Über mangelnde Rollenangebote kann sich Helen Mirren nicht beklagen.
Anfang des Jahres ist sie im Western-Drama "1923", einem Ableger von "Yellowstone", zu sehen. Aktuell ...
... spielt sie an der Seite von Pierce Brosnan ...
... in der Gangster-Serie "Mobland" mit. Und demnächst kommt die britische Schauspielerin - ebenfalls ...
... mit Brosnan - mit der Krimikomödie "The Thursday Murder Club" ins Kino.
An ihrem 80. Geburtstag am 26. Juli 2025 macht die Oscar-Gewinnerin keine Anstalten, kürzerzutreten.
Dabei verspürt sie selbst nach so langer Zeit auf der Theaterbühne (hier in "Phèdre, 2009) ...
... und vor der Kamera (1996 am Set von "Abschied von Chase") ...
... immer noch Angst, wenn sie neue Rollen annimmt. "Man hat Angst vorm Scheitern, weil man dort etwas von sich preisgibt", verrät sie ...
... vor Jahren. "Man möchte seine Schauspielkollegen, den Regisseur und natürlich das Publikum nicht enttäuschen."
Diese Angst vor dem Scheitern ist für Mirren (hier in "The Last Station", 2010) jedoch eher ein Ansporn als ein Hindernis. "Die Dinge, die dir wirklich Angst machen, ...
... sind die Dinge, die du machen solltest", erklärt die wandlungsfähige Britin. "Denn es bedeutet, ...
... dass sie anspruchsvoll sind und dir eine Menge abverlangen. Aber sie machen auch Spaß. Wenn man die Angst einmal überwunden hat, dann wird es großartig." Geboren wird Helen Mirren ...
... 1945 als Elena Lydia Vasilievna Mironov in London. Der Name verrät es bereits: Ihre Wurzeln reichen weit über Großbritannien hinaus. Ihr Vater stammt aus Russland - aus einer Familie ...
... mit adeliger Vergangenheit, die in den Wirren der russischen Revolution nach England flüchtete. Ursprünglich Offizier in der zaristischen Armee, schlägt sich bereits Mirrens Großvater später als Taxifahrer in London durch.
Mirrens Mutter Katherine (l.) stammt aus der englischen Arbeiterklasse. Obwohl ihr Vater den Nachnamen Mironov später in Mirren ändert, um englischer zu klingen, bleibt die russische Seele ...
... dennoch in der Familie lebendig und prägt auch Helen (hier 1966 mit den Schauspielern Lucy Fleming und Tom Courtenay) selbst. Sie fühle sich manchmal immer noch als Außenseiterin und "sehr russisch", ...
... sagt sie immer wieder in Interviews. Ihre Kindheit und Jugend verbringt sie im Küstenstädtchen Southend-on-Sea und im Vorort Westcliff-on-Sea, wo sie bereits in Schulaufführungen mitwirkt.
Mit 18 Jahren tritt sie dem National Youth Theatre bei und feiert dort mit der Rolle der Cleopatra (im Bild) in "Antony and Cleopatra" erste Erfolge. Die Mischung aus Anmut, innerer Stärke ...
... und sinnlicher Präsenz fällt schnell auf, bald wird sie in die Royal Shakespeare Company aufgenommen - ein Ritterschlag für jeden Bühnenschauspieler im Vereinigten Königreich.
Auch der Schritt von der Theaterbühne zum Film lässt nicht lange auf sich warten. Ihren ersten Leinwandauftritt hat Mirren 1967 in dem experimentellen Independentfilm "Herostratus" - ein ambitioniertes Projekt über einen Mann, ...
... der seinen eigenen Suizid als Medienspektakel inszenieren will. Zwar wird der Film kein kommerzieller Erfolg, doch Mirrens Auftritt fällt auf: sinnlich, rätselhaft und mutig.
1969 folgt "Das Mädchen vom Korallenriff", in dem sie eine junge, wilde Inselbewohnerin spielt, die einem älteren Maler, gespielt von James Mason, Modell steht. Mirrens Rolle ist körperbetont, ...
... freizügig und provokant - erstmals steht sie im Spannungsfeld zwischen Kunst und Erotik. Ein Motiv, das sie in den 1970er-Jahren mehrfach begleitet.
Für das Drama "Savage Messiah" (1972) über den Bildhauer Henri Gaudier-Brzeska steht Mirren nackt vor der Kamera. Auch im bizarren, beinahe pornografischen Historienfilm ...
... "Caligula" (1979), der vom Erotikmagazin "Penthouse" finanziert wird - laut Mirren eine "unwiderstehliche Mischung aus Kunst und Genitalien" -, spielt sie mit ...
... und datet später ihren Co-Star Peter O'Toole (l.). Mit Nacktheit hat Mirren kein Problem. In Interviews erzählt sie sogar oft, eine begeisterte Nudistin zu sein. Doch ihr Sex-Appeal und ...
... ihr für damalige Verhältnisse provokantes Auftreten bringen im konservativen Großbritannien der 70er-Jahre Nachteile mit sich. Mirren bekommt den alltäglichen Sexismus zu spüren.
In einer BBC-Talkshow wird sie 1975 gar als "Sex-Queen der Royal Shakespeare Company" angekündigt. Moderator Michael Parkinson (im Bild beide im Jahr 2008) fragt, ob ihre "körperlichen Attribute" für die Karriere hinderlich seien.
"Ernstzunehmende Schauspielerinnen dürfen also keinen großen Busen haben, meinen Sie das?", kontert sie genervt. Das Interview sorgt in Großbritannien für viel Aufsehen. Jahrzehnte später ...
... blickt Mirren in der "Daily Mail" auf den sexistischen TV-Talk zurück. "Er hatte recht", sagt sie. "Wegen meines Aussehens wurde ich nicht als ernsthafte Schauspielerin wahrgenommen."
Doch das ändert sich. Der Gangsterfilm "Rififi am Karfreitag" (1980) mit Bob Hoskins - heute ein Klassiker des Genres - macht sie 1980 auf der Leinwand international bekannt. Darin ...
... spielt sie Victoria, die kluge Partnerin eines Londoner Gangsterbosses, und zeigt ihre Fähigkeit, starke Frauenfiguren mit Tiefe zu spielen. Ein Jahr später ...
... überzeugt sie als machtvolle Zauberin Morgana mit ihrer dunklen Eleganz und erotischen Spannung in "Excalibur" (1981) nicht nur die Zuschauer, sondern auch ...
... ihren Co-Star Liam Neeson. 2018, als beide zu Gast in der "Graham Norton Show" sind, gibt Neeson seine Reaktion bei seiner ersten Begegnung mit Mirren wieder: Als sie am Set in ihrem Kostüm auf ihn zugegangen sei, ...
... habe er laut "Fuuuuuuuck" gesagt. Auch Mirren spricht 2022 mit "AARP" über ihre Beziehung zu Neeson: "Wir liebten einander. Wir waren nicht füreinander gemacht, aber wir liebten einander ...
... wirklich sehr", blickt die Schauspielerin auf ihre Beziehung zurück. "Ich verspüre auch heute noch eine sehr tiefe Liebe für ihn. Er ist einfach so ein großartiger Typ."
Ihre erste Auszeichnung erhält Mirren für "Cal" (1984). In dem Drama spielt sie eine katholische Witwe in Nordirland, die sich in einen IRA-Sympathisanten verliebt. Bei den ...
... Filmfestspielen in Cannes erhält sie für ihre emotionale Tiefe den Darstellerpreis. Zudem wird sie erstmals für einen BAFTA nominiert. Beim Vorsprechen für ...
... "White Nights" (1985) in Los Angeles lernt Helen Mirren den US-Regisseur Taylor Hackford kennen. Obwohl Hackford professionell beeindruckt ist, lässt er sie nach eigener Aussage "stundenlang warten". Mirren ...
... gefällt das gar nicht. Später sagt sie lachend über diese erste Begegnung: "Ich dachte: Was für ein arroganter Idiot!" Mit der Zeit ändert sich das Bild. Aus beruflicher Zusammenarbeit entwickelt sich eine ...
... langsam wachsende Beziehung. 1997, nach mehr als zehn gemeinsamen Jahren, heiraten die beiden - eher beiläufig und aus pragmatischen Gründen. Denn für Mirren war die Ehe ...
... nie ein Lebensziel. "Ich war nie das Mädchen, das von einer Hochzeit geträumt hat", sagt sie einst. Lange leben die beiden in Los Angeles, ...
... haben aber auch ein gemeinsames Anwesen in London (im Bild), eines in Italien und später auch ein Landhaus in Südfrankreich. Die Ehe ...
... bleibt kinderlos - eine Entscheidung, die Mirren nie bereut hat: "Es ist einfach nicht passiert und ich habe es akzeptiert. Ich hatte ein anderes Leben." Hackford hingegen bringt ...
... zwei Söhne in die Ehe: Schauspieler Rio und Alexander, der im Musik- und Technologiebereich arbeitet. Obwohl Mirren keine klassische Stiefmutterrolle eingenommen hat, ...
... hat sie ein gutes Verhältnis zu den Kindern ihres Mannes. Rios Tod im Jahr 2022 ist ein schwerer Schlag für beide. Ihr Stiefsohn sei ein "wundervoller Mensch und Künstler" gewesen, würdigt sie ihn.
Obwohl Taylor Hackford als Regisseur - etwa für "Ray" oder "Im Auftrag des Teufels" - tätig ist, haben er und Helen Mirren seit 1985 nur noch einmal zusammengearbeitet - ein bewusster Schritt, um Privates und Berufliches nicht zu vermischen.
2010 erscheint mit "Love Ranch" ihr zweiter und bis dato letzter gemeinsamer Film. Darin mimt Mirren eine toughe Bordellbesitzerin in den 70er-Jahren, die ihren Ehemann ...
... mit einem deutlich jüngeren argentinischen Boxer betrügt. Als ihm das Drehbuch vorlag, habe er sofort gewusst, seine Ehefrau in dieser starken Rolle sehen zu wollen, sagt Regisseur Hackford später.
Mirren sei aber vom Wesen her "ekelhaft lieb", sodass er ihr habe beibringen müssen, mehr Härte in ihre Figur zu bringen. Diese Aussage ist auf den ersten Blick überraschend. Schließlich ist die 80-Jährige seit jeher berühmt für ihre Darstellungen ...
... von Frauen mit Autorität, Charisma und innerer Unerschütterlichkeit: In "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" (1989) spielt Mirren eine misshandelte Ehefrau, ...
... die eine gefährliche Affäre beginnt. Ihre mutige, körperlich wie emotional intensive Rolle macht den Film zum Kunstklassiker.
Auch im Fernsehen macht Mirren eine gute Figur: Als Detective Jane Tennison durchbricht Mirren in der Polizeiserie "Heißer Verdacht" ab 1991 über fünf Staffeln ...
... Geschlechterrollen im Fernsehen. Ihre realistische, facettenreiche Darstellung macht die Figur zur feministischen Ikone Großbritanniens. Ab 1992 ...
... wird sie für ihre Rolle drei Mal in Folge ...
... mit einem BAFTA Award als beste Fernsehschauspielerin ...
... und 1996 mit einem Emmy ausgezeichnet.
In "King George - Ein Königreich für mehr Verstand" (1995) mimt sie die loyale Königin Charlotte, die ihrem ...
... kranken Ehemann mit Würde, Zurückhaltung und emotionaler Tiefe beisteht. Im Alter von 50 Jahren wird Mirren für diese Rolle erstmals für einen Oscar als beste Nebendarstellerin nominiert.
1999 spielt sie in "Tötet Mrs. Tingle!" eine furchteinflößende, manipulative Lehrerin mit psychotischen Zügen ...
... und liefert eine kultige, fast theatralisch-böse Performance ab.
In Robert Altmans Ensemblefilm "Gosford Park" (2001) spielt Mirren die Haushälterin Mrs. Wilson - unterkühlt, verschlossen und mit einem emotional aufgeladenen Geheimnis, ...
... bevor sie zwei Jahre später in "Calendar Girls" als lebensfrohe Chris Harper - charmant, witzig und mit viel Herz - eine Gruppe älterer Frauen zu einem Aktkalender inspiriert.
Den größten Erfolg ihrer Filmkarriere feiert Mirren 2006. Für ihre Darstellung der britischen Königin Elizabeth II. in dem Drama "The Queen" ...
... erhält sie den Oscar als beste Hauptdarstellerin, ...
... zwei SAG Awards, ...
... den BAFTA und ...
... den Golden Globe. Einen ...
... weiteren erhält sie am selben Abend für ihre Darbietung ...
... als komplexe und zerrissene Königin in dem Fernsehfilm "Elisabeth I". Sie mimt darin die Titelfigur, die im 16. Jahrhundert regierte.
Schon vorher und nachher glänzt sie sowohl als Elisabeth II. (hier 2015) ...
... als auch als Elisabeth I. (hier 2022) am Theater. All das, obwohl sie in einem antimonarchistischen Haus groß wurde. "Ich ...
... weiß nicht, was meine Eltern davon gehalten hätten, dass ich die Königin spiele", scherzt Mirren vor der Oscar-Verleihung in einem TV-Interview. Mit anderen Rollen ...
... macht Helen Mirren die möglichen Vorbehalte ihrer Eltern aber sicherlich wieder wett. In "Ein russischer Sommer" (2009) spielt sie Sofja Tolstaja, die Ehefrau von Leo Tolstoi, so leidenschaftlich und widersprüchlich, dass sie erneut für einen Oscar nominiert wird. In ...
... "Eine offene Rechnung" (2011) ist sie als gealterte Mossad-Agentin, zerrissen zwischen Pflicht und Wahrheit, zu sehen. Und ...
... in "Trumbo" (2015) kann man sie als politisch fanatische Klatschkolumnistin Hedda Hopper erleben.
In ihrer langen Filmkarriere überzeugt sie in unterschiedlichsten Rollen und Genres - von Historienfilmen bis hin zu Krimis und Komödien. Sogar ...
... in Actionkomödien wie "R.E.D." (2010 und 2013), wo sie die pensionierte Killerin Victoria mit Coolness und trockenem Humor spielt, und in der ...
... "The Fast And The Furious"-Reihe mit muskulösen Actionstars wie Vin Diesel gehört Mirren zur wiederkehrenden Besetzung. Mit amüsanter Ironie spielt sie die prollige Mutter eines Ex-Soldaten.
Zuletzt beweist sie in "Das Leuchten der Erinnerung" (2017) an der Seite von Donald Sutherland, dass auch späte Lebensphasen Stoff für große Rollen bieten - ...
... als krebskranke Frau auf einer letzten Reise, zärtlich und humorvoll zugleich. In ihrem bislang letzten Kinofilm, ...
... White Bird" (2023), spielt Mirren die ältere Version einer jüdischen Frau, die als junges Mädchen während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich vor den Nazis fliehen musste. Seitdem ...
... zieht es die Schauspielerin zurück auf den Bildschirm - und auch dort bleibt sie ein Magnet. 2019 spielt sie in der Miniserie "Catherine the Great" die ...
... titelgebende russische Zarin - machtbewusst, leidenschaftlich und historisch vielschichtig.
2022 übernimmt sie in Taylor Sheridans Westernserie "1923" an der Seite von Harrison Ford die Hauptrolle der Cara Dutton, eine Figur voller Stärke, Tragik und Wildwest-Pathos.
Mit Ford hatte sie 1986 bereits im Drama "Mosquito Coast" gespielt. "Ich war damals als Filmschauspielerin noch unerfahren", sagt sie später. "Ich war eingeschüchtert, ...
... und mir war gar nicht bewusst, wie viel ich von Harrison gelernt habe." Nach 40 Jahren wieder mit ihm zu arbeiten, habe ihr gezeigt: "Ich lerne immer noch von ihm."
Warum Helen Mirren mit Blick auf eine Karriere voller faszinierender Spannbreiten noch immer Angst vor einem möglichen Scheitern hat, ist nicht nachvollziehbar.
"Man will ja nicht, dass die sagen: 'Na ja, irgendwie hat sie das nicht hingekriegt, oder?'", sagt sie selbst zu ihren Unsicherheiten. Bisher ist allerdings ...
... kein Fall bekannt, in dem Helen Mirren es nicht hingekriegt hat.