Panorama

Galerie der Gegenwart vor SchließungHeftige Kontroverse in Hamburg

20.05.2010, 14:33 Uhr

Ist Hamburg auf dem Weg in die Provinzialität? Die Schließung der Galerie der Gegenwart der Kunsthalle sorgt bundesweit für Wirbel. Defekte Brandschutzkappen oder Sparzwänge?

2r3p4521-jpg86008737825843498
Die zur Hamburger Kunsthalle gehörende Galerie der Gegenwart in Hamburg. (Foto: dpa)

Zuerst sollten Kunstwerke verkauft werden, jetzt droht sogar die Schließung: Nicht nur die Elbphilharmonie schlägt derzeit hohe Wellen in der Hansestadt, auch die Schließung der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Zwischen Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) und Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner ist ein offener Streit darüber entbrannt, weshalb die Galerie der Gegenwart bis zum Herbst schließen muss: Sind es tatsächlich die Brandschutzklappen, die defekt sind und repariert werden müssen? Oder ist die Schließung die einzige Möglichkeit, die Sparvorgaben zu erfüllen?

"Es ist richtig, dass die Brandschutzkappen ausgewechselt werden müssen. Aber das ist nicht der Grund für die Schließung", sagte Gaßner an seinem Urlaubsort dem "Hamburger Abendblatt". Vielmehr sehe er keine Alternative, um die von der Kulturbehörde geforderten 220.000 Euro bis zum Jahresende einzusparen. "Wir bemühen uns seit Jahren um einen ausgeglichenen Haushalt, haben aber zum Beispiel die Finanzkrise nicht vorausgesehen", meinte der Direktor. Die geplante Ausstellung mit Werken des britischen Künstlers David Tremlett müsse daher verschoben werden. Eine Zeit lang könne man Ausstellungen mit Werken aus den eigenen Beständen machen - aber auf Dauer drohe der Weg in die Provinzialität.

"Hilfeschrei, der ein Grundsatzbekenntnis verlangt"

Karin-von-Welck
Zwischen Kultursenatorin Karin von Welck und ... (Foto: picture-alliance/ dpa)

Kultursenatorin Karin von Welck beharrt dagegen darauf, der Grund für die Schließung seien allein die defekten Brandschutzkappen. Deshalb habe die Verwaltung keine andere Wahl gehabt, als das Gebäude zu schließen. Auf "NDR 90,3" kritisierte sie Gaßner heftig und zitierte ihn für nächste Woche zu einem Gespräch in die Behörde. "Ich glaube, er ist sich nicht ganz klar, dass es in der Tat so ist, dass die Kunsthalle doch sehr froh sein muss, doch ein wichtiger Faktor in dem Gesamtbudget der Hamburger Kulturinstitutionen zu sein. 10,7 Millionen ist ja nicht gerade mal wenig", meinte von Welck. Tatsache ist jedoch, dass die Kunsthalle seit Jahren ein strukturelles Defizit mit sich herumträgt - "was wir auch belegen können", sagte Gaßner.

Hubertus-Gassner
... dem Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner ist ein offener Streit darüber entbrannt, weshalb die HamburgerGalerie der Gegenwart bis zum Herbst schließen muss. (Foto: picture alliance / dpa)

Die Kunsthalle müsse im nationalen Vergleich mit anderen Kunstmuseen mit einem unzureichenden Etat wirtschaften, der es ihr nicht ermögliche, sich der internationalen Konkurrenz zu stellen, sagte die SPD-Politikerin Dorothee Stapelfeldt. "Es ist eine kulturpolitische Bankrotterklärung, dass Hamburg in den bevorstehenden Sommermonaten, in denen die Stadt die meisten Touristen zu verzeichnen hat, eines der bedeutendsten Museen für moderne Kunst im Norden schließt und sich damit im In- und Ausland der Lächerlichkeit preisgibt." Auch der Vorstandsvorsitzende der "Freunde der Kunsthalle", Ekkehard Nümann, sorgt sich um das Renommee des Hauses: "Es wird nicht lange dauern und Hamburg wird in kultureller Hinsicht zur Provinz verkommen."

Unterstützung bekommt der Kunsthallen-Direktor auch von seinen Kollegen. Die Direktorin des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, Sabine Schulze, forderte auf Deutschlandradio Kultur "eine ausreichende Grundfinanzierung der Kultureinrichtungen" - in eine solche Grundausstattung müssten auch Ausstellungen und Aktivitäten mit einbezogen werden. Für den Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, Martin Roth, ist die Schließung der Galerie der Gegenwart "ein Hilfeschrei, der ein Grundsatzbekenntnis verlangt".

Quelle: Carola Große-Wilde, dpa