Tödliches SeilbahnunglückFöhnsturm vermutlich Ursache
Bei dem Unglück im Gebiet Kleine Scheidegg im Berner Oberland war am Donnerstag ein Seil an einem Pfeiler aus den Rollen gesprungen. Ein deutscher Tourist kam ums Leben.
Ein Föhnsturm hat nach Vermutungen der Ermittlungsbehörden das tödliche Seilbahnunglück in der Schweiz ausgelöst. Bei einem Sessellift im Berner Oberland war am Donnerstag ein Seil an einem Stützpfeiler aus den Rollen gesprungen. Ein deutscher Tourist kam ums Leben, eine deutsche Touristin sowie zwei Australier wurden verletzt.
"Wir gehen davon aus, dass der Wind ursächlich eine Rolle gespielt hat", sagte Joseph Zeder, der Leiter der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe des Bundes (UUS), der schweizerischen Nachrichtenagentur SDA. Es gebe bisher keine Hinweise auf eine technische Ursache.
Nach den bisherigen Ermittlungen stoppte die Bahn an der Kleinen Scheidegg im Berner Oberland automatisch, nachdem das Seil abgesprungen war. Zunächst fiel es wie vorgesehen in den Seilfänger, entgleiste dann aber vollständig und fiel in die Tiefe. Der Sessel, in dem der beim Unfall getötete Deutsche und die schwer verletzte Frau aus Deutschland saßen, prallte auf den Boden. Warum das Seil aus dem Seilfänger fiel, soll nach den Worten Zeders nun unter anderem eine Untersuchung der Rollenbatterie ergeben.
Außerdem wollen die Ermittler die Fahrgäste befragen. Die schwerverletzte deutsche Touristin konnte jedoch zunächst nicht vernommen werden. Noch unklar sind auch die genauen Windverhältnisse am Unfallort. Meteorologen sollen dazu ein Gutachten erstellen.
Nach den Worten der zuständigen Untersuchungsrichterin Barbara Baumgartner-Wüthrich wird es voraussichtlich Wochen oder Monate dauern, bis ein ausführlicher Untersuchungsbericht vorliegt. Bei der Frage nach möglichen Straftatbeständen stehen laut Baumgartner-Wüthrich fahrlässige Tötung und Körperverletzung im Vordergrund. Noch sei aber offen, ob und gegen wen ein Verfahren eröffnet wird.
Im Skigebiet Kleine Scheidegg standen die Bahnen und Lifte am Freitag still. Grund sei der starke Föhnsturm, sagte die Sprecherin der Jungfraubahnen, Kathrin Nägeli. Ein Zusammenhang mit dem Unfall vom Donnerstag bestehe nicht.
Auch in Deutschland ruhte am Freitag wegen der Wetterlage bei einigen Seilbahnen der Betrieb. "Seit 2002 sind die Sicherheitsstandards für Seilbahnen europaweit geregelt", sagte der Vorsitzende des Verbandes deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS), Peter Huber, der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Allerdings: Wo Menschen arbeiten, können Fehler passieren." Seilbahnen zählten jedoch zu den sichersten Verkehrsmitteln. Nach den Worten der Sprecherin des TÜV Süd, Heidi Hagenreiner, zählen die Seilbahnen in Europa jährlich mehr als eine Milliarde Passagiere. Unfälle seien selten. Und so gut wie nie komme es vor, dass ein Seil reißt.
Wie der VDS-Vorsitzende betonte, ist Sturm "ein Thema, mit dem sich jeder Bahnbetreiber intensiv beschäftigt". TÜV-Sprecherin Hagenreiner verwies auf Betriebsvereinbarungen mit entsprechenden Daten und Vorschriften für jede Seilbahn. Darin sei auch geregelt, wann der Betrieb unterbrochen werden muss. Außerdem sei jede Bahn doppelt gesichert. Dazu gehöre auch der Seilfänger, der bei einer Entgleisung 25 Zentimeter tiefer Schutz bieten solle. In Deutschland gebe es zudem einmal jährlich eine Überprüfung, die zwischen einem Tag und drei Tagen dauere. Allein der TÜV Bayern untersuche jedes Jahr 120 Seilbahnen und 800 Schlepplifte.