Panorama

Vor 600 JahrenPiratenabwehr von Hamburg

23.11.2008, 12:42 Uhr

Einst machten Klaus Störtebeker und seine Piraten die Nord- und Ostsee unsicher. Um 1400 fügten sie so der Hanse schwere Schäden zu. Ein Holländer stellte die Seeräuber schließlich.

Jahrelang machte die berüchtigte Piratenbande um den legendären Klaus Störtebeker Ost- und Nordsee praktisch unbehelligt unsicher und fügte den "Pfeffersäcken" des Kaufmannsbundes der Hanse schwersten Schaden zu. Es war aber nicht die Hanse, die zuerst reagierte, sondern der in Ostpreußen residierende Deutsche Ritterorden.

Hochmeister Konrad von Jungingen fühlte sich für den Handel in der östlichen Ostsee mit den dortigen Hansestädten Danzig, Riga und Reval verantwortlich und rüstete 1398 eine Kriegsflotte von 84 Schiffen mit rund 4000 Mann Besatzung aus. Sie segelte in Richtung Visby auf der schwedischen Insel Gotland, wo sich die Seeräuber verschanzt hatten. Sie hatten die durch dicke Mauern geschützte Hansestadt 1392 erobert und benutzten sie - wie heute die somalischen Piraten ihren Schlupfwinkel Haradhere - als ihre Operationsbasis.

Störtebeker auf der Flucht

Das Ordensheer konnte Visby "ausräuchern", einen Teil der Freibeuter gefangen nehmen und den Rest vertreiben. Störtebeker und sein Kumpan Michael Gödeke konnten jedoch entkommen. Sie verlegten ihr Tätigkeitsfeld von nun an in die Nordsee. Neuer Stützpunkt für die Raubzüge wurde Marienhafe in Ostfriesland. Die Friesen unterstützten die Piraten gegen die ihnen verhasste Hanse, profitierten sie doch auch beim Verscherbeln der reichen Beute.

Die wendigen Piratenschiffe kreuzten von nun an vor der Elbmündung und fingen die schwerfälligen Koggen der Hanse ab. Störtebekers Leute nannten sich jetzt die "Likedeeler", die Gleichteiler, weil sie die Beute gleichmäßig unter der Besatzung verteilten. Dass Störtebeker eine Art "Robin Hood der Meere" war und Beute an die Armen verschenkte, ist eine Legende und hat nichts mit dem brutalen Vorgehen der Räuber zu tun.

Rettung aus Holland

Die Verluste besonders für Hamburg wurden schließlich so hoch, dass die Kaufleute nicht mehr untätig zusehen konnten. Der Anstoß zur Piratenabwehr kam aber nicht von einem Hamburger, sondern von dem aus Holland zugereisten Simon von Utrecht. Der durch den Käsehandel reich gewordene Kaufmann residierte schon seit ein paar Jahren an der Elbe. Er ließ zwei Kriegsschiffe aus Flandern kommen, eines die berühmte "Bunte Kuh". Am 22. April 1401 stellte die Hanse-Armada die Seeräuber vor Helgoland. Nach einem erbitterten Seegefecht mussten sich die Piraten ergeben. Es scheint wie so vieles an der Piratengeschichte eine Legende zu sein, dass die Hanse einen Saboteur an Bord des Störtebekerschiffes "Roter Teufel" geschmuggelt hatte, der das Steuer blockierte. Eher glaubhaft ist die Version, dass die "Bunte Kuh" mit einem Kanonenschuss den Hauptmast zertrümmerte.

Störtebeker und 70 seiner Gesellen wurden nach Hamburg transportiert und auf dem Grasbrook geköpft. Die Köpfe wurden zu Abschreckung längs der Elbe aufgespießt. Ganz war das Piratenunwesen aber noch nicht ausgerottet, und Simon von Utrecht setzte den Kampf fort. 1432 schickten die Hamburger erneut eine Flotte gegen die Seeräuber, diesmal von Simon selbst befehligt.

Für seine Verdienste wurde er als einziger "Bürgermeister ehrenhalber" der Stadt. Auf St. Pauli ist noch heute eine Straße nach ihm benannt, und an einer Brücke am Hafen steht etwas versteckt sein Denkmal. Der Bösewicht Störtebeker beflügelt aber trotz seiner Missetaten bis heute eher die Fantasie als sein Gegenspieler. Er hat ein Denkmal in der Hafencity erhalten. Es gibt Störtebeker-Festivals, und der Fußballverein St. Pauli schmückt sich frech mit der Piratenflagge.

Quelle: ntv.de, Jobst Knigge, dpa