Panorama

Immer mehr EHEC-Fälle Spanien schließt zwei Betriebe

Wie lange die Auswertung der in Spanien genommenen Proben dauert, ist unklar.

Wie lange die Auswertung der in Spanien genommenen Proben dauert, ist unklar.

(Foto: dpa)

Zwei Betriebe in Almeria und Malaga sollen für die Verbreitung von EHEC-infizierten Gurken verantwortlich sein. Die spanischen Behörden machen die Anlagen dicht und nehmen zahlreiche Proben. Die Auswertung dauert an. Derweil wird in Deutschland der sechste EHEC-Todesfall bestätigt. Das Robert-Koch-Institut hält die Gefahr für noch längst nicht gebannt.

Ladenhüter: Spanische Gurken auf dem Hamburger Großmarkt.

Ladenhüter: Spanische Gurken auf dem Hamburger Großmarkt.

(Foto: dapd)

Spanische Behörden haben nach Auskunft der EU-Kommission vorübergehend zwei Betriebe im spanischen Almeria und Malaga geschlossen. Sie sollen für die Verbreitung der mit den gefährlichen EHEC-Keimen befallenen Gurken in Deutschland verantwortlich sein, teilte die Kommission in Brüssel mit. Boden-, Wasser und Produktproben seien genommen worden. Die Untersuchungen dauern an. Zudem werde eine weitere mögliche Quelle - Gurken aus den Niederlanden oder aus Dänemark - untersucht.

Eine Lieferung spanischer Gurken war aus Deutschland bereits nach Dänemark gegangen, teilte die Kommission mit. Dänemark habe die Gurken bereits vom Markt genommen.

Schon sechs bestätigte Todesfälle

Derweil hat der EHEC-Erreger in Deutschland drei weitere Todesopfer gefordert. In Hamburg ist ein 38 Jahre alter Mann tot in seiner Wohnung gefunden worden. Erste Proben seien positiv auf EHEC getestet worden, teilte die Gesundheitsbehörde mit. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte am Donnerstag von dem Todesfall berichtet. Der 38-Jährige sei zwei Tage zuvor von der Feuerwehr gefunden worden, nachdem sein Arbeitgeber ihn vermisst gemeldet hatte. Der Mann habe ein bis zwei Tage lang tot in seiner Wohnung gelegen.

Der EHEC-Erreger ist mutiert und damit gegen Antibiotika resistent.

Der EHEC-Erreger ist mutiert und damit gegen Antibiotika resistent.

(Foto: REUTERS)

Das zweite Todesopfer ist eine 70 Jahre alte Frau aus Cuxhaven. Sie starb am Freitagmorgen in einem Bremer Krankenhaus an dem gefährlichen Erreger. Zudem lässt sich der Tod einer 41-Jährigen vom vergangenen Mittwoch auf EHEC zurückführen. Die Frau stammte ebenfalls aus Cuxhaven. Damit ist die Zahl der bestätigten Todesfälle durch den gefährlichen Darmkeim EHEC in Deutschland auf sechs gestiegen. Zuvor waren drei Todesfälle in Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen erfasst worden.

Das Robert-Koch-Institut hält die Gefahr durch das lebensfährliche EHEC-Bakterium für noch längst nicht gebannt. "Der Ausbruch geht weiter. Von gestern auf heute sind etwa 60 neue HUS-Fälle, also schwere Verläufe dieser Infektion, dazugekommen", sagte RKI-Direktor Reinhard Burger in der ARD. Binnen einer Woche wurden bereits rund 800 bestätigte und EHEC- Verdachtsfälle registriert. In Deutschland werden normalerweise im gesamten Jahr etwa 900 Infektionen mit den Bakterien gemeldet.

Auch in anderen europäischen Ländern wurden mittlerweile einige Fälle registriert, meist waren aus Deutschland kommende Reisende betroffen. Schweden hat bisher 25 nachgewiesene EHEC-Erkrankungen, Dänemark sieben, Großbritannien drei, Österreich zwei und die Niederlande eine.

Experten verfolgen die Spur

Eine Erklärung: Die Gurken sollen auf den Boden gefallen und dabei verseucht worden sein.

Eine Erklärung: Die Gurken sollen auf den Boden gefallen und dabei verseucht worden sein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Donnerstag waren erstmals EHEC-Erreger an Gemüse gefunden worden - an Salatgurken aus Spanien. Experten verfolgten den Weg der Gurken zurück. Nach Angaben des spanischen Herstellers Pepino Bio Frunet sind die Gurken aber erst auf dem Weg nach Deutschland verunreinigt worden. Ein Manager des Unternehmens, Javier Lopez, sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Gurken wurden mit einem Lkw abgeholt und kamen am 15. Mai in Hamburg an. Am 16. bekamen wir eine E-Mail unseres Kunden, der uns mitteilte, dass die Gurken während des Transports heruntergefallen wären. Er teilte uns mit, dass er sie trotzdem auf dem Hamburger Großmarkt verkaufen wolle." Lopez habe außerdem gesagt, dass er bereits am Mittwochabend ein Fax der Hamburger Behörden bekommen habe, mit dem Hinweis, dass an seinen Gurken der tödliche Erreger festgestellt wurde.

In einer Reaktion sagte Hans Joachim Conrad, Vorstandschef der Verwaltungsgenossenschaft des Hamburger Großmarktes: "Wir treiben hier keine Kuhherden durch die Hallen."

Gurken nochmal verpackt?

Martin Müller, Vorsitzender des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure, hält dies allerdings für unwahrscheinlich. "Es ist eine Möglichkeit, aber eine sehr, sehr, sehr geringe", sagte er. "Da müsste ein ganzer Lkw und noch mehr auf den Boden gefallen sein. Bei der Häufigkeit, die wir jetzt haben, erscheint mir das eher unwahrscheinlich. Ein, zwei Fälle - ok. Aber wie viele Gurken müssen da hingefallen sein, damit dieser Fall eintreten kann?"

Denkbar wäre laut Müller noch folgende Möglichkeit: "Dass irgendwo die Gurken noch mal gewaschen worden sind, bevor die verpackt beziehungsweise auf die Reise gegeben worden sind, und dass da eine Kontamination stattgefunden hat."

Bauern bleiben auf Gemüse sitzen

Bei Hannover vernichtet ein Bauer seine Salaternte noch auf dem Feld.

Bei Hannover vernichtet ein Bauer seine Salaternte noch auf dem Feld.

(Foto: dpa)

Unterdessen müssen die Bauern in Norddeutschland wegen des EHEC-Erregers tonnenweise Salatköpfe, Tomaten und Gurken auf den Müll werfen. Obwohl spanische Importgurken als Träger des gefährlichen Darmkeims identifiziert worden sind, seien die Verbraucher auch bei deutschem Gemüse noch sehr skeptisch. "Allein in Niedersachsen haben fünf Großabnehmer im Einzelhandel ihre Gemüsebestellungen storniert", sagte Axel Boese von der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland.

Viele Bauern seien gezwungen, das geerntete Gemüse wegzuschmeißen. Andere ließen das Gemüse auf den Feldern und pflügten es unter, sagte Boese. Er fordert deshalb ein klares Statement von der Politik: "Es muss gesagt werden, dass deutsches Gemüse keimfrei ist."

Kritik an Import-Gemüse

Der Chef des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, machte sich angesichts des Verdachts für schärfere Regeln für Import-Gemüse stark. "Wir fordern, dass es in der EU einheitliche Standards gibt", sagte er der "Rheinischen Post". "Diese Regeln müssen auch für Drittländer gelten, die zu uns liefern." Im Gegensatz zu den sehr strengen Regeln in Deutschland würden Importe wesentlich lascher geprüft.

Der derzeitige Ausbruch ist nach Einschätzung des Experten sehr ungewöhnlich. Der Keim sei zwar bekannt, habe weltweit aber noch nie einen Ausbruch der Durchfall-Krankheit verursacht. In wenigen Tagen soll ein Schnelltest für die Bakterien zur Verfügung stehen.

Experten zufolge sei auch ungewöhnlich, dass viele Erwachsene erkrankten und drei Viertel von ihnen vor allem jüngere Frauen seien. Zudem sei bei ihnen die Zeit zwischen dem anfänglichen Durchfall und dem bedrohlichen HUS-Syndrom kürzer als bei Männern.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen