Live aus dem Märkischen ViertelSido bei "MTV Unplugged"
Es sind immer die Großen, die in der MTV-Unplugged-Reihe auftreten dürfen. Dass sich mit Sido nun auch ein Protagonist des umstrittenen Berliner Rap darunter findet, ist kurios.
Unlängst noch konnten Hauptstadt-Rapper froh sein, wenn ihre oftmals anzüglichen Videos überhaupt bei MTV liefen. Die Zeiten haben sich geändert: Bushido darf sein Leben verfilmen, Sido, der einst mit Songs wie "Mein Block" reüssierte, eine Unplugged-Sendung aufnehmen. Am Donnerstag um 19.30 Uhr feiert die Show auf MTV Premiere. Die dazugehörige CD plus DVD kommt nur einen Tag später in den Handel.
Wie nervös Sido, der sich jahrelang hinter einer silbernen Totenkopfmaske versteckte, vor der Aufzeichnung der Sendung war, verriet er in einem Gespräch: "Ich bin selten aufgeregt, letztes Jahr bin ich sogar bei einem Festival vor 80.000 Leuten aufgetreten. Da geh ich hoch auf die Bühne als wäre das nix. Aber diese Sache war wirklich riesig." Riesig auch der Aufwand, der betrieben wurde, um Sido an den Ort zurückzuholen, an dem er einen Teil seiner Jugend verbrachte: Mit 79 Technikern, 45 Mikrofonen, 20 Kameramännern und einer vielköpfigen Band verschlug es den Rapper an einem Winterabend ins berüchtigte Märkische Viertel im Norden Berlins.
Kurt Krömer, K.I.Z und Stephan Remmler
"MTV Unplugged" habe ihm gezeigt, so Sido, "wie versiert man sein muss, um Instrumente zu spielen." Flankiert von einem für Rap ungewöhnlichen Instrumentarium - darunter Geige, Trompete, Posaune und Klavier - gibt der 29-Jährige sein Bestes. Besonderes Highlight des Abends aber sind die von Sido eingeladenen Gastkünstler, die er auf einer Parkbank vor künstlicher Hochhaussilhouette empfängt: Komiker Kurt Krömer, mit dem Sido den Song "Hey Du!" intoniert, ist genauso dabei wie die Berliner Rapper K.I.Z. und Adel Tawil (32) von Ich+Ich. Auch mit Lebensgefährtin Doreen gibt Sido ein Stück zum Besten.
Stolz ist der Berliner vor allem auf einen Gast: Stephan Remmler, Ex-Frontmann der NDW-Legende Trio. "Für mich war das wirklich eine große Nummer", sagt Sido über seinen Auftritt mit Remmler. "Ich bin schon immer ein Trio-Fan gewesen. Mit drei Jahren stand ich in Windeln und mit Kopfhörern vor dem Radio und habe "Da Da Da" mitgesungen. Und jetzt sitzt meine Mutter im Publikum und sieht mich mit dem Typen auf einer Bühne singen." Mehrmals verbeugt sich Sido denn auch vor Remmler, nachdem er mit diesem "Da Da Da" performt hat. Das Duett wird mit viel Applaus bedacht.
Hochzeit und Kinderwunsch
Im Publikum sitzen auch alte Freunde des Rappers aus dem Märkischen Viertel: "Aber keine Rabauken. Die, bei denen ich glaube, dass die in der Pause das ganze Equipment einstecken, die waren natürlich nicht da." Vom Rüpel-Image ist Sido selbst längst weg: Bei MTV präsentiert er sich im schwarzen Hemd mit grüner Krawatte, trägt statt Totenkopfmaske eine randlose Brille. Vom Habitus ginge er glatt als Versicherungsvertreter durch.
Doch das Leben des Rap-Stars ist durchaus bewegt: 2011 steht die Hochzeit mit Freundin Doreen an, das Paar möchte am Strand heiraten. Dafür will Sido aber nicht in die Kirche eintreten, schon wegen der Kirchensteuer. Der Rapper, der bereits einen Sohn hat, denkt lieber an Nachwuchs: "Ich hätte gerne eine Tochter, aber Doreen fühlt sich noch nicht bereit dazu und das muss ich akzeptieren." Den anstehenden runden Geburtstag indes, Sido wird im Herbst 30, möchte er nicht wahrhaben: "Ich versuche, das zu verdrängen".
Große Pläne
Damit nicht genug, hat Sido vor, sich musikalisch breiter aufzustellen: "Ich habe eine Band gegründet, die nichts mit Rap zu tun hat, wir machen Punk-Musik." Man schreibe gerade die Songs. "Surfer-Punk könnte man das nennen". Zudem habe er ein Konzept für eine TV-Sendung entwickelt, "wo es darum geht, eine HipHop-Band zu finden". Sido möchte so "Leute vor dem Knast retten, von denen ich wirklich glaube, dass sie Talent haben. Ich will mit dieser Sendung anderen helfen." Krawatte, Hochzeit, Surfer-Punk: Es ist viel passiert, seit der Berliner Aggro-Rap vor einigen Jahren auf der Bildfläche erschien.