Nach dem tödlichen Pflegeskandal Das Saarland räumt auf
22.06.2012, 19:40 UhrZwei Pfleger operieren Bewohner eines Heimes in Elversberg ohne Narkose. Sie verabreichen ihnen tödliche Morphiumdosen, drohen ihnen mit dem Erstickungstod. Der Skandal schreckt ganz Deutschland auf. Das Saarland will derartige Misstände jetzt durch einen "Pflegebeauftragten" verhindern.

Die vieler Senioren vor dem Heim ist ohnehin groß. Skandale wie die im Saarland verschärfen sie.
(Foto: dapd)
Der Pflegeskandal im Saarland sorgt in ganz Deutschland für Entsetzen. Nun will das Bundesland ein Zeichen setzen. Um Misshandlungen künftig zu verhindern, erwägt das Land einen «Pflegebeauftragten» für Patienten und Angehörige. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) will Ansprechpartner für Beschäftigte einsetzen.
In dem Seniorenzentrum der AWO in Elversberg bei Saarbrücken sollen zwei Pfleger zwischen Dezember und Mai Patienten brutal misshandelt haben. Nach Angaben AWO verabreichte einer der beiden einem Patienten eine tödliche Überdosis Morphium. Eine Patientin operierte er ohne entsprechende Fachkenntnisse und ohne Narkose an einer offenen Wunde. Die Frau starb einen Tag danach. Laut einem Sprecher der AWO räumten die Männer die Vorwürfe teilweise ein.
Taten fielen nicht auf
Die mutmaßlichen Taten auf der Pflegestation fielen trotz Kontrollen nicht auf und kamen erst durch Zufall ans Licht: Als im Heim Medikamente fehlten, gerieten die Pfleger offiziell unter Verdacht, wie ein AWO-Sprecher sagte. Zuvor habe es zwar Kritik an der Qualität der Pflege in dem Seniorenzentrum in Elversberg gegeben, sagte Oliver Wermann vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Bei einer Überprüfung im Dezember seien aber keine Hinweise auf Misshandlungen gefunden worden. Insgesamt misshandelten die 25 und 35 Jahre alten Pfleger vermutlich ein Dutzend Patienten. Einem Bewohner zogen sie die Atemkanüle heraus, einem anderen verwundeten sie durch Schnitte im Gesicht.
Neue Ansprechpartner für Heimbewohner und Beschäftigte sollen nun verhindern, dass es noch einmal zu solchen Vorfällen kommt. Sozialminister Andreas Storm von der CDU sagte, die mutmaßlichen Täter hätten einen «kaum vorstellbaren menschenverachtenden Zynismus» an den Tag gelegt. Manches deute auf grundsätzliche Probleme im Pflegebereich hin, auch wenn er davon ausgehe, dass es sich bei den skandalösen Vorgängen um die absolute Ausnahme in der saarländischen Pflegelandschaft handele. Aktuell gehe es darum, zu ermitteln, «wo und welche Missstände bestehen» und die Qualitätsmanagement-Praxis zu überprüfen. Auch müsse man sich verstärkt um Motivation und Fortbildung des Personals kümmern. Im Herbst würden dann auf einer Pflegekonferenz mit allen Beteiligten gemeinsame Strategien zur Stärkung der Pflege diskutiert.
"Der schwerste Pflegeskandal"
Die AWO prüft derzeit, ob die damals Verantwortlichen im Heim schon länger von den Vorgängen wussten und dennoch nicht reagierten. «Das Geschehene widerspricht allen unseren Grundsätzen und den in unserem Verband und unseren Einrichtungen gelebten Grundsätzen», sagte AWO-Landeschef Paul Quirin. Im Saarland ist vom «schwersten Pflegeskandal» in der Geschichte des Landes die Rede.
Quelle: ntv.de, dpa