Keine Anzeige gegen Zimmermädchen DSK spart sich Gegenoffensive
24.08.2011, 15:46 Uhr
Ein freier Mann: Dominique Strauss-Kahn.
(Foto: REUTERS)
Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn will den Prozess in den USA offenbar einfach nur hinter sich lassen. Wie sein Anwalt mitteilt, wird der Franzose keine Anzeige wegen Falschaussage gegen das Zimmermädchen erstatten, das den 62-Jährigen der Vergewaltigung bezichtigte. In Strauss-Kahns Heimat Frankreich beginnen Spekulationen um seine politische Zukunft.
Dominique Strauss-Kahn will nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn keine juristische Gegenoffensive starten. "Wir wollten das Ende des Strafverfahrens. Das haben wir erreicht", meinte sein Anwalt Benjamin Brafman in der französischen Tageszeitung "Le Parisien". Eine Anzeige wegen Falschaussage gegen das New Yorker Zimmermädchen Nafissatou Diallo sei nicht geplant. "Strauss-Kahn ist aus einem langen Alptraum erwacht. Nur diejenigen, die schon mal unschuldig angeklagt waren, wissen, was er durchgemacht hat", versuchte Brafman die Gefühlslage seines Mandanten zu beschreiben.
Diallo hatte Strauss-Kahn Mitte Mai wegen versuchter Vergewaltigung angezeigt, der 62-Jährige saß anfangs auch im Gefängnis. Weil es Zweifel an der Glaubwürdigkeit der jungen Frau gab, wurde das Strafverfahren gegen den früheren Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag in New York eingestellt. Eine Zivilklage läuft noch. Durch sie könnte Diallo trotz des beendeten Strafverfahrens Schadenersatz erhalten. Dass es einen sexuellen Kontakt zwischen dem Franzosen und der Hotelangestellten gab, ist erwiesen. Beim Vorwurf der versuchten Vergewaltigung steht allerdings Aussage gegen Aussage.
Anwalt sieht Zivilverfahren optimistisch
Vor dem bereits eingeleiteten Zivilverfahren erwartet Anwalt Brafman nichts Neues. "Es wird in sich zusammenfallen wie das Strafverfahren. Wenn die Aussage dieser Frau einmal als unglaubwürdig beurteilt wurde, wird das beim zweiten Mal nicht anders sein". Eine außergerichtliche Einigung mit Diallo sei weiter ausgeschlossen. "Strauss-Kahn hat keine Absicht, ihr Geld zu geben - und er hatte sie auch nie", kommentierte Brafman. Der Anwält rät seinem Mandanten, weiter zu dem genauen Ablauf der Ereignisse zu schweigen. "Wir haben immer gesagt, dass es keine Gewalt gab - dass die Beziehung nicht erzwungen, sondern einvernehmlich war. Abgesehen von diesen fundamentalen Aspekten, würde ich Strauss-Kahn nicht raten, zu erzählen, was in dem Zimmer passiert ist. Es war kein Verbrechen - das ist alles."
Eine Verschwörung gegen Strauss-Kahn schloss Brafman nicht aus. "Wir stellen uns Fragen, auf die wir keine Antworten haben - vor allem auf internationaler Ebene", erklärte der Jurist nebulös. Eventuell werde man "obskuren Dingen" weiter nachgehen. Er sei aber kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Ob Strauss-Kahn an einen Komplott glaube, wolle er nicht sagen.
PS wartet auf Strauss-Kahn
Über die weiteren Zukunftspläne von Strauss-Kahn ließ der Anwalt nichts verlauten. Der Ex-IWF-Chef hatte in New York gesagt, er könne es kaum erwarten, in seine Heimat zurückzukehren. Vor der Abreise gebe es aber noch ein paar kleinere Dinge zu erledigen.
In seiner Heimat Frankreich haben Spekulationen über die politische Zukunft des 62-Jährigen begonnen. Strauss-Kahn solle selbst bestimmen, wann und wie er sich positionieren wolle, meinte der sozialistische Präsidentschaftsbewerber François Hollande. Die Sozialistische Partei (PS), der "DSK" angehört, beginnt am Wochenende mit dem Vorwahlkampf.
Strauss-Kahn galt monatelang als aussichtsreichster möglicher PS-Kandidat für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. In Umfragen lag er stets vor allen anderen Bewerbern und auch vor Amtsinhaber Nicolas Sarkozy. Mit seiner Festnahme zerschlugen sich allerdings die Hoffnungen auf das höchste Staatsamt.
Strauss-Kahn, der die Bewerbungsfrist wegen des US-Verfahrens verstreichen ließ, könnte einen der anderen Bewerber unterstützen. Doch die Kandidaten wüssten, "dass sie sehr viel mehr zu verlieren als zu gewinnen haben, wenn sie ihn an ihrem Wahlkampf beteiligen", schrieb die regierungsnahe Zeitung "Figaro". Die Zeitung "Midi Libre" bezeichnete "DSK" als eine Art heiße Kartoffel, die keiner in den Händen halten wolle, "ein Elefant, der den brüchigen Porzellanladen zertrümmern könnte".
Offiziell hatten alle sozialistischen Parteigrößen erleichtert auf die bevorstehende Einstellung des Verfahrens reagiert. Die sozialistische Lokalpolitikerin Anne Mansouret, deren Tochter Tristane Banon den früheren französischen Finanzminister wegen eines Vergewaltigungsversuchs angezeigt hat, äußerte sich "schockiert" über die positiven Reaktionen ihrer Parteifreunde. "Ich bin morgens, mittags und abends empört", ereiferte sich Mansouret. Die Parteispitze halte es offenbar für normal, dass "eine der größten Persönlichkeiten des Planeten" mittags im Hotel mit einem Zimmermädchen Sex habe. wegen des Vergewaltigungsvorwurfes laufen in Frankreich Vorermittlungen gegen den 62-Jährigen. Nach Ansicht von Experten könnte das Verfahren wegen fehlender Beweise allerdings ebenfalls eingestellt werden.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa