Zwei Monate nach ihrem TodSchmidts letztes Buch erschienen
Knapp zwei Monate nach dem Tod von Loki Schmidt erscheint das letzte Buch der Hamburger Ehrenbürgerin. In 20 Gesprächen erzählt sie von "großen und kleinen Dingen" und gibt Einblick in ihr außergewöhnliches Leben an der Seite des Altkanzlers.
Alle zwei Wochen traf er sich mit Loki Schmidt bei einem Kaffee und vielen Zigaretten. Was bedeutete ihr Kunst? Wann fing sie an, Hosen zu tragen? Und was wird mit ihrem Namen in Erinnerung bleiben? Das sind nur einige der Fragen, die Reiner Lehberger der Frau von Altkanzler Helmut Schmidt bei den regelmäßigen Gesprächen in ihrem Haus in Hamburg-Langenhorn stellte. Das letzte Kapitel "Helmut" sei nur wenige Wochen vor ihrem Tod beendet worden, erklärt Lehberger. Der Leiter des Lernwerks der Zeit-Stiftung kannte die ehemalige Lehrerin Schmidt seit 15 Jahren.
Jetzt ist das gemeinsame Buch "Auf einen Kaffee mit Loki Schmidt" erschienen. Neben ihren Herzensthemen Naturschutz oder Bildung geht es in den 20 Gesprächen auch um Mode, Medien, den Wandel des Frauenbildes oder die Gebrechen des Alters. Außerdem gibt es persönliche Einblicke in das bewegte Leben der Kanzlergattin, Mutter, Botanikerin, Pädagogin und Hamburger Ehrenbürgerin, die am 21. Oktober im Alter von 91 Jahren starb.
"Meinen ersten Kuss habe ich von Helmut erhalten"
Als Tochter eines Werftarbeiters kam Hannelore Glaser 1919 in Hamburg zur Welt und nannte sich selbst bald Loki. Malerei habe in ihrem Elternhaus eine bedeutende Rolle gespielt, sagt Schmidt etwa im Kapitel "Kunst und Malerei". Freitags, wenn es Geld gab, habe der Vater der Mutter Schokolade und den Kindern eine Kunstpostkarte mitgebracht. "Bilder haben mich ganz selbstverständlich durch mein ganzes Leben begleitet." Später bemalte sie selbst Teller der Porzellanmanufaktur Rosenthal mit Pflanzen: "Die sind weggegangen wie ich weiß nicht was".
1942 dann die Hochzeit mit Helmut Schmidt, mit dem sie schon seit ihrer Schulzeit befreundet ist. "Meinen ersten Kuss habe ich von ihm erhalten, da war er wohl fünfzehn", berichtet sie in dem Buch. Und ja, "selbstverständlich" würde sie ihn noch einmal heiraten. Sicher habe es auch Krisen gegeben. "In einem so langen Leben gibt es natürlich Phasen, wo man das Gefühl hat, es klappt hier nicht und es klappt da nicht und an sich selbst zweifelt. Ich glaube, das gehört einfach zum menschlichen Leben dazu."
Zwei Jahre nach Kriegsende kommt Tochter Susanne auf die Welt. "Es gab noch viele Probleme im täglichen Leben. Eine Geburt war da noch nicht so ein Ereignis wie in späteren Jahren. Man bekam eben ein Kind", sagt sie pragmatisch. Wenige Wochen nach der Entbindung hat die Lehrerin wieder gearbeitet, Susanne wurde mitgenommen. Gott sei Dank sei der Sommer 1947 trocken gewesen, da habe sie vor der Schule unter dem Fliederbusch im Kinderwagen gelegen und "viel frische Luft gekriegt".
Der Garten: Ein Paradies
Die Repräsentationspflichten einer Kanzlergattin übernahm Schmidt 1974 wohl eher mit gemischten Gefühlen. Auch damals ging sie wohl lieber in den Botanischen Garten, als auf Empfänge. Ein Garten sei "gefühlsmäßig ausgedrückt: ein Paradies", sagt sie. Der Personenschutz sei damals so weit gegangen, "dass mich selbst beim Schwimmen im See ein Sicherheitsbeamter begleitet hat."
Dem Reisen, das Schmidt zeitlebens liebte, ist ein eigenes Kapitel gewidmet: Von Expeditionstouren in den 70er Jahren, auf denen sie erstmals Hosen statt Röcke trug, über die Ferien am Brahmsee bis hin zu offiziellen Reisen, "mit Leuten, die einem beinahe jeden Teelöffel reichen." Unverblümt erzählt die Hamburgerin, die ohne Kirche aufgewachsen und ungetauft ist, von ihrer Audienz bei Papst Johannes Paul II. "Ich erinnere, dass er zu mir gesagt hat: 'Grüß Gott'. Da habe ich wohl ein bisschen das Gesicht verzogen. Daraufhin sagte er: 'Begrüßt man sich so nicht?' – 'Nur im Süden Deutschlands', hab ich entgegnet. 'Ich bin aus Norddeutschland, da sagt man guten Tag.'"
Und womit werde ihr Name verbunden bleiben? Sie denke, mit dem Naturschutz, antwortet die passionierte Botanikerin. "Ich bin wirklich ziemlich mit die Erste, die sich in dieser Sache bemüht hat." Über eine Loki-Schmidt-Schule würde sie sich auch freuen. "Aber eine Schule, die ein wenig so arbeitet, wie ich es versucht habe - eine Schule also, die nicht die Fächer und den Stoff, sondern das Kind und seine Fragen in den Mittelpunkt stellt."
"Schön, dass wir es fertig bekommen haben"
Das Buch wird nun, zwei Monate nach Loki Schmidts Tod, ohne sie veröffentlicht. "Das ist ohne Zweifel traurig", schreibt Lehberger in seinem Vorwort. "Aber realistisch, wie sie war, hätte sie vielleicht gesagt: Ist doch schön, dass wir es fertig bekommen haben."