Panorama

Trauer in Winnenden Erste Beisetzung

Unter großer öffentlicher Anteilnahme ist in Winnenden das erste Opfer des Amokläufers Tim K. beigesetzt worden. Viele hundert Menschen gaben der Zehntklässlerin das letzte Geleit. "Wir können die Tat nicht begreifen, die ihr den Tod brachte", sagte der Priester in der katholischen Trauerfeier. "Im Augenblick wühlen in uns ziemlich viele Fragen."

Unter den Trauergästen waren auch zahlreiche Mitschüler der Klasse 10d, die den Amoklauf und den Tod des Mädchens mitangesehen hatten. "Ihr seid jung und dürft weiterleben. Ich wünsche Euch, dass irgendwann die Freude in Euer Leben zurückkehrt", sagte der Geistliche.

Viele Schüler der Albertville-Realschule hielten sich während der Trauerfeier in langen Reihen an den Händen. Viele hatten Rosen mitgebracht, die sie auf das Grab legten. Die Trauernden beteten zugleich für die 14 weiteren Opfer und den 17-jährigen Täter, der sich nach dem Amoklauf selbst das Leben nahm.

In einschlägigen Foren unterwegs

Der Amokläufer von Winnenden soll am Abend vor der Tat stundenlang an seinem Computer ein Killerspiel gespielt haben. Das habe die polizeiliche Auswertung des Computers ergeben, berichtet "Der Spiegel". Demnach habe Tim K. um 19.30 Uhr das Killerspiel "Far Cry 2" gestartet und den PC gegen 21.40 Uhr ausgeschaltet. Der Junge habe auch die Schießspiele "Counterstrike" und "Tactical Ops" installiert.

Im Internet hatte sich der Jugendliche offenbar schon vor Monaten mit Massakern an Schulen auseinandergesetzt. Nach Erkenntnissen der Ermittler sei Tim K. unter mehreren Pseudonymen wie "JawsPredator1" im Internet aktiv gewesen und hatte unter anderem bei der Plattform "MyVideo" ein entsprechendes Profil.

In einem der Diskussionsforen zu den Schulmassakern von Erfurt und Emsdetten meldete sich am 23. August vergangenen Jahres "JawsPredator1" zum Thema Amokläufer zu Wort: "Das witzige ist ja selbst wenn diejenigen es ankündigen glaubt es ihnen niemand." Als Autor vermute die Polizei den späteren Täter.

Bayern prüft Killerspiel-Verbot

Bayern will einen neuen Anlauf für ein Verbot von Killerspielen prüfen. "Ich will am Dienstag in meinem Kabinett über das Killerspielverbot, über die Aufbewahrung von Waffen und vor allem über mehr Prävention beraten", kündigte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in der "Bild am Sonntag" an. Es müsse gefragt werden, ob alles getan ist, was zum Schutz der Kinder und zur Verhinderung solcher Taten möglich sei.

Bayern hatte bereits vor zwei Jahren einen Antrag für ein Verbot von Killerspielen in den Bundesrat eingebracht, mit diesem Vorstoß aber für Zwist in den eigenen Reihen gesorgt. Mehrere junge Politiker hatten den Vorschlag abgelehnt und mehr Aufklärung statt eines Verbots von Gewalt-Computerspielen gefordert. Ein generelles Verbot von Killerspielen gibt es bis heute in Deutschland nicht. Neben Bayern setzten sich auch mehrere andere unionsgeführte Bundesländer für ein generelles Verbot ein, sind damit aber bislang gescheitert.

Nach dem neuen Jugendschutzgesetz, das nach dem Amoklauf in Erfurt beschlossen wurde, können aber alle neuen Medien, auch Internetseiten, als jugendgefährdend auf den Index gesetzt werden. Im vergangenen Jahr verschärfte die Große Koalition das Gesetz, um Jugendlichen den Zugang zu gewaltverherrlichenden Filmen und Computerspielen weiter zu erschweren.

Großeltern melden sich

In der "Bild"-Zeitung meldete sich die Familie des Amokschützen zu Wort. "Wir können es immer noch nicht fassen", sagten die Großeltern in einem Interview. "Er war doch ein ganz normaler, ruhiger Junge für uns." Ein Großonkel des 17-Jährigen sagte auf die Frage, was er den Hinterbliebenen sagen möchte: "Man möchte sich vor allem entschuldigen." Er wünsche den Angehörigen, "dass sie darüber hinwegkommen werden, irgendwie, im Laufe der Zeit."

Streit um Psycho-Behandlung

Der Amokläufer von Winnenden ist nach Angaben der Ermittler im vergangenen Jahr in einer psychiatrischen Spezialklinik "mehrmals vorstellig" geworden. Die Polizeidirektion und Staatsanwaltschaft Stuttgart teilten mit, Tim K. sei zwischen April und September 2008 im Klinikum Weissenhof in Weinsberg gewesen. Details wurden nicht genannt. Zuvor hatten die Eltern K.s behauptet, ihr Sohn sei nie in psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Über ihren Anwalt Achim Bächle erklärten sie im "Focus", Tim K. sei deswegen auch in keiner Klinik behandelt worden.

Die Behörden hatten nach dem Amoklauf mit 16 Toten vom Mittwoch mitgeteilt, der 17-Jährige sei wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung gewesen, die er jedoch abgebrochen habe. Der Leiter des Krankenhauses, Matthias Michel, hatte am Donnerstag dem SWR gesagt: "...der spätere Täter wurde bei uns behandelt, im Jahr 2008 auf ambulanter Basis, das heißt, er hat insgesamt fünf Termine hier bei uns gehabt und zwar dem Alter entsprechend in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und in der dortigen Ambulanz."

Quelle: ntv.de

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