzogen hatten, ...
... wurde friedlich weitergefeiert.
Und getrauert.