Panorama

Schleichwerbung bei "Wetten, dass..?"Zahlte Daimler Millionen?

13.01.2013, 17:44 Uhr
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Thomas Gottschalk, neben einem Auto. (Foto: dapd)

Millionen Euro fließen über eine Firma, damit Autos von Daimler in "Wetten, dass..?" auf bestimmte Weise dargestellt werden, heißt es in einem Medienbericht. Ein Fall von Schleichwerbung, sagt ein Experte. Das ZDF war eigenen Angaben zufolge ahnungslos.

Die private Vermarktungsfirma von "Wetten, dass..?" hat laut einem Medienbericht offenbar jahrelang Schleichwerbung in Deutschlands beliebteste Unterhaltungssendung geschleust. Der Daimler-Konzern soll etwa 1,25 Millionen Euro pro Staffel an die ZDF-Partnerfirma Dolce Media überwiesen haben, damit sie "für eine kontinuierliche Darstellung des einvernehmlich festgelegten Mercedes-Benz-Wagens in dem vereinbarten Umfang" Sorge trägt, berichtet der "Spiegel". Als zusätzliches Dankeschön soll der Autobauer Moderator Thomas Gottschalk einen Wagen in Europa zur Verfügung gestellt haben. Als Beispiel werde in dem Schriftstück das Modell CL 600 genannt, für das der Konzern zu diesem Zeitpunkt einen Listenpreis ab 133.516 Euro verlangte.

Zudem konnte der Autobauer offenbar auch selbst detaillierte Regieanweisungen bei "Wetten, dass..?" bestimmen. Die vereinbarte Zusammenarbeit wäre damit eindeutig Schleichwerbung gewesen, die rechtswidrig und im öffentlich-rechtlichen Bereich verboten ist. Laut "Spiegel" konnte Daimler etwa ein Zeitfenster für seinen Auftritt bestimmen ("zwischen 21.45 Uhr und 22.15 Uhr"). Zudem wurde "die konkrete Anmoderation ... einvernehmlich festgelegt".

Strikte Vorgaben im Anhang

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Christoph Gottschalk, Chef von Dolce Media. (Foto: dapd)

Laut dem "Spiegel"-Bericht erhielt das ZDF auch Vorgaben, wie die A-Klasse von Daimler abgefilmt werden soll: Neben diktierter Mindestdauer der Darstellung müssten Produktmerkmale eindeutig erkennbar sein, "wechselnde Kamera-Einstellungen" sollten "Frontansicht, Silhouette, Heckansicht" abbilden, heißt es in den Verträgen. Der Name des Modells müsse zudem in jeder Sendung genannt werden. Zudem dürften weder "Herr Gottschalk" noch sein Showgast das Auto verdecken. Als Zusatzvereinbarungen sollten auch die S-Klasse oder der Maybach in mehreren Ausgaben gezeigt werden, etwa wenn Showgäste ankommen.

Das ZDF will die Vorwürfe prüfen. Der Sender will laut "Spiegel" nur einen Entwurf des Vertrages gekannt haben. Von den umstrittenen Klauseln im Anhang habe der Sender nichts gewusst. Moderator Thomas Gottschalk wollte sich auf Anfrage des Magazins nicht äußern.

Dem ZDF gehörten zwischenzeitlich bis zu 15 Prozent der Anteile an Dolce Media, seit 1999 arbeitet der Sender mit der Firma zusammen. Der Geschäftsführer des Unternehmens ist Christoph Gottschalk, der Bruder des ehemaligen "Wetten, dass..?"-Moderators Thomas Gottschalk. Obwohl Dolce Media ein Privatunternehmen ist, war es als ZDF-Vermarkter dazu verpflichtet, die Werberichtlinien des öffentlich-rechtlichen Senders einzuhalten.

Daimler - damals noch unter dem Namen DaimlerChrysler - wollte offenbar die Konkurrenz ausbooten: "Dolce Media wird sich nach besten Kräften bemühen, dass in den ZDF-Sendungen keine PKW von Mittbewerbern von DaimlerChrysler gezeigt werden; für Wetten in den ZDF-Sendungen, soweit es sich gewissermaßen um 'Produktpräsentationen' von Fahrzeugen anderer Fahrzeughersteller handelt, stellt Dolce Media dies sicher", zitiert das Magazin aus den Verträgen, die zwischen 2003 und 2006 gültig waren. Für den Fall, dass trotzdem andere Hersteller ihre Produkte platzieren konnten, wurde eine Minderung der Werbesumme um bis zu ein Zwölftel pro Sendung vereinbart.

Solarworld-Chef freut sich über Sendeplatz

Dolce Media wollte sich auf Anfrage des "Spiegel" nicht zu den Vorgängen äußern, es gebe "Verschwiegenheitsklauseln". Bei Daimler hieß es, dass dies "ganz normal" gewesen sei. Der Autokonzern habe sich darauf verlassen, dass der Vermarkter im Vertrag die rechtlichen Vorgaben einhalte. Ein Medienrechtler sagte dem Magazin, es handele sich wohl nicht um Überlassung eines Gewinnpreises, sondern "um Schleichwerbung" unter einer vertraglichen "Scheinkonstruktion".

Auch Solarworld hatte sich für die Staffel im Jahr 2010/2011 in die Sendungen eingekauft. Für rund eine Million Euro und ein paar Gewinne habe das Unternehmen Werbung platzieren können, hieß es. "Man zahlt für Sendesekunden", sagte Solarworld-Chef Frank Asbeck dem "Spiegel". Entscheidend sei, dass das Dach mit Solarzellen einem Millionenpublikum gezeigt werde: Laut Asbeck "ein Super-Sendeplatz".

In Zukunft will das ZDF offenbar nicht mehr wie bisher arbeiten. Auf den Vertrag mit Daimler folgte Audi, dessen Kontrakt mit dem Sender im Sommer ausläuft. "Die Vermarktung aus einer Hand gibt es nach Gottschalk nicht mehr", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut dem "Spiegel". Der Moderator sei für den Sender damals sehr wichtig gewesen. Allerdings müsse nun der Anschein verhindert werden, dass es Mauscheleien gebe.

Quelle: ntv.de, rpe