Panorama

Zurück zur Natur Anti-Parfüm-Kampagne

Parfüm ade! Kanada hat synthetischen Wohlgerüchen den Kampf angesagt. Der Leitspruch der Bewegung lautet "No Scents is Good Sense", was so viel bedeutet wie "Kein Duft, das ist gesunder Menschenverstand". Den Initiatoren geht es vor allem um einen besseren Schutz für Asthmatiker, Allergiker und andere Leute mit Atemproblemen. Nach Angaben der Lung Association von Neufundland und Labrador handelt es sich dabei immerhin um 15 bis 20 Prozent der kanadischen Bevölkerung, Tendenz steigend.

Die Anti-Parfüm-Kampagne begann 1998 in Halifax, der Hauptstadt der Atlantikprovinz Neuschottland. Damals beschloss die dortige Schulbehörde, in ihren 146 Schulen die Verwendung künstlicher Duftstoffe zu verbieten. Wenig später trat in sämtlichen Bildungseinrichtungen und Krankenhäusern Neuschottlands sowie bei der Stadtverwaltung von Halifax ein "No-Scents-Aufmerksamkeits-Programm" in Kraft. Es hatte zum Ziel, bei den Angestellten das Bewusstsein für die schädliche Wirkung künstlicher Duftstoffe zu fördern und auf deren Anwendung zu verzichten. Nach Angaben der Stadtverwaltung Halifax gab es auf die Initiative ein "enorm positives Feedback, sowohl von den Angestellten als auch von den Besuchern".

Vom Atlantik zog die Anti-Duftwolke langsam Richtung Westen - mit Erfolg. Inzwischen haben sich selbst in der Bundeshauptstadt Ottawa die meisten Ministerien und föderalen Institutionen wie das Statistische Bundesamt zu parfümfreien Zonen erklärt. In Ontario hängen die "No-Scents"-Schilder praktisch überall in Rathäusern, Fitnessclubs, Schwimmbädern, Arztpraxen und Schulen. Selbst Einladungen zum Elternabend oder zum Vorstellungsgespräch sind inzwischen mit der Bitte versehen, natürlich duftend zu erscheinen. Wie viele Leute sich daran halten, bleibt allerdings offen. Die Branche habe bis jetzt keinen Nachfragerückgang bei parfümierten Produkten feststellen können, sagt Karen Brown von der Canadian Cosmetic, Toiletry & Fragrance Association (CCTFA).

4000 verschiedene Chemikalien werden nach Angaben der Neufundländer Lung Association zur Herstellung von Düften in Deodorants, Duschgels, Haarsprays, Cremes, Lotions, Parfüms und After Shaves verwandt. Einzeln oder kombiniert können sie Gesundheitsbeschwerden auslösen: Husten, Schnupfen, Atemnot, Kopfschmerzen, Hautausschlag oder Brechreiz. Deshalb unterstützen viele Mediziner die Anti-Duft-Bewegung. Auch Faye Goldman, Allgemeinärztin in Ottawa, hat ein "No-Scents"-Poster in ihrer Praxis aufgehängt. "Aus zwei Gründen", erklärt sie. "Zum einen gibt es immer mehr Leute mit ernsthaften Allergien gegenüber Umwelteinflüssen, inklusive Parfüms. Zum anderen haben zwei meiner Mitarbeiterinnen an der Rezeption Asthma und umweltbedingte Allergien. Sie reagieren schnell und empfindlich auf starke Düfte."

Karen Brown von der CCTFA wehrt sich gegen diese Stigmatisierung des Parfüms. Allergien seien als immunologische Reaktionen auf Proteine definiert, sagt sie. Da künstliche Duftstoffe keine Proteine enthielten, könne man nicht von Allergien sprechen. Anders als etwa bei Erdnüssen gebe es bei einer Überreaktion auch niemals lebensbedrohliche Symptome. Und: Wolle man alle Produkte abschaffen, auf die jemand empfindlich reagiert, dürfe man auch keine Polstermöbel oder Blumen mehr verkaufen.

Doch zu einem offiziellen Verbot der Duftstoffe dürfte es so schnell nicht kommen. Die zuständige Gesundheitsbehörde Health Canada kümmert sich um andere Probleme, ebenso das Gesundheitsministerium von Ontario. Dessen Sprecher David Jensen stellt lakonisch fest: "Wir haben dazu eigentlich gar keine Strategie." Ein Glück für Leute, die künstliche Düfte dem natürlichen Körpergeruch vorziehen. Wenn ein Patient mal besonders nach Schweiß riecht, wird sogar die Ärztin mit dem "No-Scents"-Poster ihren Prinzipien untreu. "Gelegentlich haben wir solche Patienten", räumt Faye Goldman ein. "Dann versprühen wir anschließend in unseren Räumen einen milden Lufterfrischer. Aber einen, den meine Mitarbeiterinnen vertragen."

Quelle: ntv.de

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