Panorama

Mitschuldig am WerteverfallPatriarch wettert gegen EKD

02.02.2010, 20:37 Uhr
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Kirill I. kritisiert die Wahl Käßmanns zur EKD-Chefin. (Foto: AP)

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. redet Klartext und greift die Evangelische Kirche in Deutschland an. Sie sei mitschuldig am gesellschaftlichen Werteverfall. Im Kampf für die "traditionelle Moral" fühle er sich der katholischen Kirche viel näher, so der Patriarch.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. hat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine Mitschuld am Werteverfall in der Gesellschaft vorgeworfen. "Viele Protestanten versuchen nicht einmal, die christlichen Werte in der weltlichen Gesellschaft zu predigen, sondern passen ihre Standards an", sagte Kirill nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Das Oberhaupt der größten orthodoxen Kirche kritisierte erneut die Wahl der geschiedenen Bischöfin Margot Käßmann zur ersten weiblichen EKD-Vorsitzenden. Zugleich lobte Kirill Papst Benedikt XVI. als Kämpfer für die christlichen Werte.

Die russisch-orthodoxe Kirche hatte nach der Wahl Käßmanns im vergangenen Jahr gedroht, die Kontakte zur EKD abzubrechen. Kirill beklagte, dass die von den Protestanten "angestrebte Liberalisierung" die Kluft zwischen den Glaubensrichtungen immer weiter vertiefe. Im Streben um die Aufrechterhaltung der "traditionellen Moral" fühle sich die russisch-orthodoxe Kirche den Katholiken näher als anderen.

Kirill machte auch deutlich, dass der Dialog mit der EKD unabhängig von den Differenzen fortgesetzt werden müsse. Es gebe auch viele andere Themen jenseits der Einheit im Glauben, die eine Zusammenarbeit etwa bei der Wahrung des Friedens und der Gerechtigkeit ermöglichten. Wegen des Streits um Käßmann will der Leiter des kirchlichen Außenamtes in Moskau, Erzbischof Ilarion, im Frühjahr für Gespräche nach Deutschland reisen.

Quelle: dpa