Leck-Abdichtung dauert MonateÖl sprudelt und sprudelt

Offenbar ist alles nicht so einfach. Wie der Öl-Multi BP nun eingestehen muss, könnte es noch Monate dauern, bis das Öl-Leck im Golf von Mexiko gestopft werden kann. Washington plant indes ein neues Gesetz, nach dem Unternehmen künftig deutlich mehr für Schäden haften müssen.
Das Öl-Leck vor der US-Küste könnte nach Angaben des Energiekonzerns BP erst in drei Monate abgedichtet sein. Am Sonntag hätten die Bohrungen für einen "Nebenzugang" zu der ursprünglichen Ölquelle begonnen, teilte das britische Unternehmen mit. Dies sei ein "entscheidender Schritt, um den Öl-Ausfluss dauerhaft zu stoppen", sagte BP-Chef Tony Hayward. Die Bohrung geht demnach bis zu vier Kilometer unter den Meeresgrund und dauert "rund drei Monate".
In der Zwischenzeit tue BP alles, "um den Öl-Ausfluss am Meeresgrund zu kontrollieren, das Öl auf hoher See zu bekämpfen und die Küsten in einem massiven Aufwand zusammen mit den Behörden und lokalen Gemeinden zu schützen", sagte Hayward.
Zugleich habe BP einen zweiten Versuch gestartet, das Öl nahe des ursprünglichen Lecks am Meeresboden mit speziellen Chemikalien zu vermischen, damit sich das Öl "natürlich zersetze". Außerdem soll in "etwas mehr als einer Woche" mit der Installation einer Kuppel begonnen werden, die das Öl ableiten soll. Am Meeresgrund sind weiter acht Unterwasser-Roboter im Einsatz.
BP betonte erneut, dass es zu früh sei, die Gesamtkosten des Unglücks abzuschätzen. Die Ölplattform "Deepwater Horizon" war am 20. April explodiert und gesunken. Seitdem bedroht eine Ölpest die amerikanische Südküste.
Konzerne sollen mehr haften
Als Reaktion auf die Ölpest bereitet der Senat in Washington ein neues Gesetz vor, das die Haftung von Konzernen für die wirtschaftlichen Folgeschäden von Ölverschmutzungen im Meer kräftig erhöhen soll. Künftig sollten die verantwortlichen Unternehmen mit bis zu 10 Milliarden Dollar für Folgeschäden etwa im Tourismus- oder Fischereibereich haften, heißt es in dem Gesetzesentwurf. Nach bislang geltendem Recht müssen die Unternehmen zwar für die Beseitigung des Öls und die Reinigung der Küste zahlen; für Entschädigungen an Betriebe gilt aber eine Obergrenze von 75 Millionen Dollar.
"Ölkatastrophen können massive Schäden in der Wirtschaft anrichten", sagte der demokratische Senator Robert Menendez, einer der Initiatoren des Entwurfs. "Wir können nicht zulassen, dass der Steuerzahler diese Bürde schultern muss." Sein Senatskollege Bill Nelson zweifelte in diesem Zusammenhang an der Ankündigung des Ölkonzerns BP, für die Kosten der Katastrophe vor der Golfküste geradezustehen. "BP wird nicht mehr zahlen, als sie gesetzlich verpflichtet sind", sagte der Demokrat. "Wir dürfen hier nicht locker lassen." BP hatte am Montag die Übernahme sämtlicher Kosten für Reinigung und Schadenersatzansprüche angekündigt.
Kaliforniens Gouverneur Schwarzenegger teilte mit, dass er angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko nicht mehr auf den Bau neuer Bohrinseln vor der Küste seines Bundesstaates setze. "Das wird nicht passieren", sagte Schwarzenegger. "Warum sollten wir dieses Risiko eingehen. Das Risiko ist viel höher als Geld wert ist." Die Regierung in Kalifornien hatte angesichts der desaströsen Haushaltslage des Bundesstaates ursprünglich Bohrungen vor der Küste von Santa Barbara befürwortet.
Ökosystem bedroht
Auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" war es am 20. April zu einer Explosion gekommen, bei der elf Arbeiter ums Leben kamen. Zwei Tage später sank die Plattform, seither strömen täglich rund 800.000 Liter Öl in den Golf von Mexiko. Ungünstige Winde treiben den entstandenen riesigen Ölteppich auf die Küste zu, wo ein einzigartiges Ökosystem und die Fischerei bedroht sind.
Wegen der Ölpest büßte BP bislang mehr als 25 Milliarden Dollar an Börsenwert ein. Der BP-Kurs setzt seine Talfahrt der vergangenen Tage noch immer fort, auch wenn Analysten den Kursrutsch für überzogen halten. Die Firma Transocean, von der BP die Bohrinsel "Deepwater Horizon" gemietet hatte, verlor seit der Explosion rund 4,27 Milliarden Dollar an Börsenwert.
BP droht eine gigantische Prozesswelle. Aber auch das wird BP nicht ruinieren. Der drittgrößte Mineralölkonzern der Welt nach Exxon und Shell verdiente im 1. Quartal 2010 6,2 Mrd. US-Dollar, 2009 lag der Rein-Gewinn bei 16,6 Mrd. US-Dollar.