Im Streit mit der katholischen Kirche Ministerin bleibt bei Vorwurf
24.02.2010, 11:20 UhrBundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bleibt bei ihren Vorwürfen, die katholischen Kirche würde sich nicht ausreichend um die juristische Aufarbeitung der Missbrauchsfälle bemühen. Die Ministerin regt die Einrichtung eines "runden Tisches" an. Derweil wird ein Missbrauchsfall auf dem Jahr 2005 bekannt, der damit nicht verjährt ist.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will ihre Vorwürfe gegen die katholische Kirche wegen des Umgangs mit Opfern sexuellen Missbrauchs nicht zurücknehmen. Die internen Richtlinien der katholischen Kirche allein reichten nicht aus, um den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen oder sie wirksam zu schützen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger im Deutschlandradio Kultur. Sie regte die Einrichtung eines "runden Tisches" zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an, wie das in anderen europäischen Ländern üblich sei.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hatte der Ministerin am Vortag eine 24-stündige Frist für eine Entschuldigung gesetzt. Er sprach von maßloser Polemik gegen die Kirche und beschwerte sich in einem Telefonat auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). In der Koalition ist die Kontroverse zwischen der Justizministerin und der katholischen Kirche bislang kein Thema, hieß es am Rande einer Kabinettssitzung.
Opfer nicht aus dem Blickfeld verlieren
Leutheusser-Schnarrenberger sagt: "Ich denke, bei all dieser Auseinandersetzung darf doch eines nicht aus dem Blickfeld geraten: Nämlich, dass es um Opfer sexuellen Missbrauchs geht, der vor vielen Jahren vor Jahrzehnten stattgefunden hat." Es müsse etwas getan werden, um dies künftig in dieser Form zu verhindern.
Nach Zollitschs Empfinden hat es in der Politik noch nie eine "ähnlich schwerwiegende Attacke auf die katholische Kirche gegeben". Er nannte die Äußerungen "undifferenziert und emotional".
Aktueller Missbrauchsfall aufgetaucht
Im Missbrauchsskandal an Jesuiten-Schulen in Deutschland hat die Bonner Staatsanwaltschaft erstmals Ermittlungen aufgenommen. Sie betreffen den Verdacht des sexuellen Missbrauchs am Bonner Aloisiuskolleg. Dabei geht es um einen jüngeren Fall aus dem Jahr 2005, wie der Sprecher des Aloisiuskollegs, Robert Wittbrodt, in Bonn bestätigte. Der heutige Oberstufenschüler habe sich als Opfer an eine Vertrauensperson der Schule gewandt. Darüber sei die Staatsanwaltschaft informiert worden. Die Schule arbeite bei der Aufklärung des Falles eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen.
Verantwortlich für die Übergriffe soll ein inzwischen in einem Pflegeheim lebender Pater (82) sein. Er war jahrelang auch Schul- und Internatsleiter an dem renommierten Kolleg in Bonn-Bad Godesberg. Anders als die Fälle aus früheren Zeiten am Aloisiuskolleg ist der von der Staatsanwaltschaft jetzt ins Visier genommene Fall noch nicht verjährt.
Quelle: ntv.de, dpa